# taz.de -- Alice Weidel bei Schweizer „Weltwoche“: Kolumne zuerst! | |
> Alice Weidel wird Kolumnistin bei der Schweizer „Weltwoche“. Unser Autor | |
> Uli Hannemann hat schon mal vorgelegt, was dabei herauskommen kann. | |
Bild: Neue „Weltwoche“ Kolumnistin: Alice Weidel | |
Liebe Leser, | |
dies ist nun tatsächlich die erste Folge meiner neuen Kolumne. Unglaublich, | |
nicht wahr? Ich hatte die Einladung zu meinem Mitwirken am „Politischen | |
Tagebuch“ zunächst für einen Irrtum gehalten und eine Verwechslung mit dem | |
ADAC vermutet. Aber nein, dann lud [1][mein lieber und kluger Freund Roger] | |
doch mich ein, für seine Weltwoche zu schreiben. | |
Dem komme ich nur zu gerne nach. Denn Weltwoche klingt zwar im ersten | |
Moment unangenehm globalistisch und weltoffen, doch zum Glück ist der Titel | |
offenbar ironisch gemeint. Was draußen drauf steht, ist gar nicht drin. | |
Darin verhält es sich mit dieser Perle der Zeitungskunst ähnlich wie mit | |
dem „Falschen Hasen“, meinem Lieblingsgericht aus gemischtem Hack, in dem | |
ja ebenfalls kein Hase enthalten ist. Ich hoffe, ich habe mich verständlich | |
ausgedrückt. | |
Stattdessen sind wir uns einig in einem gesunden Isolationismus. [2][Weiß | |
und völkisch] sollte dieser sein, nur meine Frau und Ahmad Mansour dürfen | |
bleiben. Da nicht alle Obstsorten und Autoteile in Deutschland gedeihen, | |
lässt sich ein beschränkter Resthandel mit der Achse der Vernünftigen – | |
Nordkorea, Indien, Südafrika etc. – nicht vermeiden, natürlich nur in den | |
Grenzen des Allernötigsten: Peitschen aus dem Iran, frische Klabusterbeeren | |
aus Russland und Abblendlichter aus China. | |
Dass es nun ausgerechnet [3][eine Schweizer Wochenzeitung] ist, für die ich | |
meine Kolumne schreibe, ist nur folgerichtig. Ist doch die Schweiz das Land | |
meiner Wahl, auch wenn ich Steuern natürlich in Deutschland bezahle – das | |
möchte ich (und habe ich etwa jemals gelogen?) hier noch einmal in aller | |
Entschiedenheit feststellen: Bei jeder Kugel Eis, bei jeder Flasche Sekt, | |
die ich im kleinen Grenzverkehr erwerbe, weil in Deutschland alles so viel | |
billiger ist, wird schließlich deutsche Mehrwertsteuer fällig, von der dann | |
wieder deutsche Autobahnen gebaut werden können. | |
## Gesunde Ablehnung des Fremden | |
Darauf, dass beispielsweise jemand von der Süddeutschen Zeitung auf mich | |
zuträte und mir anböte, das „Streiflicht“ zu schreiben, könnte ich hinge… | |
lange warten. Das Canceln ist dort praktisch zum Volkssport geworden. Doch | |
während man in Deutschland schon lange nichts mehr sagen darf, es sei denn | |
man sympathisiert mit Kopftuchmännern und Messermädchen, wird in der | |
Schweiz die Meinungsfreiheit noch hochgehalten. Dabei sind unsere beiden | |
Länder einander doch eigentlich so ähnlich. Denn vieles, was laut den | |
rotgrünqueerurbanversifften Vaterlandsverrätern an Deutschland angeblich so | |
negativ sein soll, finden wir in der kleineren Schweiz in entsprechend | |
konzentrierter Form wieder: die gesunde Ablehnung des Fremden, diese | |
erfrischende Mischung aus Gier, Geiz, Kleinlichkeit, Bürokratie, | |
Humorlosigkeit, Engstirnigkeit und herrlich gnadenloser Empathiearmut, die | |
ich so sehr liebe und gerade in den Metropolen meiner ersten Heimat | |
zunehmend vermisse. | |
In meiner Wahlheimat gibt es all das hingegen oft noch unverfälscht (nur | |
Basel und Zürich müssen aufpassen, dass sie nicht auf die schiefe Bahn nach | |
Wokistan geraten), auch schützt hierzulande noch kein unsinniges | |
Züchtigungsverbot die Kinder vor einer lehrreichen und konstruktiven | |
Abreibung. Das hält die Moral auch in zukünftigen Generationen verlässlich | |
hoch. | |
Gewalt besitzt ja per se fast nur positive Aspekte. Die Schweiz ist | |
mannhaft, wehrhaft, einzelhaft, fabelhaft. Jedes Schweizer Dixi-Klo verfügt | |
über seinen eigenen Bunker. Da passen alle Schweizer mehrmals rein, erst | |
recht, wenn man die Ausländer draußen lässt. So ist man gegen mögliche | |
Angriffe der USA oder der Ukraine gewappnet, während es in Deutschland | |
derart an Bunkern mangelt, dass als einziger Schutz oft nur der häusliche | |
Besprechungstisch aus schwerer Eiche bleibt. Und während im deutschen | |
Bundesqueer – wenn ich mir dieses kleine Bonmot an dieser Stelle mal | |
erlauben darf –, keine Flinte geradeaus schießt, haben in der Schweiz noch | |
viele Männer ihr Sturmgewehr zu Hause (Flüchtlingsgefahr!). Nur die Frauen | |
nicht, aber die haben ja ein Nudelholz und ganz, ganz spitze Stricknadeln. | |
Dabei soll es auch bleiben, denn der Anblick aggressiver, kinderloser | |
Mannweiber im Businesskostüm beleidigt die Natur und den gesunden | |
Menschenverstand. | |
Natürlich gibt es an Deutschland auch nach wie vor viel Gutes – da muss man | |
nicht lange suchen: die Burgen, die Schlösser, die Seen, deutscher | |
Apfelkuchen, ganz allgemein der Osten und unsere ruhmreiche Vergangenheit. | |
Hach, Vergangenheit. Wäre sie doch nicht vergangen, dann müsste man sie nun | |
nicht mühsam restaurieren. Das eiserne Dampfross, der „Braune Bär“ im | |
Schwimmbad, der Schwulenparagraph: Wird es uns, der Front der Normalen, | |
gelingen, all das Gute eines Tages wiederherzustellen? Mit diesen | |
nachdenklichen Worten möchte ich Sie nun aus der ersten Folge meiner | |
Kolumne in den Tag hinaus entlassen. Draußen vor dem Fenster meiner | |
Schreibstube blaut auch schon der Morgen. Bald geht im Osten (wo auch | |
sonst?) die Sonne auf. Bleiben Sie stark. | |
Ganz liebe Grüße, Ihre Alice | |
29 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Uli Hannemann | |
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