# taz.de -- Weltklimagipfel geht in die Verlängerung: 250-Milliarden-Dollar-Ko… | |
> Die Verhandlungen sind zäh: Es geht ums Geld. Wie viel müssen reiche | |
> Länder armen Ländern in Zukunft für Klimaschutz und -anpassung zahlen? | |
Bild: Endzeitstimmung – auch beim Mobiliar: Das lässt Aserbaidschan schon ma… | |
Baku taz | Um sechs Uhr am Freitagabend hätte die [1][Weltklimakonferenz] | |
in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku vorbei sein sollen – aber noch | |
fetzen sich die Staaten in den Verhandlungen, wohl mindestens noch über die | |
Nacht hinweg. Ein [2][zweiter Entwurf] der aserbaidschanischen | |
Gipfelpräsidentschaft für einen gemeinsamen Beschluss der Staaten sorgt bei | |
vielen armen Ländern und Klimaaktivist*innen für Empörung. | |
Der größte Streitpunkt: ein neues [3][globales Ziel für die | |
Klimafinanzierung]. Das sind die Hilfsgelder für Klimaschutz und | |
Klimaanpassung in armen Ländern, zu deren Zahlung sich die Industrieländer | |
verpflichtet haben. Aktuell liegt der vereinbarte Betrag bei insgesamt 100 | |
Milliarden US-Dollar pro Jahr, ab 2025 soll der Betrag deutlich höher | |
ausfallen – aber um wie viel? | |
Im neuen Entwurf ist die Rede davon, die Klimafinanzierung bis 2035 auf 250 | |
Milliarden US-Dollar pro Jahr anwachsen zu lassen. Die Entwicklungsländer | |
fordern für die Zeitspanne von 2025 bis 2035 die jährliche Zahlung von 1,3 | |
Billionen US-Dollar. | |
Auch diese Zahl findet sich im aktuellen Entwurf, allerdings nicht als | |
Verpflichtung. Die Weltklimakonferenz „ersucht“ demnach die Staaten, ein | |
entsprechendes Anwachsen der Mittel aus öffentlichen wie privaten Quellen | |
zu ermöglichen. Das ist unverbindlich, aber wohl als Kompromiss erwähnt. | |
## „Das wird dem Bedarf in keiner Weise gerecht“ | |
Der Entwurf geht in anderer Hinsicht auf Staaten wie die EU-Länder zu: Er | |
nennt nicht die Industriestaaten als alleinverantwortlich für die 250 | |
Milliarden US-Dollar. Stattdessen heißt es, sie sollten bei der Zahlung | |
„die Führung übernehmen“ – was auch andere Zahlende impliziert. | |
Das richtet sich in erster Linie an mittlerweile wohlhabende und | |
CO2-intensive Länder wie China oder die Golf-Staaten, die laut | |
Klimarahmenkonvention von 1992 keine Industrieländer sind – und damit | |
bisher nicht zur Zahlung von Klimafinanzierung verpflichtet. Viele | |
Industrieländer wollen, dass sich das ändert. | |
Jan Kowalzig, Referent für Klimawandel und Klimapolitik bei der | |
Hilfsorganisation Oxfam, bewertet die Summe von 250 Milliarden US-Dollar | |
als unzureichend. „Das wird dem wachsenden Bedarf der einkommensschwachen | |
Länder in keiner Weise gerecht“, so der Experte. „Dieser Entwurf ist | |
inakzeptabel.“ Auch David Ryfisch, Experte für Klimafinanzierung bei | |
Germanwatch, sieht diese Summe noch als nicht beschlussfähig. Es gebe genug | |
Berechnungsmodelle, die zeigen, dass „bequem noch mehr möglich ist.“ | |
Nach einer UN-Auswertung aller nationalen Klimapläne brauchen die | |
Entwicklungsländer bis 2030 zwischen 215 und 387 Milliarden US-Dollar für | |
die Anpassung an die Folgen der Klimakrise und sogar 5,1 und 6,8 Billionen | |
US-Dollar für Klimaschutz. Allein letzteres würde pro Jahr schon 455 bis | |
584 Milliarden pro Jahr bedeuten. | |
Die Lücke zwischen dem Klimafinanzierungsziel im aktuellen Entwurf und dem | |
eigentlichen Bedarf sei so groß, meint Christoph Bals von der | |
Umweltorganisation Germanwatch, „dass wichtige Gruppen der | |
Entwicklungsländer diesen Entwurf so nicht akzeptieren werden.“ Er | |
befürchtet, dass ein niedriges Finanzierungsziel genutzt werden könne, um | |
auch Klimaziele abzuschwächen – wenn arme Länder nämlich argumentierten, | |
dass für eine stärkere Emissionsreduktion das Geld nicht reiche. | |
## Nur vage bei Schadensersatzzahlungen | |
Kontrovers sind bei den Klimaverhandlungen auch regelmäßig Zahlungen für | |
Verluste und Schäden durch die Klimakrise, also etwa für den Wiederaufbau | |
nach Naturkatastrophen. Arme Länder können die Kosten oft nicht stemmen und | |
müssen sich hoch verschulden. Reiche Länder befürchten, dass | |
Schadensersatzzahlungen wie ein Schuldeingeständnis für die Verursachung | |
der Klimakrise gewertet werden könnten – und eine Haftung nach sich ziehen. | |
In den vergangenen Jahren gab es in dem Punkt Fortschritte, es wurde etwa | |
[4][ein erster Fonds für Schäden und Verluste eingerichtet], wenn auch nur | |
schwach gefüllt. Im aktuellen Entwurf für einen Beschluss in Baku wird für | |
diesen Zweck keine konkrete Zielsumme genannt. Es wird lediglich ein Bedarf | |
grundsätzlich anerkannt, besonders für die ärmsten Länder und die kleinen | |
Inselstaaten. | |
Das dürfte den entsprechenden Delegationen nicht annähernd reichen, | |
vermuten Beobachter*innen. „Wenn das so beschlossen wird, wäre das ein | |
Schlag ins Gesicht von Millionen Menschen in den besonders gefährdeten | |
Ländern, denen der Klimawandel die Lebensgrundlagen immer weiter entzieht“, | |
meint Jan Kowalzig von Oxfam. | |
22 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] /COP29-Klimakonferenz-in-Baku/!t5995869 | |
[2] https://unfccc.int/sites/default/files/resource/NCQG_2.pdf?download | |
[3] /Staatssekretaer-Flasbarth-zur-COP-in-Baku/!6050783 | |
[4] /Klimagipfel-COP-27-in-Aegypten-endet/!5896214 | |
## AUTOREN | |
Annika Reiß | |
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