# taz.de -- Autokonzern in der Krise: Volkswagen verkauft umstrittenes Werk in … | |
> Mit dem VW-Werk in Xinjiang verbanden sich seit Jahren Vorwürfe der | |
> Zwangsarbeit. Nun hat sich VW von dem Standort getrennt. Wie geht es dort | |
> weiter? | |
Bild: Volkswagen verkauft sein umstrittenes Werk in der Uiguren-Region Xinjiang | |
Peking dpa | Volkswagen zieht sich aus seinem umstrittenen Engagement in | |
der chinesischen [1][Uiguren]-Region Xinjiang zurück. Das Werk in Urumqi, | |
das mit dem chinesischen Staatskonzern Saic als Partner betrieben wurde, | |
sei verkauft worden, teilte der Volkswagen-Konzern am Mittwoch mit. Käufer | |
ist das chinesische Staatsunternehmen SMVIC, das im Gebrauchtwagengeschäft | |
tätig ist. | |
Der Standort Urumqi im Nordwesten Chinas war wegen | |
Menschenrechtsverletzungen an Mitgliedern der Uiguren-Minderheit lange in | |
der Kritik. Mit einer [2][Untersuchung ging VW den Vorwürfen nach]. | |
Volkswagen hatte das Werk zusammen mit dem Autobauer Saic als Joint Venture | |
betrieben. Als Grund für den Verkauf wurden wirtschaftliche Gründe genannt. | |
Über die Zukunft des Werks war monatelang verhandelt worden. Seit 2019 | |
werden in Xinjiang keine Autos mehr gebaut. | |
Die Wolfsburger verlängerten zugleich am Dienstag ihren Kooperationsvertrag | |
mit Saic um weitere zehn Jahre bis 2040. Zwischen dem Rückzug aus Xinjiang, | |
der vor wenigen Tagen besiegelt worden sei, und der Vertragsverlängerung | |
bestehe allerdings kein Zusammenhang, hieß es bei Volkswagen. | |
## Die Vorwürfe in Xinjiang | |
VW will in China eine neue Produktoffensive ab 2026 starten und bis Ende | |
der Dekade mit Saic 18 neue Modelle der Kernmarke Volkswagen und von Audi | |
auf den Markt bringen. Davon seien 15 exklusiv für den chinesischen Markt. | |
Bis 2030 will der VW-Konzern jährlich vier Millionen Autos verkaufen und so | |
in China auf einen Marktanteil von 15 Prozent kommen. Im vergangenen Jahr | |
lag der Anteil nach VW-Angaben bei 14,5 Prozent. | |
Volkswagen hatte das Werk in der Provinzhauptstadt Urumqi 2013 mit Saic | |
eröffnet – mit einer damals geplanten Vertragslaufzeit bis 2029. Laut VW | |
hatte Saic die Kontrollmehrheit an dem Standort, an dem einst Fahrzeuge | |
montiert wurden, um sie im Westen Chinas zu verkaufen. Doch der Markt war | |
schwächer als erwartet, das Vorhaben Markt scheiterte. | |
Stattdessen wurden in den vergangenen Jahren schwere Vorwürfe von | |
Menschenrechtsverletzungen durch Zwangsarbeit in dem Werk laut. In Xinjiang | |
leben viele Uiguren – eine muslimische Minderheit. Laut Menschenrechtlern | |
hatten Hunderttausende von ihnen über Jahre Unterdrückung erfahren, wurden | |
zur Arbeit gezwungen oder in Umerziehungslager gesteckt. China bestreitet | |
die Vorwürfe. | |
In der Region, aber auch anderen Teilen Chinas hatten unter anderem | |
Extremisten über Jahre tödliche Terroranschläge verübt. Ab 2014 hatte | |
Peking im rohstoffreichen Xinjiang schließlich hart gegen muslimische | |
Minderheiten durchgegriffen. | |
## Eine schwierige Aufarbeitung | |
VW hatte nach den Vorwürfen im Sommer 2023 ein Unternehmen beauftragt, die | |
Arbeitsbedingungen in dem Werk mit Blick auf die Vorwürfe zu untersuchen. | |
Im Dezember teilte die Prüfer mit, man habe keine Hinweise auf oder Belege | |
für Zwangsarbeit bei den Mitarbeitenden finden können. Kritiker | |
bemängelten, die Anonymität der befragten Mitarbeiter in der Untersuchung | |
sei nicht ausreichend geschützt worden. | |
Im Februar erklärte Volkswagen schließlich, mit Saic über die künftige | |
Ausrichtung der Geschäftsaktivitäten in Xinjiang in Gesprächen zu sein. | |
Doch der Rückzug aus der Provinz gestaltete sich schwierig, da auch Saic | |
dem zustimmen musste. | |
## Die Partner von VW in China | |
Volkswagen gründete bereits in den 80er Jahren ein Joint Venture mit der | |
Shanghai Automotive Industry Corporation (Saic). Dieses Joint Venture legte | |
den Grundstein für Volkswagens Expansion in den chinesischen Markt. Später | |
folgte die Gründung eines weiteren Joint Ventures mit der China First | |
Automobile Works (FAW). Im Jahr 2017 gründete VW zudem ein Joint Venture | |
mit der Anhui Jianghuai Automobile (JAC). Dieses Unternehmen konzentrierte | |
sich auf die Entwicklung und Produktion von Elektrofahrzeugen. Zudem hat | |
Volkswagen eine strategische Partnerschaft mit dem chinesischen | |
Elektrofahrzeughersteller Xpeng geschlossen. | |
Lange Zeit mussten ausländische Autobauer in China ihre Fahrzeuge | |
ausschließlich über Gemeinschaftsunternehmen mit lokalen Partnern | |
produzieren. Diese Regelung ermöglichte es, Zugang zum riesigen | |
chinesischen Markt zu erhalten, führte jedoch auch zu Technologietransfers. | |
In den vergangenen Jahren begann Peking, die Regelungen zu lockern, bis die | |
Restriktionen 2022 schließlich komplett aufgehoben wurden. Volkswagen hielt | |
dennoch an seinen chinesischen Partnern fest. Insgesamt betreibt der | |
VW-Konzern nun ohne Urumqi 38 Fabriken in der Volksrepublik. | |
## Wer übernimmt das Xinjiang-Werk? | |
Der Käufer des Werkes in Urumqi sowie der beiden Teststrecken in Turpan und | |
Anting mit seinen verblieben etwas mehr als 170 Mitarbeitern ist ein | |
Staatsbetrieb aus Schanghai. Der neue Besitzer habe die Übernahme der | |
verbliebenen Angestellten zugesichert, hieß es. | |
VW hatte das Werk auch wegen des schwachen Fahrzeugmarkts in der Gegend und | |
wegen der Coronapandemie Probleme bereitet. Schon seit 2019 wurden dort | |
keine Autos mehr produziert. Zuletzt kümmerte sich die Belegschaft, von der | |
laut älteren VW-Angaben knapp ein Viertel einer ethnischen Minderheit | |
angehörten, um die technische Inbetriebnahme von Fahrzeugen wie den VW | |
Passat oder Lavida, also stellten etwa das Fahrwerk ein oder führten | |
weitere Prüfungen durch. Zu seinen Hochzeiten zwischen 2015 und 2019 hatte | |
das Werk laut VW-Angaben ungefähr 650 Beschäftigte. | |
## Weitere Werke möglicherweise auf dem Prüfstand | |
VW will über Xinjiang hinaus sein Produktionsnetz weiter anpassen, wie es | |
hieß. Die Standorte sollen für den Fokus auf die Elektrifizierung umgebaut | |
werden. Laut VW ist dies allerdings nicht für alle Werke möglich. In der | |
Vergangenheit hatte es bereits Gerüchte gegeben, VW könnte sich von seinem | |
Werk im ostchinesischen Nanjing trennen. | |
Zuletzt hatte sich deutlich gezeigt, dass VW in einer Krise steckt. In | |
Deutschland sorgen sich die Beschäftigten vor Werksschließungen oder | |
Kündigungen. Auch in China hat sich die Lage sichtlicher verschlechtert. | |
Das „Reich der Mitte“ garantierte den Wolfsburgern über Jahrzehnte | |
sprudelnde Gewinne. | |
Laut Experten versäumte der Konzern in China jedoch den Start der | |
E-Mobilität, hatte hohe Kosten bei schwacher Auslastung. VW zog mit eigens | |
für den chinesischen Markt gebauten Elektroautos nach, doch im erbitterten | |
Preiskampf der chinesischen Konkurrenz fahren Marken wie BYD oder Li Auto | |
bislang davon. 2025 wird laut Volkswagen deshalb noch schwierig. Ab 2026 | |
soll der Trend dann wieder nach oben zeigen. | |
27 Nov 2024 | |
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