| # taz.de -- Rap an Schulen: Die Beats von Berlin | |
| > Ein Berliner Start-up bietet Rap-Workshops an Schulen an. Dadurch sollen | |
| > sprachliche und kulturelle Barrieren abegbaut werden. | |
| Bild: „Es ist mir egal, ob die Deutsch verstehen. Mir ist wichtig, dass sie s… | |
| Berlin taz | Die Bässe dröhnen, durch das Klassenzimmer schallt | |
| ukrainischer, serbischer, türkischer und kamerunischer Rap. „Wartet auf den | |
| Drop!“, ruft Herr Azizi, der hinter dem Lehrertisch tanzt. Die Kinder | |
| wippen im Takt, ihre Augen leuchten, wenn Rap aus ihrem Herkunftsland | |
| ertönt. | |
| Es ist Mittwochmorgen in der [1][Willkommensklasse] der | |
| Kolumbus-Grundschule in Reinickendorf. Auf Holzstühlen sitzen etwa 12 | |
| Kinder zwischen 7 und 12 Jahren und verputzen die letzten Reste Nutellabrot | |
| und Fischstäbchen aus ihren Brotdosen. „Seid ihr hier geboren?“, fragt Herr | |
| Azizi. Kopfschütteln. „Ich auch nicht“, sagt er ermutigend. „Ist nicht | |
| schlimm!“ | |
| Aras Azizi (Name von der Redaktion geändert) ist Rapper und Teil des Teams | |
| von Kanzi, einem sozialen Start-up aus Berlin, das Rapmusik mit Sprachen | |
| lernen verbindet. „Es ist mir egal, ob die Deutsch verstehen“, sagt der | |
| Sozialpädagoge. „Mir ist wichtig, dass sie sich menschlich verstehen.“ | |
| Kanzi bietet seit 2019 bundesweit Rap-Workshops von Rapper*innen an | |
| Schulen an. Das Ziel: junge Menschen empowern und sprachliche, soziale und | |
| kulturelle Barrieren abbauen. Angeboten werden die Workshops neben | |
| Willkommensklassen auch in Regelklassen in Grundschulen oder Gymnasien, in | |
| Jugendeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften. Gefördert wird das | |
| Start-up unter anderem von der Landeszentrale für politische Bildung. | |
| ## Rap soll die Kinder für interkulturelle Vielfalt sensibilieren | |
| „In drei Wochen wollen wir einen fertigen Rap-Text geschrieben haben“, sagt | |
| Azizi. Am Mittwochmorgen werden die Grundsteine gelegt. „Was braucht man | |
| für einen Rap?“, fragt er und macht gleich den Anfang: „Text, Tempo, | |
| Reime.“ [2][Einige scheinen ihnen zu verstehen, viele nicht.] Immer wieder | |
| fliegen türkische oder ukrainische Wortfetzen durch den Raum. | |
| „Die Klasse wurde erst Anfang dieses Schuljahres neu zusammengewürfelt“, | |
| erzählt die Klassenlehrerin, Frau Nasretdinova. Einige sprechen noch kein | |
| Wort Deutsch, andere verstehen schon das meiste. „Ich konnte auch kein | |
| Deutsch, als ich nach Deutschland kam“, erzählt der in Iran geborene | |
| kurdische Rapper den Kindern. „Aber das ist egal, Musik kennt keine | |
| Nationalität.“ Deshalb sei das [3][sprachlastige Musikgenre eine gute | |
| Möglichkeit, um Sprachbarrieren abzubauen und interkulturellen Austausch zu | |
| fördern]. | |
| Ein Schwerpunkt ist daher auch die Sensibilisierung für interkulturelle | |
| Vielfalt sowie die Vermittlung von Werten. Dazu bringt Azizi den Kids | |
| zunächst Begriffe wie Toleranz und Respekt näher. „Ich respektiere dich, | |
| weil du ein Mensch bist, egal ob aus Nordirak oder Serbien“, erklärt er | |
| einem Mädchen aus Serbien. „Diskriminierung – kennt ihr das?“, fragt er. | |
| Erneutes Kopfschütteln. „Vielleicht habt ihr es schon erfahren, kanntet | |
| aber den Begriff nicht“, sagt er, ihnen ihre kindliche Scheu nehmend. | |
| Normalerweise arbeite er mit 3. Klässler*innen, denen er gruppenweise | |
| Begriffe wie Toleranz oder Rassismus zuteilt. Anschließend schreiben die | |
| Kinder Zeilen dazu, die dann zu einem Rap zusammengefügt werden. Zum | |
| Eingrooven wird den Kids Rap aus ihren Herkunftsregionen vorgespielt. Sie | |
| bewegen sich zum Beat, kritzeln eifrig ihre Texte aufs Papier und stürmen | |
| kurze Zeit später singend und tanzend in die Pause, wo ein Kuchenbasar auf | |
| sie wartet. | |
| 13 Sep 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Protokoll-aus-einer-Willkommensklasse/!5234420 | |
| [2] /Willkommensklassen-in-Berlin/!5933590 | |
| [3] /Rap-im-Klassenzimmer/!5180404 | |
| ## AUTOREN | |
| Lilly Schröder | |
| ## TAGS | |
| Willkommensklasse | |
| Rap | |
| Integration | |
| Rap | |
| Klang | |
| Flüchtlinge | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Rap in den Lehrplan: Gen Alpha will Ikkimel und Goethe | |
| Rap aus Berlin ist roh, politisch und nah an der Lebensrealität vieler | |
| Jugendlicher. Genau deshalb sollte er auch im Unterricht Platz finden. | |
| Studie über Klang-Identität in Rapmusik: Wer den Beat macht, gibt den Ton an | |
| Haben Rapper oder Produzenten beim Sound die Oberhand? Hamburger | |
| Musikwissenschaftler haben mit Maschinenlernen eine Antwort gefunden. | |
| Protokoll aus einer Willkommensklasse: Der lange Weg zur Ausbildung | |
| Khaleel kam Anfang des Jahres aus Syrien nach Berlin. Nach langem Warten | |
| besucht er nun ein Gymnasium und will danach studieren. | |
| Pädagoge über Rap im Unterricht: "HipHop darf nicht die Seiten wechseln" | |
| Bildungsphilosoph Sanders befürchtet, dass Jugendliche sich durch | |
| "Rapucation", also HipHop als Lernmittel im Unterricht, um ihre Kultur | |
| betrogen fühlen könnten. | |
| Rap im Klassenzimmer: Isch mach disch Bildung | |
| Neue Wege gegen den Bildungsnotstand. Zwei junge Berliner verpacken in | |
| ihrem Projekt "Rapucation" Lehrplaninhalte in Musiktexte. Das gefällt den | |
| Schülern - und funktioniert. |