# taz.de -- Podcast „Unter Mördern“: Resozialisierung möglich, aber unwah… | |
> Der Podcast „Unter Mördern“ fragt, ob Resozialisierung im Gefängnis | |
> gelingen kann. True Crime mit sozialpolitischem Anspruch. | |
Bild: Zellenfenster vom Zellentrakt Haus 2 der JVA Tegel | |
Ein siebenfacher Mörder, seit fast 30 Jahren im Knast, der sich um einen 75 | |
Jahre alten Mitgefangenen kümmert. Ein Vatermörder, noch nicht einmal 30 | |
Jahre alt, der in eine Krise gerät. Ein Pflegefall und ein Betrüger. Das | |
sind die vier Protagonisten einer neuen Podcast-Serie von rbb und | |
Tagesspiegel. | |
Für [1][„Unter Mördern – Leben im Gefängnis“] hat Tagesspiegel-Autorin | |
Katja Füchsel über anderthalb Jahre vier Insassen der Teilanstalt 5 der JVA | |
Tegel begleitet. Hier sitzen die sogenannten LLer, Gefangene, die eine | |
lebenslange Haftstrafe verbüßen, die meisten sind Mörder. Füchsel will | |
gemeinsam mit der rbb-Moderatorin Theresa Sickert den Fragen nachgehen, wie | |
Menschen zu Mördern werden und ob eine Resozialisierung von | |
Schwerverbrechern im Knast überhaupt möglich ist. True Crime, aber mit | |
sozialpolitischem Anspruch. | |
Füchsel besucht die Insassen auf ihren Zellen, liest ihre Gefangenenakten, | |
begleitet sie bei Ausgängen, einem Sommerfest, spricht mit der Chefin der | |
Teilanstalt 5 und einem Gutachter. Füchsel kennt sich aus mit dem Thema: | |
Seit Jahrzehnten schreibt sie für den Tagesspiegel über Justiz und | |
Kriminalität. | |
Sie weiß, dass überall auf der Welt Gefangene links herum den Innenhof | |
umrunden, dass sie für jede Kleinigkeit Anträge an die Gefängnisleitung | |
schreiben müssen. In ihren eineinhalb Jahren in Tegel kommt sie nah dran an | |
die Insassen, und das macht den Reiz am Podcast aus. Sie erfährt, wie der | |
Drogenhandel funktioniert und wie man [2][trotz Handyverbots tindert.] | |
## Anfangs noch hoffnungsfroh | |
Aber findet sie Antworten auf ihre Fragen? Sie nähert sich ihnen immerhin | |
an. Der siebenfache Mörder hat als Kind kaum Fürsorge und Nähe erfahren, | |
wie man gesunde Beziehungen führt, nicht gelernt. Mit 22 der erste Mord, | |
mit 34 dann endgültig Knast. Dort wütet er weiter, tötet fast einen | |
Mitgefangenen. Er wird nach Celle verlegt, wird älter und langsam ruhiger. | |
„Ich habe mich für die menschliche Schiene entschieden“, sagt er im | |
Podcast. Zum ersten Mal habe er über seine Opfer nachgedacht, bereue heute | |
seine Taten. Zurück in Berlin kümmert er sich um einen 75-jährigen | |
Mitgefangenen. Für Füchsel zeigt sich: Rung wurde im Knast nicht | |
resozialisiert, sondern sozialisiert. | |
Wegen oder trotz des Knastsystems? Füchsel und Sickert beantworten die | |
Frage nicht, dennoch scheint durch: Knast zermartert selbst jene, die | |
anfangs noch hoffnungsfroh sind, wie die Folge über den jungen Vatermörder | |
zeigt: 24 Stunden am Tag leben sie fremdbestimmt, können nicht selbst | |
entscheiden, wann sie aufstehen oder was sie essen. | |
Erste Lockerungen wie Ausgänge sind erst nach fünf Jahren möglich und | |
können schnell wieder entzogen werden. Hoffnungslosigkeit ist die Folge. | |
Wer will, zieht das Fazit: Eine [3][Resozialisierung im System | |
„Justizvollzug“] ist möglich, aber wahrscheinlich ist sie nicht. | |
16 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.rbb-online.de/podcasts/unter-moerdern/ | |
[2] /Interview-zu-Digitalisierung-im-Gefaengnis/!vn6049440/ | |
[3] /Resozialisierung-im-Gefaengnis/!5494705 | |
## AUTOREN | |
Johanna Treblin | |
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