| # taz.de -- Flüchtlingscamp in Tegel: „Vernetzung hilft am besten gegen Isol… | |
| > Am Freitag findet ein Straßenfest für das Tegel-Camp statt. Für | |
| > Aktivistin Hanna Schwarz geht es dabei um mehr als kurzfristige | |
| > Unterstützung. | |
| Bild: Hier sollen Geflüchtete „kurzfristig“ „leben“: die Leichtbauhall… | |
| taz: Frau Schwarz, die Zustände im Flüchtlingscamp in Tegel sind schon seit | |
| der Eröffnung 2022 katastrophal: schlechte Gesundheitsversorgung, | |
| Hygieneprobleme, Abschottung. Wie kann ein Straßenfest da helfen? | |
| Hanna Schwarz: In erster Linie wollen wir die Isolierung der Menschen | |
| aufbrechen. [1][Das Camp] ist zwar theoretisch mit einem Bus angebunden, | |
| aber praktisch sehr weit vom Berliner Alltagsgeschehen entfernt. Der | |
| Kontakt zwischen dem Camp und den Stadtbewohner:innen ist recht | |
| eingeschränkt und wir haben den Eindruck, dass er auch nicht gewünscht ist. | |
| Darum haben wir bei dem Fest die Möglichkeit, von den Bewohner:innen zu | |
| erfahren: Was braucht ihr? Wie können wir euch unterstützen? Gleichzeitig | |
| können die Menschen mit Organisationen und Verbündeten in Kontakt kommen, | |
| um sich Unterstützung zu holen. Vernetzung hilft am besten gegen Isolation | |
| und Vereinzelung. | |
| taz: Das Fest dient also vor allem der Vernetzung? | |
| Schwarz: Natürlich soll das Fest auch einfach eine schöne Zeit für alle | |
| sein. Es wird kurdisches und ukrainisches Essen geben, außerdem Musik und | |
| ein Programm für Kinder. Aber unser Anliegen geht darüber hinaus: Wir | |
| kämpfen dafür, dass solche [2][menschenunwürdigen Aufnahmelager] wie in | |
| Tegel künftig nicht mehr gebaut werden. | |
| taz: Welche anderen Ziele verfolgt Ihre Initiative Tegel Assembly? | |
| Schwarz: Wir wollen eine Bewegung aufbauen, die sich kritisch mit dem | |
| aktuellen Lagersystem auseinandersetzt. Langfristig ist unser Ziel, dass | |
| niemand mehr im Tegel-Camp wohnen muss und Menschen richtig in Deutschland | |
| ankommen können. Natürlich kann man dafür nicht einfach nur das Lager | |
| auflösen, sondern muss Menschen bei der Wohnungssuche unterstützen, sodass | |
| sie selbstbestimmt leben können. Unsere utopische Zukunftsvision ist eine | |
| Welt ohne Grenzen und Lager. Wir stehen da manchmal vor einer Art Dilemma | |
| zwischen kurzfristiger Unterstützung und langfristiger Zukunftsvision. | |
| taz: Worin besteht das Dilemma? | |
| Schwarz: Momentan fehlt es im Lager an allen Ecken und Enden an allem | |
| Möglichen. Für viele Bewohner:innen geht es erst einmal um | |
| Grundbedürfnisse, nicht um einen Kampf gegen das deutsche Asylsystem. Unser | |
| Dilemma ist also konkret: Wie können wir die derzeitige Situation der | |
| Menschen verbessern und gleichzeitig unsere politische Handlungsmacht | |
| weiter ausbauen? Es geht um ein politisches Anliegen – wir wollen keine | |
| gutgläubigen Unterstützer:innen sein. | |
| taz: Als Unterstützer:innen sind Sie in der Tegel Assembly | |
| organisiert. Wie ist die Initiative entstanden? | |
| Schwarz: Die Initiative ist noch relativ jung und hat sich erst Anfang des | |
| Jahres richtig formiert. Im vergangenen November gab es im Camp einen | |
| [3][rassistischen Angriff auf Kurd:innen]. Daraufhin hat sich eine Gruppe | |
| kurdischer Bewohner:innen zusammengetan, um die Zustände anzuprangern. | |
| Im Frühjahr da gab es dann einen Brand auf dem Gelände – auch da wurden | |
| Missstände deutlich. | |
| taz: Und dann? | |
| Daraufhin ist ein monatliches Austauschtreffen entstanden, um über | |
| Missstände wie die rassistische Sicherheitsinfrastruktur und die | |
| Hygieneprobleme im Camp zu sprechen. Die Brandbreite an Menschen, die sich | |
| gegen diese Missstände stark machen, reicht von kurdischen Aktivist:innen, | |
| über Antifa-Gruppierungen bis hin zu Einzelpersonen aus der | |
| Klimagerechtigkeitsbewegung. | |
| Am Freitag 18. Oktober, 13 – 18 Uhr, Turbulence Gelände, Flughafen Tegel | |
| 17 Oct 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Katharina Wulff | |
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