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# taz.de -- Mercosur-Handelsvertrag der EU: Des Bauern Leid ist der Industrie F…
> Das EU-Mercosur-Handelsabkommen bekommt gemischte Reaktionen: Deutsche
> Landwirte sind empört, hiesige Autokonzerne loben den Vertrag.
Bild: Deutsche wie auch französische Bauern befürchten Wettbewerbsnachteile
Berlin/Brüssel taz/rtr/afp | Die Einigung der EU mit vier Staaten der
südamerikanischen Mercosur-Gruppe auf ein Handelsabkommen ist auf ein
geteiltes Echo gestoßen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK)
sprach von einem „echten Meilenstein“ für viele Unternehmen. „Gerade in
Zeiten großer globaler Unsicherheit schafft das Abkommen für unsere stark
exportorientierten Unternehmen endlich die dringend benötigte
Planungssicherheit“, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier.
Die Zollerleichterungen seien ein Befreiungsschlag. „Die EU sollte diesen
Schwung jetzt nutzen, um auch bei den Verhandlungen über
Freihandelsabkommen mit Indien und Indonesien auf die Zielgerade zu
kommen.“ Laut DIHK exportieren 12.500 deutsche Firmen in die
Mercosur-Staaten.
Dem Großhandelsverband BGA zufolge kann es neue Absatzchancen für
europäische Unternehmen besonders aus dem Auto- und Maschinenbau, der
Chemie- und Pharmaindustrie sowie der Ernährungsbranche geben. Auch
erneuerbare Energien und Umwelttechnik, der Konsumgüterbereich sowie der
Finanz- und Dienstleistungssektor dürften profitieren.
Hinzu komme, dass die EU sich bei der Beschaffung von Seltenen Erden
unabhängiger von China machen könne. Die beteiligten Mercosur-Staaten –
Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay – dürften Experten zufolge im
Gegenzug vor allem mehr Fleisch und Getreide nach Europa liefern.
## Es soll eine Handelszone mit mehr als 700 Millionen Menschen entstehen
Deutsche und europäische Landwirte reagierten enttäuscht. „Dieses Abkommen
geht einseitig zu Lasten der europäischen Bauern und schwächt unsere
Betriebe massiv im Wettbewerb“, erklärte der Präsident des Deutschen
Bauernverbands, Joachim Rukwied. Die Schutzmechanismen für Landwirtschaft
und Lebensmittel nannte er „völlig unzureichend“. Der europäische
Dachverband der Landwirte (Copa-Cogeca) kündigte für Montag neue
Bauernproteste in Brüssel an. Mit dem Abkommen drohten weitere
Einkommensverluste und Hofschließungen, erklärte der Dachverband.
Umweltschutzverbände wie Greenpeace sprechen von einem „Giftabkommen“, das
den Weg für mehr Pestizide in Südamerika ebnet, die teils in der EU aus
gesundheitlichen Gründen verboten sind. Zudem fürchten sie ein weiteres
Abholzen des Regenwaldes in Südamerika, etwa für den Anbau von gentechnisch
verändertem Soja und die Produktion von Rindfleisch.
Die EU-Kommission und vier südamerikanische Staaten der Mercosur-Gruppe
hatten sich am Freitag in Montevideo auf [1][das Handelsabkommen]
verständigt. Durch den Vertrag soll eine der größten Handelszonen der Welt
mit mehr als 700 Millionen Menschen entstehen. Sie würde fast 20 Prozent
der Weltwirtschaft und mehr als 31 Prozent der globalen Warenexporte
abdecken.
## China ist in Südamerika aktiver denn je
Die Verhandlungen und ihre Ergebnisse wurden bis zuletzt geheim gehalten.
Daher ist unklar, ob noch zusätzliche Klimaschutz- und
Nachhaltigkeits-Klauseln vereinbart wurden, wie dies vor allem auf EU-Seite
gefordert wurde. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hatte wiederholt
öffentlich vor dem Deal gewarnt. Die Regierung in Paris fürchtet Nachteile
[2][für ihre Landwirte] und für die Verbraucher. Auch Polen und Italien
haben Vorbehalte angemeldet.
Für den Deal haben sich vor allem Deutschland und Spanien ausgesprochen.
Deutschland hofft auf größere Absatzchancen für die Autoindustrie, Spanien
auf noch engere Beziehungen zu Lateinamerika. Die EU sieht sich vor allem
von den USA und China heraus-gefordert. China ist in Südamerika aktiver
denn je und könnte den Europäern lukrative Märkte wegschnappen. Der
künftige US-Präsident Donald Trump hat der EU mit Strafzöllen gedroht.
Zudem will er den Handelskrieg mit China ausweiten, was auch den deutschen
und europäischen Handel treffen dürfte.
Allerdings ist unklar, ob die EU das Abkommen auch umsetzen wird. 2019 gab
es schon einmal eine vorläufige Vereinbarung, die dann jedoch nicht
ratifiziert wurde. Auch diesmal zeichnen sich Probleme ab; sie könnten
sogar zu einer deutsch-französischen Krise führen. Macron versucht, im
Ministerrat eine Sperrminorität zu organisieren, um das Abkommen in letzter
Minute doch noch zu stoppen.
Kanzler Olaf Scholz plant jedoch bereits eine Parade. Man werde sich einem
sogenannten „EU-only“-Abkommen nicht verschließen, wenn sich abzeichne,
dass ein Abschluss anders nicht möglich sei, sagte eine
Regierungssprecherin in Berlin. Bei einem „Nur EU“-Abkommen ist nur eine
Ratifizierung in Brüssel, nicht aber durch die 27 Mitgliedstaaten nötig.
Dafür müsste das Abkommen aber abgespeckt werden, sodass nur der
Handelsteil übrig bleibt.
Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat sich zuletzt offen
für einen Kompromiss gezeigt. „Hauptsache, dieses Abkommen steht“, sagte
eine Sprecherin seines Ministeriums.
8 Dec 2024
## LINKS
[1] /Freihandelsabkommen-Mercosur/!6050177
[2] /Umstrittenes-Handelsabkommen/!6049613
## AUTOREN
Eric Bonse
Jost Maurin
## TAGS
Mercosur
Landwirtschaft
Argentinien
Freihandel
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