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# taz.de -- Komödie „Heretic“ mit Hugh Grant: Die einzig wahre Religion
> Ist das noch Komödie oder schon Horror? Hugh Grant gibt in „Heretic“
> einen eigensinnigen Bösewicht, mit viel britischem Charme, of course.
Bild: Ein freundlicher älterer Herr? Mr Reed (Hugh Grant) in „Heretic“
Berlin taz | Ein Weihnachtsfilm? Diese Geschichte spielt jedenfalls im
Winter, mit einsetzendem Schnee, durch den zwei Missionarinnen ziehen, die
wenn nicht alle Völker, so doch ein paar Bewohner ihrer Stadt die frohe
Botschaft lehren sollen. Und zwar die des Buchs Mormon. Denn Schwester
Barnes (Sophie Thatcher) und Schwester Paxton (Chloe East) gehören zur
Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Mit dem Fahrrad fahren
sie von einem potenziellen neuen Mitglied zum nächsten, um Broschüren zu
verteilen.
Sie sind jung, Studentinnen, unterhalten sich unterwegs über Dinge wie
Internetpornografie und sexuelle Erfahrungen. Schwester Barnes erweist sich
als die weltgewandtere der beiden, während Schwester Paxton mit ihrer etwas
unbedarften Steifheit schon gleich zu Beginn von „Heretic“ für
Situationskomik sorgt, der Tonfall des [1][Films von Scott Beck und Bryan
Woods, die auch das Drehbuch schrieben], erinnert zunächst an eine
Teenagerkomödie.
Das bleibt auch noch so, als sie an der Tür von Mr Reed klingeln. Es ist
die letzte Adresse auf ihrer Liste, das Haus mit großem Garten liegt etwas
abseits. Als der zu bekehrende Mr Reed die Tür öffnet, steht ein etwas
älterer, aber freundlicher Herr vor ihnen. Ein leicht faltig gewordener
Hugh Grant, dessen Augen von den für ihn typischen Lachfalten eingefasst
sind, einzig der durchsichtige Plastikrahmen seiner rechteckigen Brille
stört etwas im Gesamtbild.
Reed bittet den unerwarteten Besuch ins Haus, kündigt Blaubeerpie an, den
seine Frau zubereitet habe. Das Haus ist im Inneren geräumig, die
Einrichtung scheint schon seit einigen Jahrzehnten nicht mehr geändert
worden zu sein. Reed beginnt ein Gespräch mit den beiden im Plauderton,
bald kommt er selbst zur Sache, der Religion der zwei „Schwestern“. Fragt
sie zu ihren Kenntnissen und Überzeugungen aus. Es stellt sich heraus, dass
sich Reed gründlich mit den Mormonen beschäftigt hat.
## Rundumschlag gegen die Religionen
Aber auch mit anderen Religionen. Er hebt zu einem Rundumschlag an, stellt
Bezüge unter den drei monotheistischen Religionen her, wobei er nicht
allein diese untereinander vergleicht, sondern selbst ihre Vorläufer zu
kennen scheint. Besonders amüsant geraten seine Ausflüge in die Welt des
Pop und der Gesellschaftsspiele. Die Antwort auf die Frage, was die Band
Radiohead oder Monopoly mit Religion zu tun haben, ist eine der schönen
Fein- und Gemeinheiten des Drehbuchs, für die sich der Film allemal lohnt.
Mehrfach kündigt Reed im Gespräch die „einzig wahre Religion“ an, die er …
Selbststudium entdeckt habe. Was es damit auf sich hat, lernen Barnes und
Paxton dann auf weniger amüsante Weise. Auf halber Strecke wechselt der
Film merklich das Register, als die Missionarinnen entdecken, dass ihr
Gastgeber es nicht gut mit ihnen meint.
Grant fällt dabei praktisch nie aus der Rolle, was für wachsendes Unbehagen
sorgt, wenn er hin und wieder mit kurz einfrierendem Gesicht oder
unerwarteten Gesten andeutet, dass er zu noch ganz anderem fähig ist als zu
theoretischen Ausführungen.
Wenn der Film dann endgültig zum Horror umschwenkt, verliert er jedoch ein
wenig an Stringenz. So ganz unheimlich wird das Grauen, das er entfaltet,
eigentlich nie, und auch [2][Hugh Grant nimmt man den psychopathischen
Fiesling nur bedingt ab]. Was ein bisschen schade ist, denn Beck und Woods
bauen die Geschichte über weite Strecken geschickt auf. Für die Golden
Globes wurde Grant zumindest als bester Schauspieler nominiert, in der
Kategorie Musical oder Komödie.
26 Dec 2024
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## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
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Horror
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