| # taz.de -- Anschlag in Afghanistan: Taliban-Minister in Kabul getötet | |
| > Khalil Haqqani war eine zentrale Figur des Regimes. Die Taliban zeigen | |
| > auf den IS, doch der Anschlag könnte eine Warnung aus den eigenen Reihen | |
| > sein. | |
| Bild: Wurde bei einem Bombenattentat getötet: der Minister für Flüchtlinge u… | |
| Berlin taz | Bei einem Bombenanschlag in Kabul ist mit Flüchtlings- und | |
| Rückkehrminister Khalil ur-Rahman Haqqani eine zentrale Figur des | |
| [1][Taliban]-Regimes getötet worden. Augenzeugen zufolge verließ er nach | |
| dem Mittagsgebet die Moschee auf dem Gelände seines Ministeriums, als ein | |
| Selbstmordattentäter auf ihn zurannte und sich in die Luft sprengte. Er | |
| tötete Haqqani zusammen mit drei seiner Leibwächter. Vier weitere Personen | |
| sollen verletzt worden sein. | |
| Bisher übernahm niemand die Verantwortung für den Anschlag. Eine der | |
| bewaffneten Anti-Taliban-Gruppen distanzierte sich sogar davon. Daud | |
| Nadschi, Chef des politischen Flügels der Freiheitsfront [2][Afghanistans], | |
| erklärte laut einem exilafghanischen Medium, seine Organisation führe keine | |
| Mordanschläge auf Gegner durch. | |
| Das Taliban-Innenministerium bestätigte den Anschlag inzwischen. Es schrieb | |
| die Verantwortung sogenannten „Chawaridsch“ zu. „Chawaridsch“ kann | |
| übersetzt werden mit „die den Islam verlassen“. Die Taliban verwenden | |
| diesen Begriff für ihren einheimischen Hauptfeind, den lokalen Arm des | |
| weltweit agierenden Islamischen Staates, den ISKP. | |
| Haqqani ist das bisher höchstrangige Regimemitglied, das seit der | |
| Machtübernahme im August 2021 von Gegnern getötet wurde. Zuvor tötete im | |
| März 2023 ein Selbstmordattentäter einen Provinzgouverneur in seinem Büro. | |
| ## Mudschahedin-Führer gegen die Linke | |
| Im Dezember 2022 fiel ein Provinzpolizeichef in seinem Auto einer | |
| Sprengfalle zum Opfer. Beide Anschläge ereigneten sich in Nordafghanistan, | |
| wo verschiedene Anti-Taliban-Gruppen aktiv sind. Für den ersten Anschlag | |
| hatte ISKP sich verantwortlich erklärt. | |
| Haqqani stammt aus der gleichnamigen prominenten Familie von | |
| Mudschahedin-Führern, die seit Beginn der 1970er Jahre bewaffnet gegen die | |
| afghanische Linke und später gegen deren Regime sowie dessen sowjetische | |
| Unterstützer kämpften. 1966 in der Provinz Paktia im Südosten des Landes | |
| geboren, schloss Haqqani sich einer anti-sowjetischen Organisation an, die | |
| sein älterer Bruder Dschalaluddin Haqqani mitbegründet hatte. | |
| Nach ihrem Anschluss an die Taliban-Bewegung Mitte der 1990er Jahre wurde | |
| sie als „Haqqani-Netzwerk“ bekannt. Das agierte innerhalb der Taliban | |
| weitgehend autonom, mit der Hauptstadt Kabul als einem Schwerpunkt. | |
| Das US-Militär und die von ihm gestützte afghanische Regierung nach 2001 | |
| machten das Haqqani-Netzwerk für eine Reihe schwerer Anschläge | |
| verantwortlich. Die US-Regierung stuft das Haqqani-Netzwerk als | |
| „terroristische Organisation“ und Khalil Haqqani seit 2011 als „globalen | |
| Terroristen“ ein. | |
| ## Immer mit M16 unterwegs | |
| Unmittelbar nach der Taliban-Machtübernahme war Haqqani, der selbst bei | |
| offiziellen Terminen immer ein automatisches M16-Gewehr aus US-Produktion | |
| bei sich trug, zunächst für die Sicherheit Kabuls verantwortlich. | |
| Im September wurde er im ersten Taliban-Kabinett Flüchtlingsminister, ein | |
| nicht sehr wichtiger Posten. Sein Neffe Seradschuddin Haqqani, jetziger | |
| Anführer des Familiennetzwerks, bekleidet als Innenminister aber eine der | |
| Machtpositionen im Regime. Wegen seiner wiederholten Kritik an den | |
| [3][Bildungsverboten für Mädchen und Frauen] gilt Seradschuddin Haqqani bei | |
| westlichen Regierungen inzwischen aber sogar als möglicher | |
| Gesprächspartner. | |
| Sie hoffen, das Regime schrittweise von seiner menschen- und | |
| frauenrechtsfeindlichen Politik abbringen zu können. Afghanische | |
| Oppositionelle wie Nadschi sehen diesen internen Streit sogar als mögliches | |
| Motiv für den Anschlag, als mögliche Warnung an den mächtigen Neffen. | |
| 11 Dec 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Wohl-wegen-deutscher-Abschiebeplaene/!6047239 | |
| [2] /Aufnahmeprogramm-fuer-Afghanistan/!6051235 | |
| [3] /Frauenrechte-in-Afghanistan/!6050091 | |
| ## AUTOREN | |
| Thomas Ruttig | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Afghanistan | |
| Taliban | |
| „Islamischer Staat“ (IS) | |
| Anschlag | |
| Schwerpunkt Afghanistan | |
| Schwerpunkt Afghanistan | |
| Schwerpunkt Afghanistan | |
| Schwerpunkt Syrien | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Spannungen in Südasien: Afghanistan greift Pakistan an | |
| Erst bombardiert Pakistan in Afghanistan pakistanische Taliban. Dann | |
| schlägt Afghanistans Taliban-Regierung zurück. Die Beziehungen erreichen | |
| einen Tiefstand. | |
| Merkel zum Afghanistan-Abzug: „Ein furchtbares Scheitern“ | |
| Mit deutlichen Worten: Angela Merkel hat im | |
| Afghanistan-Untersuchungsausschuss zum übereilten Abzug ausgesagt. Und vor | |
| allem Kritik an den USA geübt. | |
| Frauenrechte in Afghanistan: Bildungsverbot für Frauen wird strenger | |
| Afghanistans Taliban schließen auch medizinische Lehreinrichtungen für | |
| Frauen. Damit erlischt eine der letzten Möglichkeiten zur Hochschulbildung. | |
| Die HTS in Syrien: Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe | |
| Dschihadistische Terrorgruppe oder gemäßigte Rebellenmiliz? Was ist das für | |
| eine Gruppe, die Aleppo in einem Überraschungsangriff eingenommen hat? |