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# taz.de -- USA nach Trump-Wiederwahl: Das Diversity-Drama
> Seit der Wiederwahl Trumps werden Diversity-Programme in den USA gekippt.
> Was zunächst gruselig klingt, ist tatsächlich eine Chance.
Bild: MAGA-Merch bei der New Yorck Stock Exchange am US-Wahltag 2024
Obwohl Donald Trump erst in vier Wochen ins Weiße Haus einzieht, wirft er
seinen Schatten voraus. Ein konservativ dominiertes
US-[1][Bundesberufungsgericht entschied] vergangenen Mittwoch gegen den
Plan der Technologiebörse Nasdaq, der Diversität fördern soll: Nasdaq darf
nun also nicht verlangen, dass in den Vorständen der 3.300 dort notierten
Unternehmen je eine Frau und je eine Person aus einer Minderheit sitzt.
Projekt 2025, das Mega-MAGA-Projekt der Republikaner, scheint bereits zu
funktionieren. Auch andere US-Firmen machen bei Projekt 2025 schon von
alleine mit, und zwar nicht unbedingt aus vorauseilendem Gehorsam.
Zwischen den Anhängern einer leistungsbezogenen Gesellschaft, der
Meritokratie – abgekürzt durch MEI (Merit, Excellence, Individuality) – und
den Verfechtern der Inklusion – DEI (Diversity, Equity, Inclusion) –
herrscht Krieg. Mit dem Urteil des Gerichts haben die MEI-Anhänger einen
Sieg errungen. Und das ist auch gut so.
Diese Kehrtwende, ganz egal, was die wahren Beweggründe sind, stellt keine
Krise dar, sondern eine Chance. Denn eine nachhaltige Förderung der
Vielfalt kann es nur geben, wenn man die Stützräder ablegt und
Leistungssteigerung anstrebt.
## Zurück in die 1950er?
Dass sich immer mehr Unternehmen von DEI verabschieden, [2][beweist auch
Walmart], mit zwei Millionen Mitarbeitenden der größte Privatarbeitgeber
der Welt. Noch vor vier Jahren galt der Einzelhandelskonzern als
Hoffnungsträger für Progressive. Nach der Ermordung von George Floyd
gründete Walmart mit einem Einsatz von 100 Millionen US-Dollar das Center
for Racial Equity, mit der erklärten Absicht, gegen strukturelle
Diskriminierung anzukämpfen.
[3][Es hieß damals], man wolle „eine Kultur der Zugehörigkeit schaffen, in
der sich alle unsere Mitarbeitenden gesehen, unterstützt und in der Lage
fühlen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen“. Das einst als
zukunftsorientiert gefeierte Programm ist seit Ende November Geschichte.
Andere Platzhirsche wie Ford, Boeing und Harley-Davidson leisten Folge.
Auch ohne Gerichtsbeschlüsse sehen sie in den Wahlergebnissen einen Wunsch
seitens immer mehr Amerikaner:innen, das Experiment DEI zu beenden.
Progressive befürchten, die Ablehnung von DEI-Regelungen sei eine Rückkehr
in die 1950er Jahre, ein Jahrzehnt des Booms und der Bigotterie.
Patriarchale Strukturen führten dazu, dass weiße Männer systematisch
bevorzugt wurden. Ihre auch nur durchschnittlichen Leistungen galten als
Erfolgsmaßstab.
## White Male Mediocrity
Durch die institutionelle Benachteiligung anderer Gruppen wurde white male
mediocrity zur gesellschaftlichen Norm. Das Potenzial für wahre Exzellenz
wurde nicht ausgeschöpft, da die Lebenserfahrungen und Talente von
ethnischen Minderheiten, Frauen, queeren Menschen und sozial
Marginalisierten nicht zur Geltung kamen.
Gerade jene durchhaltestarken Gruppen, die unter widrigen Umständen zweimal
so viel leisten und aushalten mussten wie weiße Männer, wurden
ausgeklammert. Ähnliche Umstände gibt es auch heute – DEI-Regelungen
sollten dem eigentlich entgegenwirken.
Doch die letzten Jahre haben gezeigt, dass die DEI-Bewegung nicht imstande
ist, ihre Ziele überzeugend umzusetzen. Viele Ansätze verheddern sich in
weltfremden Diskursen über Dekolonialisierung. Bei der Förderung
benachteiligter Menschen liegt der Fokus zu stark auf ihrer Opferrolle,
während man die Entwicklung marktfähiger Kompetenzen vernachlässigt.
## Mehr als nur ein Gütesiegel
Dazu dienen Minderheiten oft als Tokens oder Fensterschmuck. Auf dem Campus
schreibt man Inklusion groß, lässt aber zu, dass jüdische Studierende
antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt werden. DEI kann auch Rückschritt
bedeuten.
Die Herausforderung besteht darin, nicht zu verneinen, sondern zu vereinen:
Die entscheidende Frage ist also nicht, ob Leistung oder Diversität
wichtiger ist, sondern wie beide Aspekte miteinander harmonisieren können.
Eine Gesellschaft muss sich dafür einsetzen, dass alle Menschen gleiche
Chancen haben, ihr individuelles Potenzial zu entfalten, ohne
leistungsstärkere Mitglieder abzubremsen oder gar zum Feindbild zu
degradieren. Es geht schließlich nicht um ein Gütesiegel, sondern um ein
gutes Ziel.
16 Dec 2024
## LINKS
[1] https://abcnews.go.com/US/wireStory/us-appeals-court-rejects-nasdaqs-divers…
[2] https://www.forbes.com/sites/jackkelly/2024/11/27/walmart-pulls-back-on-dei…
[3] https://www.walmart.org/what-we-do/center-for-racial-equity
## AUTOREN
Michaela Dudley
## TAGS
US-Wahl 2024
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