# taz.de -- Britische Avancen an die EU: Brüsseler Rosinenpickerei | |
> Den Briten geht es durch den Brexit schlechter als zuvor. Trotzdem will | |
> Premier Keir Starmer sein Land nicht zurück in die EU holen. Das ist gut | |
> so. | |
Bild: Keir Starmer als Gast beim EU-Gipfel in Brüssel am 4. Februar | |
Für viele in Deutschland steht fest: Der Brexit war Quatsch, jetzt merken | |
die Briten es endlich und kommen angekrochen. Auch in Großbritannien sehen | |
das manche so. Aber die Regierung ist vernünftiger. | |
[1][Labour-Premierminister Keir Starmer] mag einst gegen den EU-Austritt | |
gewesen sein, aber er ist nicht lebensmüde. Er will den Brexit nicht | |
rückgängig machen und damit eine Endloskrise eröffnen, er will sich auch | |
nicht der EU unterwerfen und sich damit lächerlich machen. | |
Er spricht von einem „reset“, also einem „Neustart“ der Beziehungen: Das | |
Vereinigte Königreich und die Europäische Union sollen sich angesichts der | |
Herausforderungen aus Moskau, Peking und Washington auf gemeinsame | |
Sicherheitsinteressen besinnen. | |
Dafür ist Keir Starmer am Montag nach Brüssel gereist. Es gäbe viel zu | |
klären. Europas bedrohte Sicherheit kann [2][keine reine EU-Angelegenheit] | |
sein. Je schneller man das in Brüssel anerkennt, desto besser. Und Starmer | |
ist ein verlässlicherer Partner als die herrschenden Egomanen in Washington | |
und Ankara. | |
## Ein schrilles Warnsignal | |
Brüssels Entscheider aber hadern immer noch mit dem Brexit. | |
Sicherheitsabkommen mit Großbritannien werden an Konzessionen geknüpft. | |
Frankreich will, dass Großbritannien seine Fischereipolitik der EU | |
unterwirft. Ganz ernsthaft schlagen EU-Diplomaten vor, dass London nur noch | |
mit Erlaubnis der EU in britischen Gewässern Fangquoten festlegen, die | |
schädliche Schleppnetzfischerei verbieten oder Meeresschutzgebiete | |
ausweisen können soll. Fischerei ist einer von vielen Bereichen, wo schmale | |
Lobbyinteressen in der EU bei jeder Gelegenheit Rosinenpickerei und eine | |
Absenkung von Standards betreiben. | |
Wer so etwas als Preis für eine Sicherheitspartnerschaft fordert, hat von | |
der Welt nichts begriffen – und treibt die Briten bloß in die Hände derer, | |
die Starmer jetzt schon Ausverkauf unterstellen. Pünktlich zu Keir Starmers | |
Brüssel-Besuch stieg [3][Nigel Farages rechtspopulistische Partei „Reform | |
UK“] erstmals auf den ersten Platz in einer britischen Meinungsumfrage. Das | |
ist ein schrilles Warnsignal. Auch für die EU. | |
4 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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