# taz.de -- Ultras bleiben Niedersachsen-Derby fern: 1:0 für Innenministerin | |
> Dem Spiel von Eintracht Braunschweig gegen Hannover 96 gingen monatelange | |
> Fanproteste voraus. Hannovers Ultras kamen nicht. Prompt verlor ihr Team. | |
Bild: Besuch in der Nachbarstadt: Braunschweig-Anhänger protestieren am 3. Okt… | |
Braunschweig taz | Die beiden letzten Zweiligaderbys in der vergangenen | |
Saison waren von massiven Ausschreitungen überschattet worden. In der | |
Geschichte von Eintracht Braunschweig und Hannover 96 ist das nichts Neues, | |
die Abneigung währt seit Jahrzehnten und ist, wenn überhaupt, mit Dortmund | |
gegen Schalke oder Nürnberg gegen Fürth zu vergleichen. | |
Im letzten Aufeinandertreffen der beiden am 14. April in Braunschweig war | |
es von beiden Seiten zu [1][Pyroeinsatz und Böllerwürfen im Minutentakt] | |
gekommen, es flogen Raketen aufs Spielfeld und in den heimischen | |
Familienblock. Beim Hinspiel in der Landeshaupstadt am 5. November 2023 | |
hatte es kaum anders ausgesehen, neben den unvermeidlichen Pyros war es von | |
Seiten der Gästefans auch zu schwerem Vandalismus im Stadion gekommen. | |
Die niedersächsische Innenministerin [2][Daniela Behrens] (SPD) sah sich | |
spätestens nach dem Rückspiel zum Eingreifen gezwungen und drohte in den | |
Sommermonaten regelmäßig damit, bei künftigen Derbys [3][Gästefans | |
kategorisch auszuschließen]. Dies wird in anderen Ländern nach ähnlichen | |
Vorkommnissen bereits praktiziert, zum Beispiel in Spanien und Italien. Im | |
Europapokal ist es mittlerweile sogar üblich. | |
Die Antwort der aktiven Fanszene ließ nicht lange auf sich warten, in | |
seltener Einigkeit sprach man von „Populismus“ und „Sippenhaft“. Für d… | |
Verfehlungen einiger weniger müsse die ganze Gruppe den Kopf hinhalten, | |
kritisierten die Fans. | |
Die Ultras beider Seiten baten Behrens ein Gespräch an, was diese ablehnte. | |
Sie kündigte gegenüber verschiedenen Medien mehrfach an, dass ab sofort | |
striktere Maßnahmen ergriffen werden sollten, um künftig Exzesse wie in der | |
letzten Saison zu verhindern. Andere deutsche Ultrasgruppen schlossen sich | |
den Hannoveranern und Braunschweigern an, so waren zum Beispiel bei den | |
letzten Spielen des Hamburger SV Banner gegen Behrens und für eine „freie | |
Fankultur“ zu sehen. | |
Am Ende gab es einen Teilausschluss, statt der üblichen 2.100 Karten für | |
Auswärtsfans wurden 1.260 verkauft, zudem gab es ein Verbot für | |
Choreografien und Blockfahnen. Für die Fanszene war das keine akzeptable | |
Lösung. | |
Am Tag der Deutschen Einheit protestierten beide Lager in der jeweils | |
anderen Stadt. Rund 900 Hannoveraner zogen am Donnerstagmorgen unter dem | |
Motto „Für eine Fankultur ohne politische Einflussnahme“ mit Bannern wie | |
„Populismus entgegentreten“ friedlich vom Braunschweiger Hauptbahnhof zum | |
Kennedyplatz. Rund 500 Braunschweiger marschierten am Nachmittag durch die | |
Hannoveraner Innenstadt und skandierten vor dem Innenministerium „Wir holen | |
uns das Spiel zurück“. Die Forderung der Fans: „Keine halben Sachen – | |
volles Gästekontingent – Fankultur unverhandelbar“. | |
Beide Lager gaben an, dass es keinen Austausch zwischen den verfeindeten | |
Gruppen gegeben habe, man sich aber untereinander solidarisch zeige. Die | |
aktive Fanszene aus Hannover kündigte zudem im Vorfeld an, das Spiel | |
komplett zu boykottierten. Das zeigte Wirkung: Normalerweise innerhalb von | |
Minuten ausverkauft, gab es für dieses Derby wenige Tage vor dem Anpfiff | |
noch Tickets für den Gästebereich zu kaufen. | |
Am Spieltag wirkt die Lage im Stadion fast ein wenig gruselig. Zwar sind | |
die Ränge im Heimbereich gut besucht, aber es gibt keine Trommeln, keine | |
Fahnen, keine koordinierten Gesänge. Im Gästeblock bleiben mehr als die | |
Hälfte der Plätze frei, es fühlt sich einfach nicht nach Derby an. Und so | |
scheint es auch dem Team von [4][Hannover 96] zu gehen. Die Mannschaft, die | |
den Anschluss ans obere Tabellendrittel halten will, wirkt fahrig, wenige | |
Aktionen gelingen. | |
Ein völlig anderes Bild bietet sich beim Team von [5][Eintracht | |
Braunschweig], das tief im Tabellenkeller steckt, aber wesentlich giftiger | |
und engagierter auftritt und verdient mit 1:0 in die Pause geht. In der | |
zweiten Hälfte wird der Gast etwas stärker, aber Braunschweig behält das | |
Geschehen über weite Strecken im Griff. Das 2:0 von Sebastian Polter wird | |
noch vom Videoschiedsrichter aberkannt, dann gibt es kurz vor Schluss einen | |
Elfmeter, der das 2:0 und den erhofften Derbysieg für das Heimteam bringt. | |
Von Krawallen rund um das Stadion keine Spur, das Fehlen von Leuchtraketen, | |
die auf dem Rasen landen, scheint auch niemanden großartig zu stören. | |
Insofern ist der Teilausschluss von Gästefans vielleicht als Erfolg zu | |
werten. Als Kollektivstrafen bleibt er jedoch problematisch. | |
7 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Marc Halupczok | |
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