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# taz.de -- Verhandlungen zu UN-Lieferkettengesetz: Globale Regeln für Unterne…
> Die Vereinten Nationen verhandeln über ein verbindliches Abkommen zu
> Menschenrechten in der Lieferkette. Europa schaut zu, macht aber nicht
> mit.
Bild: Ein Zehnjähriger bringt ohne Schutzausrüstung Metallschrott zum Einschm…
Berlin taz | Am Montag haben die Vereinten Nationen in Genf Verhandlungen
um ein globales Lieferkettengesetz wieder aufgenommen, um
Menschenrechtsverletzungen in der Wirtschaft zu verhindern. Nur auf den
Zuschauerbänken dabei: die Europäische Union. Sie hat sich weiterhin kein
Verhandlungsmandat für eine aktive Beteiligung gegeben, kann also keine
Vorschläge machen. Sie kann die Texte lediglich kommentieren.
Das verbindliche UN-Abkommen soll Sorgfaltspflichten für Unternehmen und
Zugang zur Justiz für Opfer schaffen. Diese Woche soll [1][der dritte
Entwurf] überarbeitet und ein Fahrplan vereinbart werden, wie das Abkommen
in den nächsten Jahren zu Ende gebracht wird.
Der Prozess wurde maßgeblich von Zivilorganisationen und indigenen
Gemeinschaften im Globalen Süden angestoßen. Sie sahen sich gegenüber
multinationalen Unternehmen im Nachteil. „Menschenrechtsverletzungen werden
im Namen von Entwicklung in Kauf genommen“, sagt Martha Inés Romero von der
christlichen Menschenrechtsorganisation Pax Christi International [2][auf
einer Nebenveranstaltung im Vorfeld der Verhandlungen] in Genf.
Deswegen brauche es verbindliche Regeln, die etwa dafür sorgen würden, dass
die lokale Bevölkerung im Vorfeld von Entwicklungsvorhaben informiert und
„ohne Zwang“ beteiligt werde. Ein verbindliches globales Abkommen könnte
für alle Menschen den Zugang zur Justiz sichern, wenn Unternehmen ihre
Menschenrechte verletzen. Mit dem Auftrieb von grünen Energieprojekten
befürchte Romero ein Greenwashing von Infrastrukturprojekten. Im globalen
Wirtschaftssystem gebe es aber einen „Kampf gegen Gemeinschaften und einen
Kampf gegen die Natur“.
## „Mittlerweile sind alle Voraussetzungen für ein Verhandlungsmandat
gegeben“
Das UN-Abkommen, das Umweltbelange und Menschenrechte in den Operationen
von Unternehmen stärken soll, wird seit zehn Jahren verhandelt. Den Vorsitz
der Arbeitsgruppe übernahm Ecuador. Die Europäische Union und andere
Industriestaaten wie die USA oder Australien blockierten von Beginn an.
Armin Paasch vom katholischen Hilfswerk Misereor ist seit acht Jahren bei
den Verhandlungen dabei. Und seit acht Jahren drängen er und andere
Organisationen aus der Zivilgesellschaft darauf, dass sich die EU formell
an den Verhandlungen beteiligt. Immerhin kommentiere sie in den letzten
Jahren zunehmend konstruktiv die Vertragsentwürfe, sagt Paasch. Aber:
„Mittlerweile sind alle Voraussetzungen für ein Verhandlungsmandat gegeben,
es gibt keinen Grund mehr, es zu verweigern“, so Paasch.
Zum Beispiel das Argument, es würden sich nicht genug Staaten beteiligen,
sodass ein Abkommen nicht aussichtsreich sei. Bis auf Kanada nahmen alle
G7-Staaten sowie andere Schwergewichte wie China, Indien, Brasilien oder
Südafrika an der letzten Verhandlungsrunde teil.
Ein anderes Argument: Die EU wolle erst die eigene Gesetzgebung
vorantreiben. [3][Das Europäische Lieferkettengesetz ist im Juli in Kraft
getreten]. „Es sollte im Interesse der Menschenrechte, aber auch im
Interesse der Wettbewerbsgleichheit sein, nun verbindliche Pflichten zur
Einhaltung von Menschenrechten für Unternehmen auf globaler Ebene zu
vereinbaren“, meint Paasch.
## Wichtige Vorgaben zu Umwelt- und Klimaschutz wurden gestrichen
Auch inhaltlich wurden einige Bedenken der EU aufgenommen. Zum Beispiel:
Ursprünglich sollte das Abkommen nur multinationale Unternehmen zu den
Regeln verpflichten. Einige afrikanische Staaten argumentierten, dass es
gerade bei transnationalen Operationen eine Rechtslücke gäbe. Außerdem
befürchteten sie, dass bei Regeln für alle Unternehmen, diese ihre
Verantwortung auf lokale Zulieferer abwälzen würden.
Die EU wollte hingegen Regeln für alle Unternehmen. Auch weil sie
fürchtete, dass Menschenrechtsverstöße von staatseigenen Unternehmen – etwa
in China – sonst nicht belangt werden könnten. Das hat sich durchgesetzt.
Vergangenes Jahr hatte der ecuadorianische Vorsitzende einige
„Aktualisierungen“ vorgenommen. Die EU und die USA begrüßten diese
größtenteils, aber zivilgesellschaftliche Organisationen und Regierungen
aus dem Globalen Süden kritisierten das Vorgehen. So seien mit den
Aktualisierungen [4][wichtige Vorgaben zu Umwelt- und Klimaschutz durch
Unternehmen gestrichen worden], kritisiert Paasch.
Umwelt- und klimabezogenen Folgeabschätzungen tauchen als Bestandteil von
Sorgfaltspflichten nicht mehr auf. „Auch der Bezug auf das Menschenrecht
auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt wurde
gestrichen“, sagt Paasch. Ebenso wurden Anforderungen zur Wiedergutmachung
abgeschwächt, etwa der Zugang zu Schadensersatz als verbindliches Element
der Haftung.
16 Dec 2024
## LINKS
[1] https://www.ohchr.org/en/hr-bodies/hrc/wg-trans-corp/session10
[2] https://www.cidse.org/?event=caring-for-our-common-home
[3] /EU-Lieferkettengesetz-beschlossen/!6012619
[4] /UN-Lieferkettengesetz-fuer-Unternehmen/!5968796
## AUTOREN
Leila van Rinsum
## TAGS
Lieferketten
Menschenrechte
Unternehmen
Vereinte Nationen
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