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# taz.de -- Rassistischer Fragebogen in Rendsburg: Müll, Drogen, Migrationshin…
> Rendsburg will wissen, wie sicher sich Bürger:innen fühlen. Zwischen
> Müll und Wracks als Problem tauchen „Menschen mit Migrationshintergrund“
> auf.
Bild: Wie sicher fühlt man sich da unten? Blick von der Rendsburger Hochbrück…
Die [1][Kreisstadt Rendsburg] befragt ihre Bürger:innen, wie sicher sie
sich fühlen. Eine der Fragen nennt neben Müll, leerstehenden Gebäuden oder
„nichts tuenden Jugendlichen“ auch „zu viele Menschen mit
Migrationshintergrund“ als „Problem“. Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holst…
spricht von „demaskierender Fragestellung“. Aufgrund der taz-Anfrage solle
die Formulierung geändert werden, teilt das Innenministerium mit.
„Mir ist es wichtig, die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen bei der
Gestaltung unserer Stadt und der Verbesserung des Sicherheitsgefühls“,
sagte Bürgermeisterin Janet Sönnichsen (parteilos) bei der Veröffentlichung
des Fragebogens. Er wurde an 4.700 zufällig ausgewählte Personen geschickt
und [2][auf der Homepage der Stadt veröffentlicht], sodass alle
Interessierten mitmachen können.
Rund 30.000 Menschen leben in Rendsburg, für Schleswig-Holstein mit seiner
kleinteiligen Gemeindestruktur ist das eine größere Mittelstadt. Es gibt
einen Hafen am Nord-Ostsee-Kanal, der Bauernverband und die
Bibliothekszentrale haben ihre Sitze in der Stadt. Zu den größeren
Arbeitgebern gehören [3][die kriselnde Nobiskrüger Werft] und das
Diakonische Werk. Tourist:innen kommen, um sich die Schwebefähre unter
der Kanalbrücke anzuschauen. Kulturinteressierte pilgern zur Nord-Art in
der Nachbarstadt Büdelsdorf.
Doch es gibt Probleme, [4][unter anderem in Mastbrook], einem Stadtteil mit
überdurchschnittlich vielen „problembehafteten Familien mit
Sozialhilfebezug“, wie es im Behördensprech eines städtebaulichen Berichts
heißt. Ausgerechnet in Mastbrook schloss im Sommer 2023 ein Jugendtreff.
## Probleme mit Jugendlichen
Im selben Jahr vermeldet die lokale Landeszeitung vermehrt Überfälle oder
Prügeleien, [5][an denen Jugendliche beteiligt waren]. Insgesamt über 400
Taten, die Kindern, Jugendlichen oder Heranwachsenden zugeschrieben werden,
verzeichnete die Rendsburger Polizei für 2023. Landesweit haben laut
Polizeistatistik solche Taten zugenommen, Rendsburg liegt unter den
Mittelstädten auf dem ersten Platz.
Die Jugendgewalt-Statistik ist nur ein Grund unter mehreren, mal zu
„fragen, wo den Leuten der Schuh drückt“, sagt Rathaus-Sprecherin Dana
Frohbös. Hinter der Umfrage zum Sicherheitsgefühl steht der Kommunale
Präventionsrat der Stadt Rendsburg (KPR), einem Gremium, in dem
Beschäftigte der Stadtverwaltung mit Vertreter:innen von Amtsgericht,
Polizei, Schulen, Kitas, Jugendarbeit, Seniorenrat,
Behindertenbeauftragten, Sport und Vereinen wie dem Weißen Ring
zusammensitzen.
„Wir wollten nicht jedem Facebook-Post hinterherjagen oder Maßnahmen
anfangen, weil es grade Fördermittel gibt, sondern eine Basis haben, auf
der wir aufbauen können“, sagt Frohbös.
## Verantwortungslose Meinungsmache
Der Fragebogen fragt unter anderem nach eigenen Erlebnissen: „Wurde Ihnen
etwas gestohlen, wurde etwas beschädigt? Wie oft sehen Sie Streifenwagen?“
Neben den Fakten geht es um das Gefühl: „Schränken Sie Aktivitäten ein,
weil Sie Angst haben? Haben Sie Bedenken, Opfer einer Straftat zu werden?“
Dann kommt jene Frage, die „zu viele Menschen mit Migrationshintergrund“
gemeinsam mit „Müll, Autowracks, Haustürgeschäften“ als „Problem“
beschreibt. Es werden mehrere Personengruppen benannt, darunter „sich
langweilende Jugendliche“ und „Betrunkene“. Durch die Zusätze ist immerh…
benannt, warum sie ein „Problem“ darstellen könnten. Bei den „Menschen m…
Migrationshintergrund“ braucht es offenbar keinen weiteren Grund.
Die Art der Frage „bedient unverhohlen klassistische und rassistische
Voreingenommenheiten und bietet Weltanschauerlichkeiten ein Forum“, sagt
Martin Link vom [6][Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein]. Eine Verwahrlosung
im öffentlichen Raum indirekt mit migrantischen Bevölkerungsgruppen in
Zusammenhang zu bringen, sei eine „verantwortungslose Meinungsmache“.
## Fragebogen stammt aus einem Handbuch
Grundsätzlich hält es Stadtsprecherin Dana Frohbös für richtig, das Thema
Migration anzuschneiden: „Rendsburg hat einen überdurchschnittlich hohen
Ausländeranteil, und wir merken, wie viele andere Kommunen auch, dass
Kitas, Schulen und Wohnungsmarkt an ihre Grenzen stoßen.“ Darüber zu
sprechen und die Bürger:innen dazu zu befragen, sei legitim. „Aber es
stimmt, die konkrete Formulierung könnte missverständlich sein.“
Der Fragebogen ist nicht in Rendsburg selbst entstanden, sondern stammt aus
einem Handbuch des Landespräventionsrates mit dem Titel „Kommune beugt
vor“. „Wir haben gedacht, das ist ein bewährtes Mittel, mit dem wir
arbeiten können“, sagt Frohbös.
Auch der Landespräventionsrat, der dem CDU-geführten Innenministerium
untersteht, ist nicht allein für den Fragebogen verantwortlich, sagt ein
Ministeriumssprecher: „Daran waren mehrere Bundesländer beteiligt.“ Klar
sei: „Es war mitnichten die Intention, mit einer Formulierung Ressentiments
zu fördern.“ Nun solle bei einer Redaktionssitzung der Länder darüber
gesprochen werden, wie sich der Satz ändern ließe.
Martin Link vom Flüchtlingsrat hat da schon mal eine Idee: „Die Frage
könnte lauten: Sehen Sie es als Problem an, dass in Rendsburg zu viele
Menschen mit Migrationshintergrund von der Gesellschaft sozial ausgegrenzt
und mit Alltagsrassismus konfrontiert sind?“
25 Nov 2024
## LINKS
[1] /!s=rendsburg/
[2] https://www.rendsburg.de/politik-verwaltung/fachbereiche-sachgebiete/nachha…
[3] /Kritik-an-Investor/!6042566
[4] https://www.rendsburg.de/fileadmin/download/Leben_in_Rendsburg/Mastbrook/20…
[5] https://ef-jugendtreff.de/
[6] https://www.frsh.de/
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Migrationshintergrund
Sicherheitsgefühl
Befragung
Sozialpolitik
Migration
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
Letzte Generation
Deiche
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