# taz.de -- Streit um den Radweg in der Kantstraße: Ein bizarres Stöckchen | |
> Ein CDU-Stadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf droht, Wohnungen zu | |
> räumen – eine neue, absurde Wende im Konflikt um den Radweg in der | |
> Kantstraße. | |
Bild: Nach vier Jahren immer noch „pop-up“: Radweg auf der Kantstraße | |
Wenn sich in Berlin Bezirks- und Senatsebene verheddern und vermeintlich | |
naheliegende Lösungen praktischer Probleme ad absurdum führen, hat man als | |
Beobachter kaum noch Lust, über das nächste Stöckchen zu springen, das | |
einem die Beteiligten hinhalten. Im Fall der Charlottenburger Kantstraße | |
ist das Stöckchen allerdings so bizarr und knorrig, dass man es dann doch | |
nicht einfach ignorieren kann. | |
Stöckchenhalter ist der für Stadtentwicklung zuständige Bezirksstadtrat | |
Christoph Brzezinski (CDU). Er hat einen Brief an die | |
Senatsverkehrsverwaltung geschrieben und „Nutzungsuntersagungen“ für | |
Wohnungen an der Kantstraße angekündigt, die im dritten Stock oder höher | |
liegen. Denn durch den in Coronazeiten angelegten Pop-up-Radweg sei auf der | |
Straße zu wenig Platz für die Aufstellung von Löschfahrzeugen. Wenn’s dann | |
mal brennen sollte – so Brzezinksi Argument –, könnten die rettenden | |
Leitern nicht hoch genug ausgefahren werden. | |
Die Problembeschreibung ist so alt wie umstritten: [1][Mitte 2020 wurde der | |
Radweg per Farbrolle geschaffen], seitdem wird neben dem Gehweg geradelt, | |
es folgen eine Park- und eine Fahrspur für den motorisierten Verkehr. Die | |
ÖPNV-Lobby kritisiert, dass nun die Busse im Stau stehen und quasi der | |
Mobilitätswende geopfert worden seien, die Radlobby hält dagegen, dass die | |
großen Gelben früher auch nicht mehr Bewegungsfreiheit hatten, weil auf der | |
zweiten Fahrspur zuverlässig falsch geparkt wurde. | |
Die Sache mit der Feuerwehr beschäftigt Bezirk und Senat ebenfalls von | |
Anfang an, zumal im Hinblick auf die anstehende und immer [2][noch nicht | |
erfolgte „Verstetigung“ der vorläufigen Lösung]. Laut den professionellen | |
BrandbekämpferInnen ist ein Aufbocken der Leiterwagen derzeit nicht | |
optimal, aber möglich. | |
## Still ruht der See | |
Bauliche Lösungen, die allen Seiten zugute kämen, wie die, ein wenig vom | |
begrünten Mittelstreifen abzuknapsen, sind laut Verkehrsstadtrat Oliver | |
Schruoffeneger (Grüne) erarbeitet, Senatorin Ute Bonde (CDU) handele aber | |
nicht: „Wir haben das vor fünf Monaten eingereicht, und still ruht der | |
See“, so Schruoffeneger zur taz. | |
Unklar ist, ob Brezinskis – wohl nicht ganz ernst gemeinter – Vorstoß der | |
Senatsverwaltung generell Druck machen soll oder ob es sich einfach nur um | |
ein CDU-Spiel mit verteilten Rollen handelt: Am Ende könnte die Landesebene | |
schließlich entscheiden, dass für den Radweg eben kein Platz ist. | |
Der Vorschlag von Changing Cities e. V., lieber die Parkplätze zu streichen | |
und wie auf der Schöneberger Hauptstraße eine Busspur mit temporären | |
Haltezonen einzurichten, klingt leider schon fast aus der Zeit gefallen: | |
Die Wende der Verkehrswende schreitet voran. | |
22 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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