# taz.de -- Die Wahrheit: Endlich zur Gänze entziffert | |
> Achtung! Ein bisher ungeknacktes Manuskript aus dem 15. Jahrhundert wird | |
> im folgenden und mithilfe etwa von viel Gin dechiffriert. Achtung, | |
> Achtung! | |
Am letzten Wochenende habe ich das Voynich-Manuskript dechiffriert. | |
Natürlich ist mir bewusst, dass ich damit die Reihe von über 20 | |
international anerkannten Voynich-Forscher:innen, darunter | |
Philologieprofessoren, Kryptologen, Linguisten, Philosophen, Botaniker und | |
Mathematiker:innen, einigermaßen brüskiere. Aber so schwer war es gar | |
nicht. | |
Das Voynich-Manuskript, das 1912 von dem polnischen Antiquar Wilfrid | |
Michael Voynich in einem Jesuitenkolleg in Italien entdeckt wurde, ist ein | |
Buch mit knapp über 100 Pergamentseiten, die aus dem 15. Jahrhundert | |
stammen. Es wurde in einer – jedenfalls bis zum letzten Wochenende – | |
unleserlichen und unbekannten Handschrift verfasst, zusätzlich befinden | |
sich Zeichnungen im Buch, von denen einige nackte Frauen zeigen, die | |
händchenhaltend in einem mit grünlichem Wasser gefüllten, kleinen Bassin | |
planschen. | |
Da der an Glyphen erinnernde Text wie erwähnt keiner bekannten lebendigen | |
oder ehemaligen Schriftsprache ähnelt, haben sich die Expert:innen trotz | |
sehr unterschiedlicher Ansätze und eifriger Bemühungen bisher die Zähne | |
ausgebissen. | |
## Ineinander verschlungene Ligaturen | |
Das ist jetzt vorbei. Ich brauchte das unbekannte Alphabet mit seinen | |
rundlichen, ineinander verschlungenen Ligaturen nur 15 Minuten lang | |
intensiv anzuschauen und es einmal zu spiegeln, dann verstand ich: Das | |
Voynich-Manuskript ist in Liedform verfasst, und handelt von einem Mann | |
namens Grass, der bei Gosch (damals hieß es natürlich noch nicht Gosch | |
Sylt) Gnocchi, Grieß und Gelee essen geht, und dazu einige Getränke, unter | |
anderem mindestens einen Gin und einen Grasshopper konsumiert. Das ist | |
durch die Häufung der als „G“ erkennbaren Glyphen eindeutig zu belegen. | |
Neben Gosch, das damals ein gehobenes Etablissement und keine | |
Bahnhofsspelunke war, befand sich wohl eine öffentliche Badestelle, eine | |
Art mittelalterliches Frauen-Jacuzzi. Und nach einigen Gins und | |
Grasshoppern (letzterer ist ein Cocktail mit eher geringem Alkoholgehalt, | |
der einen aber bei verstärktem Konsum durchaus anschickert) begann dieser | |
Grass mutmaßlich, zu den nackten Mägden im Jacuzzi hinüberzulinsen, wie | |
Männer im Mittelalter (und teilweise auch heute) das eben so machen. | |
Der Inhalt des mysteriösen Voynich-Manuskripts lautet demnach ungefähr | |
folgendermaßen: „Grass, Grass, Grassilein / Gin, Gin, Grasshopper / hast | |
Gnocchi, Grieß, Gelee genossen / Gosch, Gosch, guter Gast / Göre, Göre, | |
Gnädige / ganz schön viele geile Glieder / Gebiss, Gesäß und Genitalien / | |
geh nach Hause zur Gemahlin.“ | |
Dennoch bleiben noch Fragen offen. Wie heißt der mittelalterliche Held mit | |
Vornamen? Hoffentlich nicht „Günter“? Und wieso findet sich im ganzen Text | |
kein Hinweis auf den famosen Garnelencocktail, für den Gosch berühmt ist? | |
Insofern bin ich absolut bereit, in einen wissenschaftlichen Dialog mit | |
meinen Kolleg:innen einzutreten, und freue mich auf Zuschriften. | |
1 Nov 2024 | |
## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
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