# taz.de -- Werbeverträge beim College-Sport: Einnahmen werden neu verteilt | |
> Der College-Sport in den USA löst sich vom Amateurismus und führt Revenue | |
> Sharing ein. Für einige olympische Sportarten schafft das enorme | |
> Probleme. | |
Bild: College-Turnerinnen feiern ihre NCAA-Meisterschaft in Baton Rouge/Louisia… | |
Bei den Olympischen Spielen in Paris zeigte sich einmal mehr, dass deutsche | |
Sportlerinnen und Sportler von den Trainingsbedingungen in den USA | |
profitieren. Besonders in der Leichtathletik zieht es viele ins Ausland, | |
darunter ist auch der Zehnkampf-Silbermedaillengewinner [1][Leo | |
Neugebauer]. Das amerikanische Fördersystem im [2][College-Sport] | |
unterstützt Athletinnen und Athleten nicht nur finanziell, sondern auch | |
organisatorisch auf ihrem Weg zur Weltspitze. Doch genau dieses | |
erfolgreiche System könnte bald ins Wanken geraten. | |
Viele internationale Athletinnen und Athleten verlagern ihr Training in die | |
USA: Hochschulen bieten großzügige Stipendien, es gibt eine optimale | |
Verzahnung von Studium und Sport, und die Trainingsanlagen zählen zu den | |
besten der Welt. Doch das College-Sportsystem erlebt momentan eine | |
tiefgreifende Veränderung. Seit zwei Jahren sorgt der sogenannte NIL-Deal | |
(Name, Image, Likeness) dafür, dass amerikanische College-Sportler und | |
-sportlerinnen die Möglichkeit haben, durch Sponsoren- und Werbeverträge | |
Geld zu verdienen – und das in beträchtlichen Summen. Der Amateurstatus, | |
der lange Zeit als unantastbar galt, wurde damit aufgebrochen. | |
„Das ist hier ganz groß im Kommen“, meint auch der deutsche Zehnkämpfer | |
Till Steinforth, der in den USA studiert. Für internationale Sportler gilt | |
der NIL-Deal nicht, aber Steinforth erzählt, wie stark das Angebot an | |
seiner Universität in Nebraska bereits genutzt wird: „Das wird hier vor | |
allem im Football stark verwendet, um neue Athleten an die Uni zu locken, | |
indem man sagt, wir haben hier schon einen One-Million-Dollar-Vertrag für | |
dich.“ | |
Der NIL-Deal bildet die Grundlage für ein weiteres Modell, das ebenfalls | |
für große Veränderungen sorgen könnte: das sogenannte [3][Revenue Sharing]. | |
Was im ersten Moment kompliziert klingt, ist im Grunde ein einfaches | |
Prinzip, das bereits im US-Profisport etabliert ist. Große Vereine, die | |
enorme Summen einnehmen, geben einen Teil ihrer Erlöse ab, um kleinere | |
Vereine zu unterstützen. So bleibt das finanzielle Gleichgewicht in den | |
Ligen erhalten. | |
Da der College-Sport in den USA ein Milliardengeschäft ist, wurden Stimmen | |
laut, dass Sportler und Sportlerinnen stärker beteiligt werden sollten. | |
Zukünftig sollen diese deswegen an den Einnahmen ihrer Universität | |
beteiligt werden, die durch TV-Verträge und Veranstaltungen erzielt werden | |
und damit über den Wert des Stipendiums hinausgehen. | |
Ein Beispiel: Angenommen, ein Sportler hat ein Stipendium im Wert von 1.000 | |
Euro. Die Universität verdient jedoch durch Werbung und TV-Verträge 2.000 | |
Euro. Der Sportler würde dann 50 Prozent der Differenz, also 500 Euro, | |
zusätzlich zum Stipendium bekommen. Und genauso läuft es im College Sport – | |
mit etwas höheren Summen. Ab dem folgenden Jahr können Universitäten bis zu | |
20 Millionen Dollar an Gehältern an ihre Sport-Studenten aufteilen. | |
Das Problem dabei: Früher flossen die Einnahmen aus den beiden | |
bestverdienenden Sportarten Football und Basketball in die Förderung der | |
kleineren Disziplinen. „Dieses System bricht gerade komplett auf“, meint | |
Gründer der Stipendienvermittlungsagentur [4][scholarbook], Simon Stützel. | |
Wenn Footballspieler nun große Summen verdienen, könnte dies bedeuten, dass | |
die Unterstützung für weniger lukrative Sportarten abnimmt. Stützel fragt | |
sich, „ob es dazu führt, dass wir in ein System kommen wie im Fußball in | |
Europa, dass der College-Sport in den Sportarten, die kein Geld verdienen, | |
nicht mehr so gefördert wird“. Leichtathletik, eine der Sportarten, die | |
traditionell auf breitere finanzielle Unterstützung angewiesen ist, könnte | |
dann besonders leiden. Und, so die Gefahr, ohnehin große Sportarten wie | |
Football und Basketball würden noch lukrativer werden. | |
1 Oct 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Erfolgreiche-Deutsche-Zehnkaempfer/!5951181 | |
[2] /Collegesport/!t5688729 | |
[3] /Kapitalismus-und-Gleichheit-im-US-Sport/!5681080 | |
[4] https://www.scholarbook.net/ | |
## AUTOREN | |
Luisa Holzkamp | |
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