| # taz.de -- Ukrainisches Philharmonieorchester tourt: Leicht und düster zuglei… | |
| > „Memento Odesa“, ein Tourprojekt des Philharmonieorchesters der | |
| > ukrainischen Hafenstadt mit dem Berliner Trompeter Sebastian Studnitzky, | |
| > rüttelt auf. | |
| Bild: Das Philharmonieorchester in Aktion | |
| Vor wenigen Tagen wurde sie erneut angegriffen. Diesmal wurde die | |
| Millionenstadt Odessa am Schwarzen Meer durch einen russischen Großangriff | |
| mit ballistischen Raketen getroffen – es gab mindestens zehn Tote und | |
| Dutzende Verletzte, zahlreiche Gebäude wurden beschädigt. | |
| An die ukrainische Hafenstadt zu denken, die Menschen dort zu unterstützen, | |
| das ist es, was der Berliner Jazzmusiker Sebastian Studnitzky mit seinem | |
| musikalischen Projekt „Memento Odesa“ bezwecken möchte. | |
| Der taz sagt er: „Die meisten Leute kennen den Krieg in der Ukraine nur aus | |
| den Nachrichten. Im letzten Jahr setzte bereits eine gewisse Müdigkeit in | |
| der Öffentlichkeit ein. Deswegen möchten wir den Krieg auf emotionale Weise | |
| zum Thema machen.“ | |
| ## Arbeit und kreativer Sonnenschein | |
| Seine Idee sei es zugleich gewesen, den ukrainischen Musiker:Innen | |
| „Arbeit und kreativen Sonnenschein zu verschaffen“. Studnitzky ist | |
| Multiinstrumentalist, lehrt Jazztrompete an der Musikhochschule Dresden, | |
| gründete und leitet das Festival XJazz! in Berlin. Der 52-Jährige hat viele | |
| ukrainische Bekannte. | |
| Schon vor Kriegsbeginn wollte er eine Ausgabe des Jazzfestivals in Odessa | |
| veranstalten. Die Coronapandemie machte diese Pläne zunichte. Seit | |
| Kriegsbeginn im Februar 2022 lädt Studnitzky gezielt Künstler:innen aus | |
| der Ukraine zum XJazz! Festival ein. [1][So auch die Sängerin und | |
| Veranstalterin Anastasiia Pokaz, die vor den ständigen Angriffen aus Odessa | |
| floh] und inzwischen im Festivalteam mitarbeitet. | |
| Pokaz war es auch, die Studnitzky eine Zusammenarbeit mit dem | |
| Philharmonischen Orchester in Odessa vorschlug. Nun wirkt sie als | |
| Projektkoordinatorin an „Memento Odesa“ mit. „Ich möchte den Menschen du… | |
| die Musik zeigen, wie schön die Stadt ist“, sagt sie der taz. | |
| ## Konzertmitschnitt und Studioaufnahmen | |
| Die ersten drei Songs auf dem Album „Memento Odesa“ sind Eigenkompositionen | |
| von Studnitzky und wurden im Juli 2023 mit dem Odesa Philharmonic Orchestra | |
| unter der Leitung des Dirigenten Volodymyr Dikiy aufgenommen. Neben den im | |
| Studio entstandenen Songs sind auch Live-Aufnahmen von einem Konzert in der | |
| Berliner Gedächtniskirche im Frühjahr 2024 ins Album eingeflossen. | |
| Den Auftakt macht der Titelsong „Memento“. Darin prominent ein Klavier, das | |
| eine eingängige Melodie vorgibt, deren erbauliche Hookline von den | |
| Streichern des Orchesters übernommen wird. [2][Klassik, gesprenkelt mit | |
| verspielten Jazzelementen]. | |
| Das Stück „Melody“ stammt von dem bekannten ukrainischen Komponisten | |
| Myroslav Skoryk, das Finale „Voices“ vom Pianisten Andrii Pokaz – die | |
| übrigen Stücke sind aus der Feder von Studnitzky. Alle neun Tracks eint, | |
| dass sie eine dem Krieg diametral entgegenstehende Leichtigkeit und | |
| Schönheit versprühen – Lebensfreude in düsteren Zeiten, auch wenn kein Ende | |
| dessen in Sicht scheint. | |
| ## Nicht vollzählig wegen Wehrpflicht | |
| Seit März 2024 gab es nach dem Beginn der Tour in Odessa insgesamt elf | |
| Konzerte von „Memento Odesa“ in Deutschland, gespielt vom Kammerorchester | |
| der Philharmonie. Das Orchester aus der Hafenstadt habe man nicht | |
| vollzählig nach Deutschland bringen können, da Musiker in der Ukraine wegen | |
| des Kriegszustands ebenso wenig ausreisen können wie andere Wehrpflichtige. | |
| Studnitzky bleibt beharrlich, nun steht die zweite Tour des Projekts an: | |
| „In einer Zeit, in der die Politik schlafwandelt und träge bei der | |
| Unterstützung ist, zeigen wenigstens wir, dass man relativ schnell etwas | |
| umsetzen kann. Das ist unsere Message.“ | |
| Der Künstler glaubt an die humanistische Wirkung der Musik: „Da ist ein | |
| Orchester auf der Bühne, das danach wieder zurück nach Odessa reist. Wenn | |
| man dann in den Nachrichten hört, dass es wieder Drohnenangriffe gab, hat | |
| man die Gesichter dazu und reagiert dadurch vielleicht empathischer.“ | |
| Einnahmen der Tour werden an Hilfsorganisationen in der Ukraine gespendet – | |
| etwa an die Organisation Children of Heroes, die Kriegswaisen hilft. | |
| Studnitzky berichtet, man plane, weiterhin aufzutreten und Geld zu sammeln. | |
| Er äußert sogar Zukunftsvisionen für friedliche Zeiten: „Ziel ist es, | |
| irgendwann, wenn der Krieg vorbei ist, tatsächlich unser Festival in Odessa | |
| zu veranstalten, womit ja eigentlich alles angefangen hat.“ | |
| 22 Nov 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Yelizaveta Landenberger | |
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