# taz.de -- „Wirtschaftswarntag“ der INSM: Unternehmerszene radikalisiert s… | |
> Lobbyverbände haben am Mittwoch zu Straßenprotesten aufgerufen. Die | |
> Aktionsform ist ungewohnt, die Forderungen nicht: Steuersenkung und | |
> Sozialabbau. | |
Bild: Kein Herz für leidende Unternehmer:innen: Linke Gegendemonstranten zeige… | |
Berlin taz | Thorsten Alsleben, Geschäftsführer [1][der Initiative Soziale | |
Marktwirtschaft (INSM)] steht auf der Bühne und wirkt zufrieden: „Man merkt | |
kaum, dass man bei Unternehmern ist, ihr seht aus wie richtige Aktivisten“, | |
ruft er in die Menge. Mittwochmittag ist erfahrungsgemäß nicht der beste | |
Zeitpunkt für eine Demonstration, trotzdem ist der Platz vor dem | |
Brandenburger Tor gut gefüllt. | |
Der arbeitgebernahe Lobbyverband, der sich unermüdlich für Deregulierung, | |
Steuersenkungen und den Abbau des Sozialstaats einsetzt, hat am Mittwoch | |
anlässlich des „Wirtschaftswarntags“ zu Kundgebungen in fünf deutschen | |
Großstädten aufgerufen. | |
Straßenproteste sind ja traditionell das Medium, mit dem sich ungehörte, | |
marginalisierte und unterdrückte Bevölkerungsteile bei den Mächtigen Gehör | |
zu schaffen versuchen. Also perfekt für Deutschlands notleidende | |
Unternehmer:innen, denen scheinbar niemand mehr zuhören will. | |
Statt schwarzer Sturmhauben und Windjacken bestimmen eher teure Filzmäntel | |
und gegelte Haare das Bild. Junge Liberale stellen stolz Schals mit der | |
Aufschrift „[2][Aktienrente“ in der Parteifarbe gelb zur Schau]. Ein | |
anderer Demo-Teilnehmer trägt einen Pullover mit der Aufschrift „Merz | |
2025“. „Kernkraft ist beste“, ist anderswo zu lesen. Was all diese Mensch… | |
aus den Führungsetagen, Lobbys und Clubs auf die Straße treibt, ist die | |
Sorge um Deutschlands wirtschaftlichen Niedergang. | |
## Klima ist egal, hauptsache Profite | |
„Es brennt“, stellt Marie Christine Ostermann auf der Bühne fest. Damit | |
spielt die Präsidentin des ebenso neoliberalen Lobbyverbands [3][„Die | |
Familienunternehmer]“ nicht auf die Klimakrise an, sondern auf die | |
schwindenden Profite der deutschen Wirtschaftselite. Überhaupt, die | |
Unternehmer:innen sind die, die am meisten leiden: „Nichts ist so | |
erdrückend, wie langfristigen Mitarbeitern kündigen zu müssen“, sagt | |
Ostermann. | |
Die Ursachen sind schnell benannt: Steuern, Energie und Sozialabgaben sind | |
zu hoch und gefährden den „Standort Deutschland“. Höhere Löhne seien | |
dagegen keine Lösung, um die Wirtschaft anzukurbeln. Überhaupt nervt diese | |
ganze Bürokratie. Ostermanns Nachredner wettert gegen das, aus seiner | |
Sicht, völlig unnötige Lieferkettengesetz: „Das ist in Richtlinien | |
gegossene Deindustrialisierung Deutschlands!“ | |
Nach jeder Aussage jubelt die Menge begeistert und hält die zuvor | |
massenhaft verteilte Pappsirenen in die Luft. Unter die Teilnehmenden haben | |
sich auch ein paar Linke gemischt. „Normale Menschen müssen um diese Zeit | |
arbeiten“, steht auf einem Schild, „Grüße aus Monaco“ auf dem anderen. | |
Etwas am Rande der Kundgebung protestiert ein Grüppchen | |
Gewerkschaftsmitglieder gegen die Kundgebung. „Es ist dieselbe Scheiße, die | |
sie seit Dekaden probieren“, seufzt DGB-Mitglied Ronny Matthes. | |
Sozialabbau, Steuersenkungen, all das habe „schon vor 10 Jahren nicht | |
funktioniert“. | |
30 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Initiative-Neue-Soziale-Marktwirtschaft/!5445882 | |
[2] /Anlage-von-Steuergeldern-an-der-Boerse/!5993588 | |
[3] /Historiker-ueber-NS-Profiteure/!5793168 | |
## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
## TAGS | |
Neoliberalismus | |
Familienunternehmen | |
Wirtschaftskrise | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
Reichtum | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Soziologe über Deutschlands Wirtschaft: „Die Krise ist teilweise inszeniert�… | |
Firmen ist der Einfluss der Gewerkschaften zu groß, sagt der Soziologe | |
Klaus Dörre. Er fordert ein linkes Bündnis für einen ökologischen | |
Sozialstaat. | |
Elitenforscher über Reichtum: „Milliarden steuerfrei vererbt“ | |
Deutschland braucht eine Vermögenssteuer. Doch dafür fehle der politische | |
Wille, bemängelt der Sozialwissenschaftler Michael Hartmann. | |
Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft: Lobbyismus mit gekauften Hashtags | |
Die Metaller-Lobby macht mobil. Weniger Staat, weniger Steuern und mehr | |
Wettbewerb lauten die Botschaften. Ihre Kampagnen sind irreführend. |