Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Revisionsurteil im Shell-Prozess: Verantwortung fürs Klima: ja. Ko…
> Klimaschützer hatten Shell verpflichten wollen, seine CO₂-Emissionen zu
> reduzieren, und setzten sich 2021 durch. Jetzt kippt ein Gericht das
> Urteil.
Bild: Winnie Oussoren und Donald Pols, Vertreter der Umweltorganisation Milieud…
Amsterdam taz | Mit einer Niederlage der Umweltorganisation Milieudefensie
endete [1][am Dienstag das Revisionsverfahren gegen den Energiekonzern
Shell]. Wie das Gericht in Den Haag urteilte, kann Shell kein konkretes
Ziel zur Reduzierung seiner CO₂-Emissionen auferlegt werden. In erster
Instanz war der Konzern 2021 dazu verurteilt worden, die eigenen Emissionen
sowie die seiner Lieferanten und Kunden bis 2030 um 45 Prozent zu
reduzieren. Das Urteil hatte weltweit große Beachtung erfahren, weil damit
zum ersten Mal einem Unternehmen konkrete Ziele zum Klimaschutz auferlegt
wurden.
Laut dem Gericht hat Shell, wie andere Unternehmen auch, durchaus eine
Verpflichtung, die negativen Folgen des durch CO₂-Ausstoß entstandenen
Klimawandels zu begrenzen. Das „Menschenrecht auf den Schutz vor
gefährlichem Klimawandel“ gelte nicht nur für Bürger gegenüber ihren
Regierungen, sondern auch gegenüber Unternehmen, zumal solchen, deren
Aktivitäten zu den Problemen beitragen. Auch durch EU-Gesetzgebung sei
Shell gezwungen, „immer weniger Treibhausgase auszustoßen“, so die
vorsitzende Richterin de Carla Joustra.
[2][Daraus lasse sich allerdings keine Reduzierung um 45 Prozent oder einen
anderen konkreten Anteil ableiten]. „In der Klimawissenschaft besteht zum
jetzigen Zeitpunkt ungenügend Einigkeit über einen bestimmten Prozentsatz
der Reduzierung, an den sich ein individuelles Unternehmen wie Shell halten
müsste“, so die kurz nach dem Urteil veröffentlichte schriftliche Version.
Weiterhin könne ein Unternehmen nicht dazu verpflichtet werden, die
Emissionen seiner Kunden zu vermindern.
Zudem sei es sinnlos, Shell aufzuerlegen, den Weiterverkauf von Öl und Gas
anderer Betriebe einzustellen, da konkurrierende Akteure dessen
Marktanteile in diesem Fall einfach übernehmen würden. „Jede Reduzierung
hat einen positiven Effekt bei der Bestreitung von Klimawandel, doch das
bedeutet noch nicht, dass eine Auflage für Shell weltweit entsprechende
Folgen hat“, so die Vorsitzende. Im Übrigen sei Shell schon mit der
Verminderung des eigenen Ausstoßes beschäftigt, um damit seiner
gesellschaftlichen Verantwortung zu entsprechen. Aktuell habe das
Unternehmen eine Reduzierung um 30 Prozent erreicht, bis 2050 wolle es 50
Prozent erreichen.
## Das Vorgehen gegen Großverschmutzer ist ein Marathon
Es gilt als sicher, dass Hauptkläger Milieudefensie, der niederländische
Zweig von Friends of the Earth, nun höchstinstanzlich in Revision geht.
Für Milieudefensie ist Shell „einer der größten Klimaverschmutzer der
Welt“. Mit dem 2019 begonnenen Prozess legte man den Grundstein für die
Strategie, große Unternehmen mit besonders schlechter Emissionsbilanz
persönlich für ihren Beitrag zur Erderwärmung verantwortlich zu machen und
gegebenenfalls eine Reduzierung gerichtlich einzufordern. Diese Strategie
hat man inzwischen auf mehrere andere große Akteure angewendet. Im Januar
kündigte man einen Prozess gegen die größte niederländische Bank ING an,
der man vorwirft, übermäßig viel mit stark verschmutzenden Unternehmen
zusammenzuarbeiten.
In einer Stellungnahme am Dienstagmittag erklärte Milieudefensie-Direktor
Donald Pols: [3][„Eines ist sicher: Das Vorgehen gegen Großverschmutzer ist
ein Marathon und kein Sprint]. Wir werden, auf welche Weise auch immer,
weitermachen, bis alle verschmutzende Unternehmen mit der Verursachung
gefährlichen Klimawandels aufhören.“ Gegenüber der taz zeigte er sich von
dem Urteil überrascht. „Wir haben überzeugend dargelegt, dass Shell seine
Emissionen reduzieren muss. Das Gericht folgt unseren Forderungen im
Wesentlichen, nur eben ohne eine spezifische Verminderung aufzuerlegen.
Wenn man ansonsten inhaltlich recht hat, ist das schon eine bittere Pille.“
Das veränderte gesellschaftspolitische Klima, in dem die Zustimmung für
aktive Nachhaltigkeitspolitik schwindet, wollte Pols nicht für das Urteil
verantwortlich machen. An der Strategie, gegen individuelle Unternehmen
vorzugehen, werde man festhalten. „Das Gericht sagte ja auch, dass sie eine
Verantwortung haben“, äußerte sich hoffnungsvoll auch Roger Cox, der Anwalt
der Umweltschutzorganisation. Er erklärte, das Urteil betreffe „nicht nur
Shell, sondern die gesamte Wirtschaft. Das Gericht sagt sehr deutlich, dass
nicht nur Länder, sondern auch Unternehmen eine Verantwortung haben, ihre
Emissionen in Übereinstimmung mit dem Pariser Abkommen zu begrenzen.“
12 Nov 2024
## LINKS
[1] /Shell-vor-Gericht/!5999034
[2] /Urteil-gegen-Shell/!5775302
[3] /Klage-gegen-Energiekonzern/!5728833
## AUTOREN
Tobias Müller
## TAGS
Shell
Klimaschutzziele
Den Haag
GNS
Shell
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Shell vor Gericht: Konzern sieht „Energie-Trilemma“
Der Ölkonzern kämpft in den Niederlanden gegen ein Klima-Urteil von 2021.
Das Verfahren wird zur Werbeveranstaltung.
Urteil gegen Shell: Ein bahnbrechendes Urteil
Ein niederländisches Gericht hat den Ölkonzern Shell zu mehr Klimaschutz
verpflichtet. Die Botschaft: Fossile Investments lohnen sich nicht mehr.
Klage gegen Energiekonzern: Shell wegen Klimakrise vor Gericht
Umweltschützer:innen haben den britisch-niederländischen Ölkonzern
verklagt. Shell soll laut der Forderung sein Geschäft von Öl und Gas
wegbewegen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.