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# taz.de -- Israel und Hisbollah: Waffenruhe tritt in Kraft
> Bis kurz vor Beginn der Waffenruhe liefern sich beide Kriegsparteien
> weiter heftigen Beschuss. Ein internationales Komitee unter US-Führung
> soll die Umsetzung des Deals nun überwachen.
Bild: Rauch über Nordisrael: Die Raketenschutzsysteme fangen die meisten Raket…
Berlin taz/dpa | Nach mehr als einem Jahr Krieg zwischen Israel und der
libanesischen Hisbollah-Miliz gilt seit dem frühen Morgen eine Waffenruhe.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu richtete eine Warnung an die vom
Erzfeind Iran unterstützte Miliz: „Die Dauer der Waffenruhe hängt davon ab,
was im Libanon geschieht.“ Die Feuerpause war von den USA und Frankreich
vermittelt worden, um auf Sicht eine „dauerhafte Einstellung der
Feindseligkeiten“ zu erreichen, wie US-Präsident Joe Biden sagte. Von der
Hisbollah selbst gab es zunächst keine Reaktion auf die Verkündung der
Waffenruhe.
Kurz nach Inkrafttreten der Feuerpause waren im Raum der libanesischen
Hauptstadt Beirut Freudenschüsse zu hören. Die ersten aus dem Süden des
Libanons geflohenen Menschen machten sich in Autos auf den Weg zurück in
Dörfer, wo keine israelischen Truppen stationiert sind. Ein israelischer
Militärsprecher hatte in arabischer Sprache auf X geschrieben, Bewohner von
Gegenden, für die es Aufforderungen zur Evakuierung gegeben habe, dürften
vorerst nicht in ihre Dörfer zurückkehren. „Mit dem Inkrafttreten der
Waffenruhe und ihren Bestimmungen zufolge werden (die israelischen
Streitkräfte) an Positionen im Süden des Libanon stationiert bleiben“,
schrieb der Sprecher.
Die israelische Luftwaffe flog bis kurz vor dem Inkrafttreten der
vereinbarten Kampfpause um 4.00 Uhr Ortszeit (3.00 Uhr MEZ) noch besonders
massive Angriffe auf Beirut und die südlichen Vororte der Stadt. Das
libanesische Gesundheitsministerium teilte mit, bei den Angriffen in
zentralen Vierteln von Beirut seien mindestens zehn Menschen getötet
worden.
Überall in der Hauptstadt waren schwere Explosionen zu hören, wie eine
Reporterin der Deutschen Presse-Agentur in der Nacht schilderte. Um 4.00
Uhr seien die Explosionen und das Donnern der Kampfflugzeuge dann
verstummt. Auch die Hisbollah hatte zuvor weiter Raketen auf den Norden
Israels abgefeuert, wo erneut die Sirenen heulten.
## Resolution des UN-Sicherheitsrats aus dem Jahr 2006
Bekannt ist über das Abkommen bisher: Die Kämpfe würden beendet, eine erste
Waffenruhe soll zwei Monate dauern. In dieser Zeit sollen sich die
israelischen Streitkräfte aus dem Libanon und die Hisbollah hinter den
Litani-Fluss zurückziehen. Die libanesische Armee würde im Südlibanon die
Kontrolle übernehmen. Auch die UN-Beobachtungsmission Unifil würde dort
weiter stationiert bleiben. Eine Pufferzone im Südlibanon, wie es sie bis
ins Jahr 2000 gab, soll nicht etabliert werden.
Im Prinzip soll damit endlich die UN-Sicherheitsratsresolution 1701 aus dem
Jahr 2006 umgesetzt werden. Über ihre Einhaltung soll in Folge des
Abkommens ein internationales Komitee, in dem unter anderem die USA und
Frankreich sitzen, wachen. Verteidigungsminister Israel Katz betonte, man
werde beim kleinsten Verstoß gegen das Abkommen intervenieren. Nach
Informationen der Times of Israel soll eine Vereinbarung mit den USA Israel
diese Möglichkeit zusichern.
Nach Angaben des israelischen TV-Senders Kanal 12 soll das Abkommen Israel
zugestehen, im Falle einer „direkten Bedrohung“ sogleich zurückzuschlagen.
Dazu sollen Aktionen der Hisbollah südlich des Litani, laut Kanal 12 aber
auch die Lieferung von Waffen gehören. Bei Verstößen der Hisbollah nördlich
des Litani-Flusses solle Israel hingegen das Komitee unter Führung der USA
informieren.
## Warum kommt ausgerechnet jetzt das Abkommen?
Warum das Abkommen wohl jetzt Wirklichkeit wird, dürfte mit dem Druck der
US-Regierung unter Biden kurz vor der Amtsübergabe an Donald Trump
zusammenhängen. Israels Befürchtung: Die Biden-Regierung könnte Israel in
ihren letzten Wochen im Amt mit einer Resolution im UN-Sicherheitsrat
„bestrafen“, so die israelische Zeitung Times of Israel. Außerdem wartet
Israel auf eine Lieferung von über 130 gepanzerten Bulldozern. Diese
Lieferungen halten die USA dem Medium Ynet zufolge zurück, weil sie für die
Zerstörung von Wohnhäusern im Gazastreifen verwendet werden.
In seiner Rede zum Abkommen erklärte Netanjahu: Einer der Hauptgründe für
die Waffenruhe sei, dass Israel so seine Vorräte an Waffen und Munition
wieder auffüllen könne. Und beschuldigte dafür durch die Blume auch die
Biden-Regierung: „Es ist kein Geheimnis: Es gibt massive Verzögerungen in
der Lieferung von Waffen und Munition. Diese Verzögerung wird sich bald
lösen“, so Netanjahu. Die USA wiesen die Vorwürfe zurück, außer einer
Lieferung von 2.000-Tonnen-Bomben halte man nichts zurück.
Nach Angaben des US-Senders CBS soll auch [1][der künftige US-Präsident
Donald Trump] über die Waffenstillstandspläne informiert sein und diese
billigen. Vor allem im Libanon hatte sich bei einigen die Sorge geregt,
dass das Abkommen nach dem Amtsantritt von Trump, der Israel gegenüber
besser gestimmt ist als die Biden-Regierung, am 20. Januar wieder hinfällig
sein könnte.
## Proteste gegen das Abkommen
Vor der Sitzung des Sicherheitskabinetts hatte sich Widerstand gegen das
Waffenstillstandsabkommen geregt – vor allem aus dem Norden. Mit führenden
politischen Kräften der Region traf Netanjahu sich am späteren Abend.
Auch von dem rechtsextremen Regierungsmitglied Itamar Ben-Gvir kommt
Kritik: „Ein historischer Fehler“ sei das Abkommen. Als Einziger stimmte er
im Sicherheitskabinett gegen das Abkommen, berichtet die Times of Israel.
Die zehn anderen Minister stimmten dafür. Davon, die Regierung aus Protest
zu verlassen, spricht der als hitzköpfig bekannte Minister für Innere
Sicherheit aber nicht. Auch Benny Gantz, Oppositionspolitiker und
Ex-Kriegskabinettsmitglied, sagt, der auf dem Tisch liegende Vorschlag sei
nur ein „halber Job“. Israel müsse weiter die Freiheit haben, gegen die
Hisbollah vorzugehen, betonte er.
## Heftige Kämpfe den ganzen Dienstag über
Von einem baldigen Waffenstillstand war den Tag über wenig zu spüren.
Stattdessen intensivieren sich die Kämpfe zwischen der Hisbollah im Libanon
und dem israelischen Militär. Beide Seiten befürchten, dass diese über
Nacht anhalten werden.
Allein am Dienstagnachmittag hatte das israelische Militär über die
sozialen Medien mehr als 20 Evakuierungsaufforderungen für Gebäude in den
südlichen Vororten Beiruts gesendet. Auch [2][die libanesische Hauptstadt
selbst wurde bombardiert]. So veröffentlicht das Militär
Evakuierungsaufforderung für Gebäude in Gegenden, in denen es im ganzen
Kriegsverlauf keine Angriffe gab – etwa den Geschäfts- und Ausgehbezirk
Hamra, wo auch die US-amerikanische Universität von Beirut liegt. Die
Angriffe sollen vor allem Filialen der Hisbollah-verbundenen Bank Qard
el-Hasan gegolten haben. Nach libanesischen Angaben wurden mindestens zehn
Menschen getötet.
Das israelische Militär hatte außerdem vermeldet, dass es im Südosten des
Libanon zum ersten Mal bis zum Litani-Fluss vorgedrungen sei, der dort in
etwa zehn Kilometern Entfernung zur Grenze verläuft. Hinter diesen Fluss,
der in seinem Verlauf zwischen zehn und 30 Kilometer von der Grenze
entfernt fließt, soll die Hisbollah sich zurückziehen – so sieht es Israel.
Auch Israel wurde heftig beschossen. Am Dienstagmorgen griff die
Hisbollah-Miliz nach eigenen Angaben eine Militärbasis auf den israelisch
annektierten Golanhöhen an. Am Vormittag vermeldete sie einen Angriff auf
ein Trainingscamp der Armee südlich der Stadt Naharija. Bereits am
Montagabend und auch am Dienstag heulten im Norden des Landes immer wieder
die Sirenen, mehrere Menschen wurden verletzt. Die Schulen im Norden
blieben am Dienstag zu – und sollen es am Mittwoch nach Informationen der
taz auch noch bleiben.
26 Nov 2024
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## AUTOREN
Lisa Schneider
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