# taz.de -- College-Sport in den USA: Chaos nach Umverteilung | |
> Die Basketballwelt gerät aus den Fugen, weil in den USA College-Sportler | |
> nun viel Geld verdienen können. Das verändert auch in Europa einiges. | |
Bild: Johann Grünloh, 18, wechselt für ein fürstliches Salär vom Bundesligi… | |
In der Welt des Profisports gilt die Faustregel: Wo die meisten zuschauen, | |
fließt das meiste Geld. Der amerikanische Uni-Sport stellte hierbei lange | |
eine Ausnahme dar. Das Finalturnier der Basketballer, die March Madness, | |
und die „Natty“ im College Football zählen zu den beliebtesten | |
Sportveranstaltungen in den USA. Die Sportlerinnen und Sportler verdienten | |
dennoch keinen Cent an diesen Mega-Events. Der Amateurstatus der | |
berühmtesten Gesichter des Sports stand stets im krassen Kontrast zu den | |
stetig steigenden Umsätzen der Universitäten. | |
Im Juli 2021 wurde deshalb die sogenannte „Name, Image, Likeness“-, kurz | |
NIL-Regelung im College-Sport eingeführt. So können den Sportler:innen | |
nach wie vor keine Gehälter ausgezahlt werden, [1][doch sie profitieren nun | |
selbst von den Werbe- und Sponsoringeinnahmen], die aus ihren Auftritten | |
erzielt werden. Seitdem bündeln Universitäten Sponsoringdeals und Spenden | |
und buhlen mit gehaltsähnlichen Vergütungen um junge Athlet:innen. | |
Ein Blick auf den derzeitigen Zustand des College-Basketballs zeigt, wie | |
gewaltig die Folgen dieser vermeintlich kleinen Regeländerungen sind. Ein | |
großer Bestandteil des NCAA-Basketballs war bisher das sogenannte | |
Recruiting. Es galt, junge Spieler:innen von der Highschool von der | |
eigenen Universität zu überzeugen – zu bieten hatten alle „nur“ ein | |
Stipendium und einen Abschluss. AJ Dybantsa, der begehrteste Neuzugang für | |
die kommende College-Saison, wird nächste Saison für die mormonische | |
Brigham Young University (BYU) im Bundesstaat Utah spielen. | |
Der ausschlaggebende Grund sind die fünf bis sieben Millionen Dollar, die | |
er durch NIL-Verträge dort verdienen wird. Um Talente anzulocken, müssen | |
Colleges Voraussetzungen schaffen, um diese möglichst effektiv vermarkten | |
zu können. Bestes Beispiel: [2][Der ewig-charismatische Shaquille O’Neal] | |
ist seit kurzem der Manager der kleinen Sacramento State University. | |
## Entwicklungen wie in den Profiligen | |
Wirklich lebensverändernd ist die Neuerung jedoch für die breite Masse der | |
sogenannten „student athletes“. Etwas weniger als 10.000 | |
Basketballer:innen spielen mit Stipendium in der ersten Division der | |
NCAA. Ein Großteil von ihnen tut dies nun für eine Art Gehalt. Agenten sind | |
jetzt im Spiel. Weil jedoch niemand vertraglich an seine Universität | |
gebunden ist, haben sich bei den Männern alleine dieses Jahr 2.000 Spieler | |
durch das sogenannte „transfer portal“ für einen Wechsel angemeldet. | |
Der legendäre College-Coach Rick Pitino kündigte an, er werde keinen | |
einzigen Highschool-Spieler in sein Team holen, nur Transfers von anderen | |
Unis. Wie in einem professionellen Liga-System kristallisieren sich | |
Ausbildungsteams und Titelkandidaten heraus. Die Professionalisierung geht | |
so weit und schnell, dass der diesjährige Finalist Auburn University eine | |
ältere Startaufstellung aufs Feld stellte als fünf aktuelle Profiteams der | |
NBA. | |
Eine weitere Konsequenz von NIL ist ein Exodus von europäischem Talent in | |
die USA. Bislang war stets umstritten, ob ein früher Wechsel in die USA aus | |
sportlicher Sicht überhaupt sinnvoll ist. Durch die für europäische | |
Verhältnisse unglaublichen Geldmengen, welche die NIL einbringt, stellt | |
sich diese Frage nicht mehr. Der oben genannte Dybantsa wäre in Europa der | |
Topverdiener. Das 19-jährige deutsche Talent Johann Grünloh wechselt nach | |
einer Saison in Vechta zur University of Virginia und wird dort wohl rund | |
500.000 Dollar verdienen können. Damit wäre er ein absoluter Topverdiener | |
in Deutschland. Jungen Profis ist eine Rolle als 12. Mann in Europa für das | |
geringste Gehalt im Team kaum noch zu vermitteln. Vereine mit weitsichtigen | |
Jugendförderungen wie Zalgiris Kaunas geben deshalb die Altersgruppe 19 bis | |
24 praktisch komplett auf und unterzeichnen stattdessen Verträge mit jungen | |
Spieler:innen für den Fall ihrer Rückkehr nach Europa. | |
Wie College-Basketball in einem oder zwei Jahren aussehen wird, ist aktuell | |
unmöglich vorauszusehen. Auf das aktuelle Chaos werden neue Regelungen | |
folgen. Sicher ist, dass die Effekte in der gesamten Basketballwelt spürbar | |
sein werden. | |
13 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Philon Griesel | |
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