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# taz.de -- Die Wahrheit: Ja, wir haben keine Bananen
> Was viele Menschen über die grüne Insel nicht wissen: Irland ist
> Bananen-Exporteur. Vor gut 100 Jahren kamen die Iren auf den gelben
> Geschmack.
Meine Berliner Oma fragte oft, ob es in Irland Bananen gebe. Sie fürchtete,
dass ihre Urenkel darben mussten. So banden wir eines Tages Bananen,
Apfelsinen, Birnen und eine Ananas in die Palme vor unserem Haus, machten
ein Foto und schickten es ihr mit dem Vermerk: „Der berühmte irische Mixed
Fruit Tree.“ Danach erwähnte sie Bananen nie mehr.
Überraschenderweise liegt Irland als Bananenexporteur an 50. Stelle in der
Welt. Voriges Jahr führte Irland Bananen im Wert von 11,7 Millionen Dollar
aus, vor allem nach Großbritannien, Portugal und Frankreich. Im selben Jahr
importierte die Insel aber Bananen im Wert von 57,1 Millionen US-Dollar und
lag damit an 35. Stelle der Bananen importierenden Länder. Irgendwie geht
die Rechnung nicht auf.
Die Iren kamen vor einem Jahrhundert auf den Geschmack. Anders als
einheimisches Obst waren Bananen das ganze Jahr über erhältlich. In den
Dreißigerjahren verzehrten die Iren etwa zwei Kilo Bananen pro Jahr, heute
sind es 17 Kilo. Das entspricht 97 Bananen durchschnittlicher Größe.
Während 1939 und 1940 noch einige Bananen nach Irland gelangten, versiegten
die Lieferungen für den Rest des Zweiten Weltkrieges. Es überrascht daher
nicht, dass der Zwanzigerjahre-Hit „Yes, We Have No Bananas“ in den
Vierzigerjahren in Irland erneut in den Charts auftauchte.
Die amerikanischen Musiker Frank Silver und Irving Cohn hatten den Song
komponiert, als die Braunfäule in Brasilien eine Bananenknappheit in den
USA ausgelöst hatte. Angeblich soll ein griechischstämmiger Gemüsehändler
in New York den Musikern ihren Bananenwunsch mit eben jenem Satz
abgeschlagen haben, der dann zum Liedtitel wurde. Später wurden die beiden
vom US-Verleger Georg Friedrich Händels verklagt, weil sie vier Noten aus
Händels „Messiah“ übernommen hatten. 1923 entstand die deutsche Version
unter dem Titel „Ausgerechnet Bananen“.
Aufgrund des Nachholbedarfs begrenzte die irische Regierung nach dem
Zweiten Weltkrieg den Preis für Bananen. Erst in den Fünfzigerjahren
normalisierte sich die Versorgung wieder – bis zum EU-Binnenmarkt 1993. Der
hatte Folgen für die Bananen. Deutschland und Irland kauften billige
Bananen aus Mittel- und Südamerika, aber das Vereinigte Königreich und
Frankreich setzten einen EU-weiten Schutz für die teureren Bananen aus
ihren ehemaligen Kolonien durch. Das führte dazu, dass der Bananenpreis um
die Hälfte anstieg.
Viele Jahre später fand ich heraus, dass es den „Mixed Fruit Tree“
tatsächlich gibt. Der Kunstprofessor an der Universität Syracuse, Sam van
Aken, pflanzte 2008 seinen „Tree of 40 Fruit“ in New York, indem er Äste
von verschiedenen Bäumen zusammenpfropfte. Der Baum produziert 40
verschiedene Obstsorten – Pflaumen, Pfirsiche, Aprikosen, Nektarinen,
Kirschen und andere. Meine Oma wäre begeistert gewesen.
23 Sep 2024
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Irland
Bananen
Lebensmittel
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