# taz.de -- ++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++: Übergangsregierung ernenn… | |
> Asaad Hassan al-Schaibani spielte bereits eine Schlüsselrolle in der | |
> Opposition. Derweil kam es auch zu einem Treffen zwischen US-Diplomaten | |
> und HTS-Miliz. Und Katar macht seine Botschaft wieder auf. | |
Bild: Ist offensichtlich ein Handyfoto wert: Die wiedereröffnete Botschaft von… | |
## Übergangsregierung ernennt Außenminister | |
Die von Rebellen geführte Übergangsregierung in Syrien hat offiziellen | |
Angaben zufolge einen Außenminister ernannt. Asaad Hassan al-Schaibani | |
wurde für das Amt ernannt, wie die frühere Staatsagentur Sana auf Telegram | |
mitteilte. | |
Al-Schaibani war seit Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien im Frühjahr 2011 | |
in der Opposition aktiv. Syrien war während des Bürgerkriegs tief | |
gespalten. Machthaber Baschar al-Assad ging brutal gegen jegliche | |
Oppositionskräfte vor und kontrollierte bis zu seinem Sturz etwa zwei | |
Drittel des Landes. Im Nordwesten gründete die Islamistengruppe Haiat | |
Tahrir al-Scham (HTS) 2017 eine Parallelverwaltung. | |
Schaibani hatte dort die Abteilung für politische Angelegenheiten | |
aufgebaut. Er soll im humanitären Bereich tätig gewesen sein und für | |
auswärtige Angelegenheiten. Er habe gute Verbindungen unter anderem zu den | |
Vereinten Nationen aufgebaut, hieß es aus informierten Kreisen. | |
Al-Schaibani wurde 1987 in der nordöstlichen Provinz Hasaka geboren. | |
Berichten zufolge studierte er an der Universität Damaskus englische | |
Sprache und Literatur. Er soll auch einen Master in Politikwissenschaften | |
und Internationalen Beziehungen haben. (dpa) | |
## Katar macht Botschaft in Damaskus wieder auf | |
Rund zwei Wochen nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad | |
hat Katar seine seit 2011 geschlossene Botschaft in Syrien wiedereröffnet. | |
Ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP sah am Samstag, wie die Flagge | |
Katars über der Botschaft in Damaskus gehisst wurde. Katar ist damit nach | |
der Türkei das zweite Land, das seine Botschaft in der syrischen Hauptstadt | |
offiziell wiedereröffnet hat. | |
Das Golfemirat hatte bereits vor einigen Tagen eine diplomatische | |
Delegation nach Damaskus zu einem Treffen mit den neuen Machthabern nach | |
Syrien entsandt. Die Delegation habe „das volle Engagement Dohas zur | |
Unterstützung des syrischen Volkes“ zum Ausdruck gebracht, sagte ein | |
katarischer Diplomat. | |
Das Golfemirat hatte seine Botschaft in Damaskus im Juli 2011 geschlossen, | |
wenige Monate nach Beginn der Massenproteste gegen Assad, die zum syrischen | |
Bürgerkrieg geführt hatten. Anders als andere arabische Länder nahm Katar | |
seine diplomatischen Beziehungen zu Syrien unter Assad nicht wieder auf. Am | |
Sonntag vor knapp zwei Wochen hatten die islamistische Miliz Hajat Tahrir | |
al-Scham (HTS) und ihre Verbündeten Damaskus eingenommen und Assad | |
gestürzt. (afp) | |
## Thüringens Ministerpräsident für Rückführung | |
Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) spricht sich angesichts des | |
Umsturzes in Syrien für die Rückführung syrischer Flüchtlinge aus. „Wir | |
haben viele gut integrierte Syrer in Thüringen, die belegen, dass es viele | |
gibt, die sich anstrengen und mittun wollen“, sagte Voigt in Erfurt. Diese | |
Menschen seien herzlich willkommen. Es gebe aber auch viele nicht | |
integrierte Syrer, die sich auch nach Jahren nicht in die Gesellschaft | |
eingefunden hätten. „Es gibt keinen Grund mehr, warum sie hier sein | |
sollten. Das Regime ist weg.“ | |
Das Entwicklungsministerium warnt nach dem Besuch einer deutschen | |
Delegation in Damaskus hingegen vor staatlich veranlassten Rückführungen | |
syrischer Migranten in ihre Heimat. In einem Strategiepapier wird auf die | |
schlechte humanitäre Lage und eine Überforderung des Übergangsprozesses mit | |
möglichen neuen Konflikten innerhalb des Landes verwiesen. | |
Voigt sagte: „Ich glaube, dass die unmittelbare politische Bedrohung für | |
diejenigen, die hier hergekommen sind, zumindest gesunken ist.“ Zwar wisse | |
man noch nicht genau, wie eine neue syrische Regierung aussehen werde und | |
ob dort etwa ein islamistischer Staat entstehe. „Aber umso besser ist es | |
doch, dass vernünftige Leute zurückgehen und ihre Heimat aufbauen“, sagte | |
Voigt. | |
Insgesamt halten sich aktuell laut Bundesinnenministerium rund 975.000 | |
Syrer in Deutschland auf. Der Großteil war in den Jahren seit 2015 im Zuge | |
des syrischen Bürgerkriegs gekommen. [1][Ihre Beschäftigungsquote liegt | |
derzeit bei rund 40 Prozent]. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge | |
(Bamf) hat kürzlich beschlossen, über Asylanträge von Menschen aus Syrien | |
wegen der dynamischen Entwicklung im Land vorerst nicht zu entscheiden. | |
(dpa) | |
## Bundesregierung: Wiederaufbauhilfe an Bedingungen geknüpft | |
Die Bundesregierung ist nur unter bestimmten Bedingungen bereit, sich in | |
Syrien am Wiederaufbau zu beteiligen. | |
Das hat der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Tobias Lindner (Bündnis90/ | |
Die Grünen), am Samstag im rbb24 Inforadio deutlich gemacht. Eine Zukunft | |
für Syrien werde „nur funktionieren, wenn es zu einer Inklusivität kommt, | |
wenn es zu einem gewissen Maß zu einer Teilung von Macht kommt“. Das | |
betreffe beispielsweise die vielen verschiedenen Ethnien, die in Syrien | |
lebten und die alle integriert werden müssten, so Lindner. [2][Auch | |
Menschenrechte, wie die Rechte von Frauen, seien wesentlich]. | |
Die derzeitigen Machthaber seien sich im Klaren darüber, „dass es einen | |
vernünftigen Übergang der Macht geben muss, dass es eine zivile Regierung | |
geben muss“, sagte der Grünen-Politiker. Man werde aber die aktuelle | |
syrische Regierung an ihren Taten messen. „Wer erwartet, dass Deutschland | |
sich am Wiederaufbau beteiligt, dem muss klar sein, dass das für uns | |
wichtige Bedingungen sind“, sagte Lindner. (dpa) | |
## Treffen zwischen US-Diplomaten und HTS-Miliz | |
US-Diplomaten haben sich erstmals seit dem Umsturz in Syrien vor Ort mit | |
Vertretern der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) getroffen und | |
das Millionen-Kopfgeld auf deren Anführer aufgehoben. Man habe in Damaskus | |
positive Gespräche geführt, sagte Barbara Leaf, für den Nahen Osten | |
zuständige Spitzendiplomatin im US-Außenministerium, im Anschluss. Der | |
Anführer der HTS, Ahmed al-Sharaa, habe zugestimmt, dass Terrorgruppen | |
weder innerhalb Syriens noch nach außen eine Bedrohung darstellen dürften. | |
Die HTS hat nach dem Sturz von Staatschef Baschar al-Assad Anfang Dezember | |
die Macht in dem Land übernommen. | |
Die Syrer hätten die Chance, „eine neue, freiere und integrative | |
Gesellschaft zu schaffen, die sowohl in der Region als auch auf der | |
Weltbühne ihren rechtmäßigen Platz einnimmt“, sagte Leaf. Die USA wollten | |
mit dem syrischen Volk zusammenarbeiten, „um diese historische Chance zu | |
ergreifen“. | |
Die USA hatten vor einigen Jahren ein Kopfgeld in Höhe von zehn Millionen | |
US-Dollar auf al-Schaara ausgelobt, der bis vor kurzem unter seinem | |
Kampfnamen Mohammed al-Dschulani aufgetreten war. Auf Grundlage ihres | |
Gesprächs habe sie ihm gesagt, dass die USA das Kopfgeld auf ihn jetzt | |
„nicht weiterverfolgen würden“, sagte Leaf im Anschluss an das Treffen. | |
Al-Schaaras HTS wird von den USA und der Europäischen Union als | |
Terrororganisation eingestuft. | |
Es war laut Leaf der erste Besuch von US-Diplomaten in Syrien seit 2012, | |
als die USA nach Beginn des Bürgerkriegs im Jahr zuvor die diplomatischen | |
Beziehungen zu dem Land Syrien abgebrochen hatten. Neben Leaf nahmen auch | |
der US-Sondergesandte für Geiselnahmen, Roger Carstens, und der | |
US-Sondergesandte für Syrien, Daniel Rubinstein, an den Gesprächen mit | |
Vertretern der Islamistengruppe HTS teil. Washington hatte bereits vorher | |
Kontakt zur HTS, ringt jedoch um den Umgang mit der Islamistengruppe. | |
Beim Besuch der US-Diplomaten ging es auch um vermisste US-Bürger wie den | |
Journalisten Austin Tice. Dieser war 2012 in Syrien verschleppt worden. | |
Carstens sagte, man habe in Damaskus viele Informationen über Tice | |
erhalten, aber keine habe bisher sein Schicksal auf die eine oder andere | |
Weise bestätigt. (dpa) | |
## Aktivisten: Schwere Kämpfe bei Kobane in Nordsyrien | |
Im Norden Syriens gehen laut Aktivisten die schweren [3][Gefechte zwischen | |
protürkischen Kräften und Kurdenmilizen] weiter. Besonders um die Stadt | |
Kobane unweit der Grenze zur Türkei gebe es heftige Zusammenstöße, meldete | |
die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Kämpfer der von der | |
Türkei unterstützen Syrischen Nationalen Armee (SNA) und Verbündete | |
versuchten, Kobane unter ihre Kontrolle zu bringen, hieß es. | |
Im Kampf mit den kurdisch angeführten Syrischen Demokratischen Kräften | |
(SDF) seien auch türkische Drohnen im Einsatz gewesen. Die SDF bestätigten | |
die Kämpfe. Auch in der Gegend um Rakka gab es nach Angaben der | |
Beobachtungsstelle türkische Drohnenangriffe. Es solle dabei Opfer gegeben | |
haben. | |
Außenministerin Annalena Baerbock warnte die Türkei vor einer Eskalation | |
der Auseinandersetzung um die Kurdengebiete. „Die Sicherheit gerade auch | |
von Kurdinnen und Kurden ist essenziell für eine freie und sichere Zukunft | |
Syriens“, sagte die Grünen-Politikerin nach Gesprächen mit ihrem türkischen | |
Kollegen Hakan Fidan und Geheimdienstchef Ibrahim Kalin in Ankara. Sie | |
fügte hinzu: „Es war gut zu hören, dass dies auch der türkische | |
Außenminister so sieht.“ | |
Der Türkei wird vorgeworfen, die Lage in Syrien nutzen zu wollen, um die | |
unter Verwaltung kurdischer Milizen stehenden Gebiete im Norden zu | |
zerschlagen. Die Kurden und die SDF werden von den Vereinigten Staaten | |
unterstützt. Während die SDF für die USA ein wichtiger Partner im Kampf | |
gegen den Islamischen Staat (IS) in Syrien sind, sieht die Türkei die Miliz | |
als Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK – und damit als | |
Terrororganisation. (dpa) | |
## Baerbock: Türken warnen zu Recht vor Terrorgefahr | |
Ihre türkischen Gesprächspartner hätten zu Recht vor den Gefahren des | |
Terrorismus gewarnt, der die Sicherheitsinteressen ihres Landes gefährde, | |
sagte Baerbock. „Das ist ein legitimes Anliegen.“ Man spreche intensiv mit | |
der Türkei, aber auch den USA und international darüber, wie die Sicherheit | |
der Türkei und der anderen Nachbarn Syriens gewährleistet werden könne, | |
ohne die territoriale Integrität Syriens zu verletzen. Dazu gehöre, dass | |
die Milizen entwaffnet und in eine künftige nationale Sicherheitsstruktur | |
integriert werden. | |
Baerbock warnte zugleich vor einem Erstarken des Islamismus in Syrien. Sie | |
bezog sich dabei auf Aussagen des Sprechers der HTS, Obaida Arnaut. Dieser | |
hatte in einem TV-Interview gesagt, Frauen seien aufgrund ihrer | |
„biologischen Natur“ für das Amt einer Verteidigungsministerin oder für | |
Rollen in der Justiz ungeeignet. „Eine radikal islamistische Ordnung“ werde | |
nur zu neuer Fragmentierung, neuer Unterdrückung und damit zu neuen Kämpfen | |
führen, sagte Baerbock. Die zukünftigen Machthaber müssten deutlich machen, | |
dass sie alle ethnischen, religiösen Gruppen und Frauen in den politischen | |
Prozess integrierten. Das Erstarken von Islamisten dürfe keine Chance | |
haben. (dpa) | |
21 Dec 2024 | |
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