# taz.de -- Machtkampf in Myanmar: Militärjunta mit dem Rücken zur Wand | |
> In Myanmar bringen pro-demokratische Widerstandsgruppen große Teile des | |
> Landes unter ihre Kontrolle. Das Staatenbündnis ASEAN versagt als | |
> Vermittler. | |
Bild: Ein Mann und eine Frau zeigen die Spuren ihrer gefährlichen Flucht aus R… | |
Für Myanmar wie auch für ASEAN wird 2025 aller Voraussicht nach ein | |
entscheidendes Jahr. Militärisch steht die Junta, die seit dem Putsch 2021 | |
die Macht in Myanmar inne hat, mit dem Rücken zur Wand. Der | |
prodemokratische Widerstand wird indes stärker. Der südostasiatische | |
Staatenbund ASEAN hat als Mittler für eine friedliche Lösung des Konflikts | |
versagt. | |
Kurz vor Weihnachten erklärte [1][der militärische Widerstand] den | |
Teilstaat Chin für befreit. Wenige Tage zuvor war bereits das „Westliche | |
Regionalkommando“ der Armee im Teilstaat Rakhine gefallen. | |
Der Widerstand besteht aus den „Volksverteidigungskräften“ der | |
demokratischen Untergrundregierung sowie den zahlreichen „Ethnic Armed | |
Organisations“ (EAOS). Zu den mächtigsten zählen die Arakan Armee in | |
Rakhine, die Ta’ang National Liberation Army in Shan, die | |
Unabhängigkeitsarmee der Kachin und die Chin National Front. Insgesamt war | |
Ende Dezember [2][laut der BBC] weniger als ein Viertel von Myanmar noch | |
vollständig in der Hand der Junta. | |
## Letzte Chance für friedliche Lösungen? | |
2025 scheint vielen deshalb die letzte Chance für diplomatische Initiativen | |
zu sein, um zusammen mit den Widerstandskräften die Weichen für die Zeit | |
nach der Militärjunta zu stellen. Gefordert ist vor allem ASEAN, das kurz | |
nach dem Putsch vom 1. Februar 2021 einstimmig – also auch mit der Stimme | |
von Myanmar – einen Fünfpunktekonsens zur friedlichen Lösung des Konflikts | |
beschlossen hatte. | |
Seitdem haben die ASEAN-Diplomaten jedoch alles andere als bella figura | |
gemacht. Die Junta sabotiert den Konsens und ASEAN hat sich als zahnloser | |
Tiger erwiesen. Ein Hoffnungsschimmer könnte der turnusmäßige ASEAN-Vorsitz | |
2025 durch Malaysia sein, das als Kritiker der Junta gilt. | |
Die meisten Myanmar-Experten wie der Analyst David Mathieson erwarten | |
nichts von ASEAN und anderen internationalen Akteuren zur Lösung des | |
Konflikts. „Malaysia kann so innovativ und tatkräftig sein, wie es will, | |
doch der Rest von ASEAN ist in Bezug auf Myanmar gespalten oder | |
desinteressiert“, sagt Mathieson gegenüber der taz. Westliche Akteure wie | |
die USA, die EU und die Vereinten Nationen hätten kein Verständnis für die | |
Realitäten in Myanmar. | |
## Die Interessen Pekings | |
Das mache den Weg frei für China. Mathieson sagt: „China befindet sich | |
derzeit in einer hervorragenden Position, um mit den wichtigsten | |
Konfliktparteien in Myanmar in Kontakt zu treten, die sich im | |
Interessenradius Pekings befinden.“ | |
Interessen hat China in Myanmar viele. Der bewaffnete Widerstand | |
kontrolliert die Grenze zu China. Mit großer Sorge sieht Peking den fast | |
vollständigen Sieg der widerständischen Arkan-Armee in Rakhine als einem | |
integralen Teil seiner „Neuen Seidenstraße“. In Kachin könnte ein Sieg der | |
Kachin Unabhängigkeitsarmee die Ausbeutung der Seltenen Erden durch | |
chinesische Firmen gefährden. | |
Wie das unabhängige myanmarische Exilnachrichtenportal Irrawaddy berichtet, | |
soll China zum Schutz seiner Investitionen bereits die Gründung einer | |
gemeinsamen Sicherheitsfirma mit der Junta vereinbart haben. Bezüglich der | |
Rolle Chinas in Myanmar warnen Analysten jedoch [3][vor einer | |
„simplizistischen Sicht“ aus einer chinafeindlichen und westlichen | |
Perspektive]. | |
## Vertrauensverlust in der Bevölkerung | |
Zuletzt zeigten die Resultate der Volkszählung 2024 den Kontroll- und | |
Realitätsverlust der Junta. Am 31. Dezember wurden sie veröffentlicht, die | |
Junta konnte nur noch die Daten von etwa 40 Prozent des Volkes erheben. | |
Gleichzeitig beteuerte Myanmars [4][De-facto-Machthaber Min Aung Hlaing] | |
seinem Plan der Abhaltung von Wahlen in diesem Jahr. | |
Der Widerstand reagierte mit Spott. „Die Idioten, die wegen ‚Fehlern in den | |
Wählerlisten‘ einen Putsch anzettelten, ließen eine Volkszählung | |
durchführen, bei der auch die 40 Prozent der Bevölkerung nur eine Schätzung | |
waren“, kommentierte die „Bewegung für zivilen Ungehorsam“. Weiter heiß… | |
in dem Tweet: „Sind die Länder in der Region noch immer der Meinung, dass | |
Wahlen der richtige Weg sind? Wie soll das gehen?“ | |
3 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Widerstand-in-Myanmar/!6046869 | |
[2] https://www.bbc.com/news/articles/c390ndrny17o | |
[3] https://www.irrawaddy.com/opinion/guest-column/myanmars-resistance-is-getti… | |
[4] /Vertreibung-der-Rohingya/!6048515 | |
## AUTOREN | |
Robert Lenz | |
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