# taz.de -- Demonstration in Kiel: Kurden vermuten „IS“ hinter Messerangriff | |
> Die kurdische Community wertet den Angriff auf den Demonstranten als | |
> Zeichen für Bedrohung durch Islamisten. Die AfD nutzt die Tat für den | |
> Wahlkampf. | |
Bild: Kurdische Community erinnerte in Kiel an die Befreiung der syrischen Stad… | |
Am Rand einer Demonstration in der Kieler Fußgängerzone ist ein Kurde | |
niedergestochen worden. Die Mitglieder der kurdischen Community sind | |
überzeugt davon, dass der mutmaßliche Täter ein Anhänger der Terrorgruppe | |
„Islamischer Staat“ (IS) ist. Die Polizei zögert bislang mit einer | |
Festlegung. Ermittelt wird gegen einen 25-Jährigen, der aus Syrien stammt. | |
Ein Foto auf der Seite der kurdischen Nachrichtenagentur ANF zeigt die | |
Szene: Ein Mann liegt auf dem Boden, drei Polizisten knien neben ihm. Der | |
Vorfall ereignete sich am vergangenen Samstag in der Kieler Innenstadt. | |
Dort hatten sich Kurd:innen und Mitglieder des Kurdistan | |
Solidaritäts-Komitee Kiel versammelt. Sie wollten an diesem Tag an die | |
[1][Befreiung der syrischen Stadt Kobanê] vor zehn Jahren erinnern. | |
Was dann geschah, schildert Marlies (Name geändert), ein Mitglied des | |
Bündnisses „Defend Kurdistan“. Sie war selbst nicht dabei, habe aber spät… | |
mit zahlreichen Anwesenden gesprochen, berichtet sie der taz.Während der | |
Demo-Vorbereitungen seien zwei junge Männer vorbeigekommen. Sie hätten | |
„Allahu akbar“, also „Allah ist groß“, gerufen und „gepöbelt“. Wa… | |
sie sagten, ist unklar, aber „es klang nach IS-Parolen“, sagt Marlies. | |
Zwei Demo-Teilnehmer seien auf die pöbelnden Männer zugegangen, alle vier | |
entfernten sich von der Kundgebung. Dann soll einer der Männer auf beide | |
Demo-Teilnehmer eingestochen haben – der erste konnte ausweichen, der | |
zweite, der 28-jährige Muhammed Ilhan A., wurde in den Bauch getroffen. Der | |
Verletzte habe zurück zur Kundgebung gehen wollen, sei aber auf dem Weg | |
dorthin zusammengebrochen, so wurde es Marlies von Zeug*innen erzählt. | |
Der Kurde mit türkischem Pass liegt zurzeit in einem Kieler Krankenhaus. Er | |
wurde operiert, sein Zustand ist nach Mitteilung der Polizei wie auch dem | |
Bericht von Marlies stabil. | |
Sie schildert, dass einer der Männer nach der Tat „stiften gegangen ist, | |
den anderen konnten die Umstehenden festhalten und an die Polizei | |
übergeben“. Die Beamt:innen hätten „freundlich, hilfsbereit und | |
umsichtig reagiert“, so Marlies. „Sie haben angeboten, die Kundgebung zu | |
verlegen und erst einmal eine Sperre errichtet, um die Anwesenden zu | |
schützen.“ Schließlich sei anfangs nicht klar gewesen, ob es weitere | |
Angriffe geben könnte. | |
Die Kundgebung dauerte dann nur kurz – zu schockiert seien die Beteiligten | |
gewesen. „Es gibt immer mal Beschimpfungen, aber dass so etwas passiert, | |
damit war nicht zu rechnen.“ | |
Nach der Tat beginnt nun die Aufarbeitung. Die Konföderation der | |
Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland, ein Dachverband kurdischer | |
Gemeinden und Zentren, nennt den Angriff ein „alarmierendes Zeichen für die | |
anhaltende Bedrohung durch den ideologischen Extremismus des IS“. | |
[2][Angesichts tür kischer Truppen, die gemeinsam mit dschihadistischen | |
Gruppen die kurdische Selbstverwaltung im Nordosten Syriens angreifen], sei | |
der „Kieler Vorfall Teil einer international vernetzten Bedrohung“, heißt | |
es in einer Stellungnahme. Rechtspopulisten verwenden die Tat dagegen für | |
den Wahlkampf: Es brauche eine „Wende“ in der Migrationspolitik, heißt es | |
in einem Post der Kieler AfD. | |
Die Polizei legt sich dagegen zurzeit nicht fest: „Ob die Nationalitäten | |
für den Ausgangsstreit eine Rolle gespielt haben, wird geprüft und ist Teil | |
der Ermittlungen“, teilt eine Sprecherin auf eine Anfrage der taz mit. | |
Ebenso werde geprüft, ob der Vorfall überhaupt in Zusammenhang mit der | |
pro-kurdischen Versammlung stehe. Nach ersten Ermittlungen gehe die Polizei | |
davon aus, dass „die Syrer rein zufällig vor Ort waren“. | |
Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich laut Mitteilung der Polizei um | |
einen 25-jährigen Mann aus Syrien. Er war zunächst vom Tatort geflohen, | |
doch die Polizei fand – vermutlich durch seinen 29-jährigen Begleiter, der | |
noch am Tatort festgenommen wurde – schnell seine Telefonnummer heraus. | |
Nach einem Anruf stellte sich der 25-Jährige der Polizei. Er wird sich in | |
einem Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten | |
müssen. | |
27 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Kaempfe-in-Nordostsyrien/!6057393 | |
[2] /Konflikt-in-Syrien/!6059934 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
## TAGS | |
Kiel | |
„Islamischer Staat“ (IS) | |
Schwerpunkt Kobanê | |
Social-Auswahl | |
Somalia | |
Rojava | |
Schwerpunkt Syrien | |
Schwerpunkt Syrien | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Getöteter IS-Chef in Somalia: Trump fliegt erste Luftangriffe auf Somalia | |
Nach dem Terroranschlag in New Orleans lässt der US-Präsident angeblich den | |
globalen Führer des IS und 47 weitere Mitglieder umbringen. | |
Kurden in Berlin: Die Angst um Rojava | |
Unter Berliner Kurden ist der Krieg der Türkei gegen die autonome | |
Kurden-Region gerade das große Thema. Und die Angst vor der deutschen | |
Politik. | |
Kämpfe in Nordostsyrien: Syrische Kurden weiterhin unter Druck | |
Angeblich sollen nun amerikanische und französische Soldaten die Grenze zur | |
Türkei sichern. Die droht damit, die kurdischen YPG zu „verbrennen“. | |
Zukunft der Kurden in Syrien: Traum und Trauma | |
Was wird aus den Kurden nach dem Sturz Assads? Die neuen Machthaber in | |
Damaskus sind gegen ihre Autonomiepläne, PKK-Führer Öcalan könnte helfen. | |
Journalist über türkische Angriffe: „Waffen für die Tötung von Journalist… | |
Am Donnerstag tötete eine türkische Drohne zwei Journalisten nahe der | |
nordsyrischen Stadt Kobanê. Ein Kollege spricht über die bedrohte | |
Pressefreiheit. |