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# taz.de -- Nach Tiergarten-Entführung durch Vietnam: Nun wollen sie wohl ein …
> Vietnam schlägt der Bundesregierung offenbar einen Deal vor: Sie lässt
> den 2017 entführten Trinh Xuan Thanh frei – unter einer heftigen
> Bedingung.
Bild: Die Außenhandelskauffrau Ngyuen Thi Thanh Nhan soll gegen den 2017 entf�…
Berlin taz | Am Montag besucht eine Delegation des vietnamesischen
Ministeriums für öffentliche Sicherheit das Bundesinnenministerium in
Berlin. Es gibt Anzeichen, dass die Besucher geneigt sein könnten, den 2017
aus Deutschland nach Vietnam entführten Trinh Xuan Thanh freizulassen – und
ihm die Ausreise nach Deutschland zu erlauben.
Hier hat ihm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach seiner
Entführung durch den vietnamesischen Geheimdienst ein Asylrecht
zugesprochen. Hier leben [1][seine Frau und drei seiner fünf Kinder]. Aber
Hanoi will ihn nicht ohne Gegenleistung ausreisen lassen.
Trinh Xuan Thanh ist ein abtrünniger vietnamesischer Wirtschaftsfunktionär
[2][und war 2016 nach Deutschland geflohen]. Der vietnamesische
Geheimdienst entführte ihn ein Jahr später in einer filmreifen Aktion bis
nach Hanoi, wo der inzwischen 58-Jährige bis heute inhaftiert ist. Das
Hanoier Volksgericht verurteilte ihn wegen Korruption und Misswirtschaft
[3][zu einer zweimal lebenslänglichen Freiheitsstrafe]. Thanh bestreitet
die Vorwürfe. Seine deutsche Anwältin Petra Schlagenhauf hält sie für
politisch konstruiert. Deutschland fordert seit der Entführung die
Freilassung und Rückkehr des Mannes.
Der in Berlin lebende Journalist [4][Trung Khoa Le] hat nun aus Hanoi
erfahren, dass der Bundesregierung von dort ein Deal angeboten wurde:
Vietnam lässt Trinh Xuan Thanh frei und schickt ihn nach Deutschland, wenn
Berlin im Gegenzug [5][die nach Deutschland geflohene Außenhandelskauffrau
Nguyen Thi Thanh Nhan] nach Vietnam ausliefert.
## In Abwesenheit verurteilt
Die 55-Jährige, die Vietnam bis 2022 mit Rüstungsgütern und Medizintechnik
aus westlichen Staaten belieferte, wurde dort in Abwesenheit wegen
Korruption und Betrugs im Ausschreibungsverfahren zu 30 Jahren Haft
verurteilt. Sie floh 2022 mit sieben Mitbeschuldigten ins Ausland. Seit
eineinhalb Jahren lebt sie in Deutschland und wird hier von
Sicherheitsbehörden vor einer drohenden Entführung beschützt.
Ein vietnamesisches Auslieferungsersuchen für Nhan hat das Bundesamt für
Justiz abgelehnt. Seit der Entführung von Trinh Xuan Thanh 2017, so erfuhr
die taz aus Regierungskreisen, werden Auslieferungen nach Vietnam
grundsätzlich abgelehnt.
Ob es in dem Auslieferungsbegehren tatsächlich um die der Frau zur Last
gelegten Wirtschaftsdelikte geht, steht in Zweifel. Sie ist die langjährige
Geliebte von Vietnams Premierminister, mit dem sie auch eine gemeinsame
erwachsene Tochter hat. Der Premier ist ein politischer Gegenspieler von
[6][Parteichef To Lam] und Sicherheitsminister Luong Tram Quang. Da sie
gegen ihn persönlich keine Angriffsfläche gefunden haben, sollen sie gegen
seine (ehemalige?) Geliebte vorgegangen sein. So jedenfalls steht es in
einem anonymen Brief, der der taz 2023 aus Hanoi zugespielt wurde.
Ob sich Deutschland auf den Deal einlässt, steht in Frage. Zum einen
entscheidet nicht das Bundesinnenministerium, ob eine Person in ein anderes
Land ausgeliefert wird, sondern ein Gericht und das Bundesamt für Justiz.
Zum anderen hat Vietnam keine unabhängige Justiz.
Weder das Bundesinnenministerium noch das Auswärtige Amt äußern sich auf
Anfrage zu der Frage. Ein Sprecher des Innenministeriums bestätigte der taz
nur, dass am Montag ein einstündiges Gespräch von Vertretern des
vietnamesischen Ministeriums mit Innenstaatssekretär Hans-Georg Engelke
stattfinden wird. Vorausgegangen sei der Wunsch Vietnams nach einem Besuch
des Sicherheitsministers Luong Tram Quang. Ob der vietnamesische Minister
persönlich komme und wer ihn begleite, stehe „aktuell noch nicht fest“. Zu
den von Vietnam angefragten Inhalten des Gesprächs gibt das BMI keine
Auskunft.
## Hanoi will einen Polizisten entsenden
Eine Quelle aus dem Umfeld der vietnamesischen Botschaft in Berlin teilte
der taz mit, dass Hanoi den Besuch auch nutzen will, um wieder einen
polizeilichen Verbindungsbeamten in der Botschaft installieren zu dürfen.
Den hatte es bis zur Entführung von Trinh Xuan Thanh gegeben. Er war in den
1990er Jahren ernannt worden, um der deutschen Polizei zu helfen, die
vietnamesische Zigarettenkriminalität zu bekämpfen.
Im Laufe der Jahre erwies sich dieser Beamte allerdings weniger als Teil
der Lösung denn als Teil des Problems. Die taz erfuhr vor Jahren aus dem
Berliner Landeskriminalamt, dass man den Mann am liebsten loswerden wollte
und ihm kaum andere Aufgaben übertrug, als echte von gefälschten
vietnamesischen Pässen zu unterscheiden.
Innerhalb der vietnamesischen Community konnte er allerdings den Eindruck
erwecken, gut mit der hiesigen Polizei zu kooperieren, so dass mehrere
Strafanzeigen bei ihm statt bei den deutschen Behörden landeten und eine
Art Paralleljustiz entstand. Bei der Entführung von Trinh Xuan Thanh
spielte der Verbindungsbeamte nach Überzeugung des Berliner Kammergerichtes
eine zentrale Rolle. Er hat beispielsweise mitgewirkt, [7][das
Entführungsopfer aus Berlin zu transportieren.]
Transparenzhinweis: Die Autorin arbeitet auch für das vietnamesische
Magazin Thoibao.de, bei dem der im Text erwähnte Trung Khoa Le
Chefredakteur ist.
25 Oct 2024
## LINKS
[1] /Trinh-Xuan-Thanhs-Frau-ueber-Entfuehrung/!5866897
[2] /Anwaeltin-von-entfuehrtem-Vietnamesen/!5468156
[3] /Mutmasslich-entfuehrter-Vietnamese/!5478736
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Trung_Khoa_L%C3%AA
[5] /Drohende-Entfuehrung-vietnamesischer-Frau/!5952435
[6] /Vietnams-neuer-Machthaber/!6027743
[7] /!5949101/
## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Vietnam
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