# taz.de -- Pro-Palästina-Proteste in Berlin: Oft für Frieden auf die Straße | |
> In der öffentlichen Wahrnehmung kommt es vor, dass alle Demo-Teilnehmer | |
> wie Israel-Hasser wirken. Dabei geht es vielen oft nur um ein Ende der | |
> Kämpfe. | |
Bild: Der Südstern in Kreuzberg war am Montag Schauplatz einer propalästinens… | |
Es war eine Eskalation mit Ansage: Zum [1][Jahrestag des Hamas-Massakers am | |
7. Oktober] und des darauf folgenden brutalen Einmarschs der israelischen | |
Armee in Gaza hatten Palästina-Aktivist:innen am Montag ausgerechnet mit | |
den Worten „Glory to the Resistance“ zum Protest mobilisiert. Bereits am | |
Vortag hatte es auf einer weiteren Demo unter dem Motto „Es begann lange | |
vor dem 7. Oktober“ geknallt. Auf beiden Demos flogen Flaschen, die Polizei | |
pfefferte und nahm Menschen teils brutal fest. In der Nacht auf Dienstag | |
brannten in Neukölln Barrikaden. | |
In der öffentlichen Wahrnehmung werden die Teilnehmer:innen dieser | |
Proteste alle in einen Topf geworden. Es handle sich um Hetzdemos, hieß es | |
auch in der taz, deren Teilnehmer:innen [2][den Terror der Hamas] | |
glorifizieren wollten. Und tatsächlich spielte das Motto vom Montag | |
offensichtlich genau darauf an. Die kommunistischen Kleinstgruppen, die zu | |
der Demo aufgerufen haben, dürften der Bewegung damit einen Bärendienst | |
erwiesen haben. | |
Denn wer auf der – wohl nicht zufällig wesentlich größeren – Veranstaltu… | |
am Sonntag war, konnte auch etwas ganz anderes als blanken Israelhass | |
beobachten: Viele junge Menschen, die ihre Stimme gegen eine auch von | |
Deutschland mit Waffenlieferungen unterstützte israelische Kriegsführung | |
erheben, die bereits mehrere Zehntausend Zivilist:innen das Leben | |
gekostet hat. Das Protestdatum des 7. Oktober markiert aus ihrer Sicht ein | |
neues Kapitel der Unterdrückung, Vertreibung und Vernichtung | |
palästinensischer Lebensgrundlagen – und kein pietätloses Zelebrieren | |
islamistischen Terrors. | |
## Der Staatsräson verpflichtet? | |
Doch die Öffentlichkeit bleibt für diese zentralen Motive vieler Menschen, | |
die auf Palästinaproteste gehen, weitestgehend blind. Konsequent werden die | |
extremsten Positionen, die auf den Protesten vertreten werden, | |
verallgemeinert, womit die Bewegung als Ganzes delegitimiert wird. Viele | |
Journalist:innen fühlen sich offenbar der Staatsräson moralisch | |
verpflichtet – und passen ihre Berichterstattung entsprechend an. Überhaupt | |
nicht mehr gesprochen wird so über ein wichtiges Narrativ der | |
Protestierenden: dass ein Widerstand der Menschen in den Ländern, die mit | |
ihren Waffenlieferungen diesen Krieg mit ermöglichen, die Gewalt beenden | |
könnte. | |
Auch auf dieser Basis gäbe es dann viel zu kritisieren: Die antisemitischen | |
Tendenzen in Teilen der Bewegung, die fehlende Bereitschaft, sich | |
öffentlich [3][von Hamas und Hisbollah abzugrenzen], der Hyperradikalismus, | |
der immer wieder den Staat Israel als Schutzraum jüdischen Lebens negiert, | |
die Feindmarkierungen, die Pressefeindlichkeit. Klar ist: Die | |
Palästinabewegung muss sich verändern, will sie eine kämpferische | |
Friedensbewegung werden, für die es auch in Deutschland [4][eine breite | |
Mehrheit] gäbe: In Umfragen werden Israels Vorgehen in Gaza und deutsche | |
Waffenlieferungen überwiegend abgelehnt. Ein wichtiger Faktor, um eine | |
solche Friedensbewegung zu schaffen, wäre ein kritischer öffentlicher | |
Diskurs – der nicht aus den Augen verliert, worum es im Kern geht. | |
8 Oct 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Steinmeier-gedenkt-Opfern-der-Hamas/!6041649 | |
[2] /Ein-Jahr-7-Oktober/!6038103 | |
[3] /Nahost-Demos/!6034896 | |
[4] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1419556/umfrage/meinung-in-d… | |
## AUTOREN | |
Timm Kühn | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Gaza | |
Hamas | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
taz.plan | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Innensenatorin Iris Spranger | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Blockade wegen Gaza-Berichterstattung: Protest vor der „FAZ“ | |
In Frankfurt am Main blockieren Aktivist*innen das Redaktionsgebäude | |
der „FAZ“. Sie werfen der Zeitung unter anderem vor, in Gaza | |
„mitzuschießen“. | |
Palästina-Proteste in Berlin: Palästina-Demo für grenzenlosen Humanismus | |
Zahlreiche NGOs rufen am Freitag zum Protest gegen den Krieg in Gaza und | |
deutsche Waffenlieferungen auf – ohne in die üblichen Fettnäpfchen zu | |
treten. | |
Vorfälle auf Palästina-Demos: Sozialarbeiter kritisieren Polizeigewalt gegen … | |
Beschäftigte aus Neuköllner Jugendeinrichtungen haben Erfahrungsberichte zu | |
Polizeigewalt gesammelt. Am Donnerstag diskutiert der Jugendhilfeausschuss. | |
Bewegungstermine in Berlin: Angriff auf das vielfältige Leben | |
Neonazis mobilisieren, um eine feministische Demo in Marzahn zu stören. Sie | |
fühlen sich ermächtigt, weil die bürgerliche Gesellschaft verroht. | |
Gründer verlässt Interessenverband: Krach in der Clubcommission | |
Sage-Betreiber Sascha Disselkamp verlässt die Clubcommission nach über 20 | |
Jahren – auch aufgrund der Nichtpositionierung des Vereins zum | |
Hamas-Terror. | |
Bilanz nach Jahrestag des Hamas-Angriffs: Polizei im Dauereinsatz | |
Innensenatorin Iris Spranger (SPD) beobachtet „zunehmend aggressives | |
Versammlungsgeschehen“ bei Pro-Palästina-Protest. |