Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Berliner Landespolitik: Schnell wieder bei Sperlingskästen
> Das Leben geht weiter im Abgeordnetenhaus, auch am Tag nach dem Scheitern
> der Ampel-Koalition und dem Wahlsieg von Donald Trump.
Bild: Der spätere Minister Rainer Eppelmann erzählte in einer Feierstunde des…
Berlin taz | Trump wieder US-Präsidenten. Die Bundesregierung am Ende. Und
in Sachsen Gespräche über eine Koalition von CDU, SPD und BSW gescheitert –
was einem vorherigen Treffen dort zwischen CDU und AfD eine ganz neue
Bedeutung gibt. Wie würde sich das im Berliner Abgeordnetenhaus
niederschlagen, das nach diesen Ereignissen an einem besonders grauen
Morgen erstmals seit drei Wochen wieder tagt?
Gemessen an den geballten schlechten Nachrichten ist die Stimmung im
Plenarsaal gut – soweit sich das von der Pressetribüne oberhalb erfassen
lässt. Auch in den Gängen oder im Parlamentsrestaurant sind nicht nur
Trauermienen zu sehen. Vielleicht auch, weil es immer noch schlimmer ginge
und bei den Älteren des Hauses „der Tag danach“ für einen Film aus den
80ern über einen Atomschlag stehen könnte.
Es sind dabei nicht nur die Ereignisse des Vortags, die dieser Sitzung
etwas Besonderes verleihen. Das Parlament erinnert in einer vorangehenden
Gedenkstunde zugleich an den Mauerfall vor 35 Jahren. Rainer Eppelmann,
nach der ersten freien Volkskammerwahl DDR-Abrüstungs- und
Verteidigungsminister, erzählt als Gastredner, wie er die Öffnung der
Grenze an der Bornholmer Straße hautnah erlebte – „diese Stunde ist bis
heute die bewegendste meines Lebens“.
Von der AfD-Fraktion ist in der anschließenden Rederunde zum 9. November
eine Verbindung zur US-Wahl zu hören: Es sei „eine Genugtuung für viele
Ostdeutsche, dass Trump die Wahl gewonnen hat“. Der könne mehr für das
Zusammenwachsen in Deutschland tun als viele Ost-Beauftragte. Mit dieser
Sicht bleibt sie am Rednerpult allein.
## Von globalen Folgen zum Jahnstadion
Das Ende der Ampelkoalition tauscht zum ersten Mal in der Fragestunde auf,
als es um das Thema Musikschulen geht und ein jüngstes Gerichtsurteil dazu,
das Honorartätigkeiten kritisch betrachtete. Ob das Ende der Ampel
Konsequenzen bei diesem Thema habe, will ein CDU-Abgeordneter vom Senat
wissen. Das klingt wie eine Vorlage für seinen Parteifreund und
Regierungschef Kai Wegner, die Lage grundsätzlich zu beurteilen: „In dieser
Zeit keine handlungsfähige Bundesregierung zu haben ist, vorsichtig gesagt,
zumindest nicht gut.“
Wer in den Reihen der Abgeordneten gerade noch über globale Folgen der
Trump-Rückkehr ins Amt nachsinnt oder darüber, welche die Folgen das
Ampel-Aus für das Vertrauen in die Demokratie hat, den holt eine der
nächsten Fragen schnell in die Berliner Details zurück. Es geht um den
Abrissstopp beim Jahn-Stadion. Und da ist dann ein Landesminister gefragt,
Details zum Umgang mit Sperlingskästen darzulegen.
Wäre es nicht der Tag nach den Großnachrichten, so würde etwas anderes weit
mehr im Blick sein: wie sich nämlich die Linkspartei präsentiert. Es ist
schließlich die erste Plenarsitzung nach den dortigen Verwerfungen zu
Antisemitismus. Mehrere prominente Abgeordnete waren deswegen ausgetreten,
darunter die in der letzten Reihe sitzenden Ex-Senatoren Lederer,
Breitenbach und Scheel.
## Tippen statt applaudieren
Drei Reihen vor ihnen hat die Landesvorsitzende Franziska Brychcy ihren
Platz, die die drei am Dienstag mit dem Parteivorstand aufgefordert hatte,
ihre Mandate abzugeben. Äußerlich sind keine Animositäten festzustellen.
Der aufmerksame Blick auf Brychcy hält aber immerhin fest, dass sie anders
als die Ex-Senatoren gleich zweimal nicht klatscht, sondern auf ihrem
Computer tippt, als es um Solidarität mit der Ukraine geht.
Auf der Besuchertribüne hatten am Morgen auch Ex-Regierungschefs und die
SPD-Spitze die Feierstunde mitverfolgt. Wäre zudem ein mit drei Worten zu
einer verpassten Meisterschaft berühmt gewordener früherer Frankfurter
Fußballtrainer geladen gewesen, hätte er vielleicht auch in Sachen Politik
gesagt: „Lebbe geht weider.“
7 Nov 2024
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Abgeordnetenhaus
Ampel-Koalition
Donald Trump
Ampel-Koalition
Wahlen in Ostdeutschland 2024
US-Wahl 2024
## ARTIKEL ZUM THEMA
Scheitern der Ampelkoalition: Ampel aus die Maus
Die Bundesregierung ist Geschichte. An einem Tag, an dem sich die
Ereignisse überschlagen, kündigt Scholz Neuwahlen im März an und feuert den
Finanzminister.
Sondierungsgespräche in Sachsen: Brombeermatsch statt Brombeereis
Das BSW lässt die Sondierungsgespräche mit CDU und SPD scheitern. Eine
Zusammenarbeit mit der AfD schließt Ministerpräsident Kretschmer weiterhin
aus.
US-Präsidentschaftswahlen: Der Tag, an dem Trump gewann
Der Tag von Donald Trumps Sieg war einer der ruhigsten Wahltage der
jüngeren US-Politik – und hatte trotzdem eine Dynamik, auf die kaum jemand
vorbereitet war.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.