# taz.de -- Björn Höcke bleibt in Thüringen: Keine Kandidatur für den Bunde… | |
> Der Anführer der völkischen Strömung kandidiert erneut nicht für den | |
> Bundestag. Das Kokettieren mit Berlin ist Teil von Höckes Inszenierung. | |
Bild: Hat Angst vor Berlin: der mehrfach für SA-Parolen verurteilte Björn Hö… | |
Berlin taz | Der Chef der AfD Thüringen und Kopf der völkischen Strömung | |
kandidiert erneut nicht für den Bundestag. Die letzten Wochen hat Höcke | |
laut Parteikreisen so ernsthaft überlegt wie noch nie, sich aber letztlich | |
gegen eine Kandidatur entschieden. Ein Bericht von [1][Stern und Ntv] deckt | |
sich mit Informationen der taz. Es ist nach 2017 und 2021 bereits das | |
dritte Mal, dass der 52-Jährige mit einer Kandidatur für den Bundestag | |
offen liebäugelt, dann aber wieder absagt. | |
Auch mit dem Parteivorsitz und einem Platz im Bundesvorstand hat der | |
[2][revisionistische Geschichtslehrer] bereits mehrfach kokettiert, sich | |
aber letztlich nie aus seinem stramm hinter ihm stehenden Landesverband | |
heraus getraut – auch weil er befürchtet, eine offene Auseinandersetzung | |
oder Kampfkandidatur um den Fraktionsvorstand im Bundestag zu verlieren. | |
Nicht zuletzt der Bundesvorstand und die designierte Spitzenkandidatin | |
Alice Weidel ist gegen ein Engagement Höckes in vorderster Reihe. Mit der | |
Absage von Höckes Kandidatur hat man in der Führungsebene der | |
autoritär-nationalradikalen Partei eine Sorge weniger. Weidel stimmte 2017 | |
noch für den Parteiausschluss Höckes, seit 2019 gibt es jedoch [3][eine Art | |
Burgfrieden zwischen den beiden], zuletzt traten sie auch gemeinsam auf. | |
Dennoch wäre die Kandidatur, mit der Höcke liebäugelte, ein Affront | |
gegenüber der Bundesvorsitzenden gewesen. Umso größer dürfte in der | |
Parteiführung die Erleichterung sein, dass ihr diese Auseinandersetzung | |
vorerst erspart bleibt. | |
Höckes Hadern mit der Bundesebene ist dabei auch ein Teil seiner | |
politischen Inszenierung. Überdeutlich zeigt das etwa der Propaganda-Film, | |
den Höcke von extrem rechten Medienaktivisten aus dem Umfeld der | |
Identitären Bewegung über sich selbst drehen ließ. Der langatmige und | |
klischeebeladene Streifen mit einer grausam-sphärischen Musikhinterlegung | |
trägt den Titel „Der lange Anlauf“. | |
## Barbarossalegende und Heilserzählung | |
Darin werden inszenierte Bilder aus Höckes Privatleben immer wieder mit | |
Aufnahmen des Barbarossa-Denkmals im Kyffhäusergebirge gegengeschnitten, wo | |
Höckes völkisch-nationalistischer „Flügel“ seine Jahrestreffen abgehalten | |
hat. Laut der spätestens seit der Romantik bekannten Barbarossa-Sage soll | |
der Staufer-Kaiser seit Jahrhunderten im Kyffhäuser-Berg schlafen und werde | |
eines Tages aufwachen, um das Reich zu retten und es wieder zu neuer | |
Herrlichkeit zu führen. | |
Versatzstücke davon passen wunderbar in Höckes apokalyptische und | |
rassistische Erzählungen vom Untergang Deutschlands. Höcke bezeichnete die | |
AfD mehrfach als „letzte friedliche Chance für unser geliebtes Vaterland.“ | |
Im Film bezeichnen Anhänger Höcke gleich als Auserwählten und Messias. Sein | |
Büroleiter relativierte daraufhin ein bisschen: „Er ist auch nur ein Mensch | |
– mit einer besonderen Gabe, aber nicht gottgleich.“ | |
Nun, der nicht gottgleiche Thüringer AfD-Chef wird jedenfalls – | |
Heilserzählung hin, Barbarossalegende her – weiter in Thüringen sein | |
Unwesen treiben. Tatsächlich hat Höcke dort nach seinem Wahlsieg bei den | |
Landtagswahlen und einer Sperrminorität eine erhebliche Blockademacht, die | |
er bei jeder sich bietenden Gelegenheit anwenden wird. | |
## Möller statt Höcke | |
Weniger Einfluss hatte Höcke zuletzt auf Bundesebene, wie etwa beim letzten | |
Parteitag in Essen deutlich wurde, als von ihm vorgeschlagene Personalien | |
deutlich abgelehnt wurden. Strippen zieht in der Partei mittlerweile | |
federführend ein Netzwerk junger Karrieristen um den | |
Vize-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Sebastian Münzenmaier. Sie scharen | |
sich hinter der bereits beschlossenen Spitzenkandidatur von Weidel. Sie | |
sind nicht weniger radikal, wollen der Partei aber eine professionellere | |
Außenwirkung verpassen. Höckes Hang zu völkischem Pathos, | |
[4][Wutausbrüchen] und dem uneingeschränkten Führungsanspruch sieht man | |
dort durchaus kritisch – auch wenn man im freundlichen Austausch mit den | |
Thüringern ist. | |
Höckes Co-Landeschef Stefan Möller aus Thüringen bestätigte der taz | |
unterdessen, dass er in den Bundestag einziehen wolle. Er dürfte damit der | |
Statthalter von Höcke im Bundestag werden. Ob er für den ersten Listenplatz | |
antreten wollen, werde noch intern geklärt. Den hatte bislang der | |
Bundes-Vizesprecher Stephan Brandner inne, der wohl ebenfalls wieder | |
antreten wird. | |
Möllers Kandidatur zieht wohl auch eine Personalrochade nach sich – statt | |
des bisher für die Organisation zuständigen Co-Sprechers Möller soll | |
künftig ein Generalsekretär in Thüringen die Parteiangelegenheiten regeln. | |
Möller bestätigte der taz dahingehende Überlegungen. Für die Position wird | |
der neue Thüringer Landtagsabgeordnete Daniel Haseloff gehandelt, der | |
ehemalige Büroleiter von Möller. Der gelernte Fliesenleger gehört zum | |
inneren Zirkel von Höcke. | |
Eine Anfrage nach einer offiziellen Bestätigung seiner erneuten Absage an | |
eine Bundestagskandidatur ließ Höckes Büroleiter bislang unbeantwortet. | |
26 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.n-tv.de/politik/Bjoern-Hoecke-verzichtet-auf-Bundestagskandidat… | |
[2] https://www.welt.de/politik/deutschland/article254660516/AfD-Hoecke-lobt-Ar… | |
[3] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-bjoern-hoecke-fluegel-und-al… | |
[4] https://www.youtube.com/watch?v=YfTo4jgPveE | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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