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# taz.de -- Paragraf 218 im Parlament: Bundestag debattiert Legalisierung von A…
> Ein parteiübergreifender Gesetzentwurf will legale
> Schwangerschaftsabbrüche in den ersten drei Monaten. Am Donnerstag ist
> der Entwurf im Plenum. Findet er eine Mehrheit?
Bild: Langer Kampf, 1975 in Bonn. Protestierende gegen den §218 setzen auf die…
Berlin taz | Rund 30 Jahre ist es her, seit das Verbot von
Schwangerschaftsabbrüchen grundsätzlich geprüft wurde. Nun gibt es
Bestrebungen, dieses Verbot zu kippen. Eine Gruppe von Abgeordneten
mehrerer Fraktionen [1][hat einen Gesetzentwurf eingebracht], der die
Legalisierung von Abbrüchen in den ersten drei Monaten zum Ziel hat. Der
Entwurf soll am späten Donnerstagnachmittag erstmals im Bundestag beraten
werden.
Schwangerschaftsabbrüche sind derzeit in Deutschland rechtswidrig. In den
ersten zwölf Wochen bleiben sie unter bestimmten Voraussetzungen straffrei:
Die Schwangere muss sich zuvor beraten lassen, zudem muss sie eine
Wartefrist von mindestens drei Tagen verstreichen lassen. Laut
Gesetzentwurf sollen Abbrüche in den ersten drei Monaten grundsätzlich
rechtmäßig sein. Die Beratungspflicht bliebe bestehen, die Wartezeit jedoch
nicht. Zudem sollen Regelungen für Abbrüche nach den ersten drei Monaten im
Schwangerschaftskonfliktgesetz, aber nicht mehr im Strafgesetzbuch stehen.
Der [2][Paragraf 218] selbst soll neu gefasst werden und nur noch den
Schutz Schwangerer vor nicht selbstbestimmten Abbrüchen enthalten.
Unterzeichnet hatten den Gruppenantrag nach Angaben der Grünen-Abgeordneten
Ulle Schauws, die neben Parlamentarierinnen von SPD und Linken den Antrag
initiiert hat, zuletzt 327 Abgeordnete, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz
(SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena
Baerbock (beide Grüne). Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte, sie
gehöre „zu einer ganz großen Gruppe von Abgeordneten, die mehr Sicherheit
und mehr Selbstbestimmung für Frauen“ ermöglichen wolle. Ihr Eindruck sei,
dass es eine Mehrheit dafür geben könne, das Gesetz noch in dieser
Legislatur zu beschließen.
## „Zustimmungsfähig“
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte, er sei froh, dass es gelungen sei,
sich über den Antrag zu verständigen. Zwar handle es sich um
„hochemotionale Fragen“. Die Gesetzesvorlage halte er aber für
„zustimmungsfähig“. Katja Mast, parlamentarische Geschäftsführerin der
SPD-Fraktion, sagte, das Thema müsse und könne „noch vor dem 23. Februar
entschieden werden“, also dem Termin für die Neuwahl des Bundestags.
Nach der ersten Lesung am Donnerstag geht der Gesetzentwurf zurück in die
Ausschüsse, federführend ist der Rechtsausschuss. An den dortigen
Mehrheiten liegt es, ob und wann er zur Schlussberatung und Abstimmung
wieder ins Plenum verwiesen wird. Mast sagte, dazu sei eine Mehrheit im
Rechtsausschuss unabdingbar, „die über die derzeitigen Unterzeichnenden
hinausgeht.“ Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion,
Thorsten Frei, sagte: Er halte es für unsicher, ob der Antrag „jemals
wieder aus dem Ausschuss rauskommt.“
Sollte dies der Fall sein, wäre danach eine Mehrheit von 367 Abgeordneten
im Plenum nötig. Selbst wenn SPD, Grüne und Linke geschlossen für den
Entwurf stimmen würden, wären die Abgeordneten auf Stimmen etwa von FDP,
Union oder BSW angewiesen.
In der FDP hatte es zwar bereits Beschlüsse von Jungen Liberalen und
Liberalen Frauen gegeben, die teilweise sogar über den derzeitigen
Vorschlag hinausgehen. Eine Chance auf eine Mehrheit innerhalb der Partei
hatten diese aber nie. Kürzlich jedoch hatten einige Parteimitglieder per
offenem Brief eine Debatte über den Gesetzentwurf angestoßen.
FDP-Parteichef Christian Lindner sagte infolgedessen, er werde den Antrag
„nicht unterstützen“. Dennoch machten sowohl Lindner als auch
FDP-Fraktionschef Christian Dürr deutlich, Abgeordneten der Fraktion bei
einer Abstimmung freie Hand zu lassen.
## Merz empört
CDU-Chef Friedrich Merz hatte zunächst empört auf den Gesetzesvorstoß
reagiert. Zuletzt warnte er vor einer übereilten Entscheidung: „Bitte nicht
auf den letzten Metern vor der Wahl.“ Stattdessen sei eine breite
parlamentarisch und gesellschaftlich geführte Debatte erforderlich, die dem
Thema gerecht werde.
Vergangene Woche [3][forderten zudem 73 Verbände die Bundestagsabgeordneten
auf], den nun vorliegenden Gesetzentwurf zu unterstützen. „Die Fakten
liegen auf dem Tisch. Die Argumente sind ausgetauscht“, schreiben unter
anderem AWO, Paritätischer Gesamtverband und DGB. „Es liegt an Ihnen.
Unterstützen Sie ungewollt Schwangere und ihre Ärztinnen. Schreiben Sie
Geschichte!“
Vorangegangen war dem derzeitigen Vorstoß eine eigens von der
Ampelregierung eingesetzte Kommission, die Möglichkeiten zur Regelung von
Abbrüchen außerhalb des Strafgesetzbuchs geprüft hatte. Für die Frühphase
einer Schwangerschaft sind deren Empfehlungen eindeutig: Die grundsätzliche
Strafbarkeit von Abbrüchen sei aus „völker-, verfassungs- und
europarechtlicher Perspektive“ nicht haltbar. Doch die Ampel hatte schnell
klargemacht, dass von ihrer Seite nichts kommen würde. Vor allem die FDP
blockierte. Mitte November hatten die Parlamentarier*innen deshalb
den eigenen Antrag in den Bundestag eingebracht.
## Wenig umstritten
In der Bevölkerung ist das Thema Schwangerschaftsabbruch wenig umstritten:
Mehr als 80 Prozent der Deutschen halten es für falsch, dass ein
Schwangerschaftsabbruch, zu dem eine ungewollt Schwangere sich nach einer
Beratung entscheidet, rechtswidrig ist. Das hatte im April eine
repräsentative Umfrage im Auftrag des Bundesfrauenministeriums gezeigt.
Selbst unter WählerInnen der Union lehnen demzufolge 77,5 Prozent die
Rechtswidrigkeit von Abbrüchen deutlich ab. Unter WählerInnen von SPD und
Grünen sind es 88 beziehungsweise 92 Prozent.
5 Dec 2024
## LINKS
[1] /Abschaffung-des-Paragrafen-218/!6045917
[2] https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__218.html
[3] https://www.frauenrat.de/73-verbaende-fordern-zustimmung-zum-interfraktione…
## AUTOREN
Patricia Hecht
Anna Lehmann
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