# taz.de -- Abschiebegefängnis in Baden-Württemberg: Afghanen protestieren mi… | |
> Mit einem Hungerstreik protestieren sieben Männer in Pforzheim gegen ihre | |
> geplante Rückführung nach Afghanistan. Sie fürchten Strafen und | |
> Verfolgung durch die Taliban. | |
Bild: Polizisten im Abschiebeflug von 45 abgelehnten Asylbewerbern von Leipzig … | |
Berlin taz | Im Abschiebegefängnis in Pforzheim in Baden-Württemberg sitzen | |
seit Anfang August sieben Männer, die nach Kabul abgeschoben werden sollen. | |
Mit einem Hungerstreik protestieren sie seit der vergangenen Woche dagegen. | |
Einer der Inhaftierten ist Zahidullah Kharotay. Außer Medikamenten nehme | |
die Gruppe nichts zu sich, sagte er der taz am Telefon. Ärzte würden den | |
Blutdruck der Streikenden täglich kontrollieren, ansonsten gebe es keinen | |
Kontakt mit Vertretern der Behörden. „Bisher ist keiner zu uns gekommen. | |
Wir haben Schmerzen, können kaum noch laufen, aber wir machen weiter,“ sagt | |
er. | |
Alle sieben lebten zuletzt in Baden-Württemberg. Es handele sich „um | |
schwere Straftäter, die u.a. wegen Gewalt- und Betäubungsmitteldelikten | |
rechtskräftig zu Freiheitstrafen verurteilt wurden“, sagte ein Sprecher des | |
für Abschiebungen zuständigen Landesministeriums für Justiz und Migration | |
in Stuttgart. Was sich eine Person mindestens zuschulden kommen lassen | |
muss, bevor das Bundesland eine Abschiebung in das von den Taliban | |
beherrschte Land in Betracht zieht, wollte der Sprecher nicht sagen. | |
Allerdings gehe es „prioritär (um) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe | |
verurteilte“ Personen. | |
Nach Kharotays Angaben fürchten die Inhaftierten Strafen und Verfolgung | |
durch die Taliban. In seinem Fall etwa habe seine Familie eine Nachricht | |
erhalten, dass er gesucht werde. Zwei seiner Geschwister seien bereits von | |
den Islamisten getötet worden. Kharotay kam im Dezember 2015 nach | |
Deutschland, ein erster Asylantrag sei 2017 wegen Straffälligkeit abgelehnt | |
worden, eine Arbeitserlaubnis habe er nie erhalten. | |
## „Nornalisierung des Taliban-Regimes“ | |
Kharotay sagt, er wurde nach einem Gerichtstermin in Tübingen am 3. Januar | |
festgenommen und nach Pforzheim gebracht. Zuvor habe er in Reutlingen | |
gelebt. Kharotay hat nach eigenen Angaben in den Jahren 2017 und 2021 zwei | |
Haftstrafen wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung verbüßt, sei jedoch | |
wegen guter Führung vorzeitig entlassen worden und habe in Haft eine | |
Therapie gemacht. Am 16. Januar 2024 sei sein Sohn geboren worden, mit dem | |
er weiter Umgang habe. Er wolle bei ihm leben, habe aber kein Geld, um | |
einen Anwalt zu bezahlen, der ihm helfe, dies durchzusetzen. | |
„Angesichts der dramatischen Situation vor Ort sind Abschiebungen nach | |
Afghanistan unverantwortlich“, sagte Sadiq Zartila vom Flüchtlingsrat | |
Baden-Württemberg. Es gebe eine „akute Bedrohung von Leib und Leben“. | |
Selbst, wenn Menschen Straftaten begangen haben, müssten diese im Rahmen | |
des Rechtssystems hier bestraft werden, so Zartila. Mit Abschiebungen in | |
das Land leiste Deutschland einen „wesentlichen Beitrag zur Normalisierung | |
des Taliban-Regimes auf internationaler Bühne“. Mit der neuen Abschiebung | |
solle vor der Bundestagswahl „migrationspolitische Härte“ demonstriert | |
werden. | |
Einen für die sieben Männer in Pforzheim geplanten Abschiebetermin nannte | |
die Landesregierung nicht. Zur operativen Durchführung der Abschiebung sei | |
Baden-Württemberg – wie bei der letzten Abschiebung im Sommer 2024 – „auf | |
die Durchführung der Maßnahme durch den Bund angewiesen“, hieß es. | |
Im August 2024 hatte Deutschland erstmals seit Machtübernahme der Taliban | |
im August 2021 wieder Menschen nach Afghanistan abgeschoben. Damals waren | |
28 Männer, die Straftaten begangen hatten, über den Flughafen Leipzig-Halle | |
abgeschoben wurden. Das Golfemirat Katar hatte die Aktion vermittelt und | |
auch den Flug übernommen. Bis heute ist unklar, welche Gegenleistung die | |
Taliban für die Rücknahme bekommen hatten. | |
Die CDU will dies nach einer Regierungsübernahme fortsetzen. „Wir sind in | |
der Union ja schon seit längerer Zeit der Auffassung, dass man nach | |
Afghanistan und nach Syrien grundsätzlich abschieben kann und sollte. Das | |
würden wir machen“, sagte Kanzlerkandidat Friedrich Merz Ende Dezember. | |
21 Jan 2025 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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