# taz.de -- Vorherrschaft im Nordosten Afrikas: Säbelrasseln im Kampf um Wasser | |
> Ein Konflikt zwischen Somalia und Äthiopien eskaliert. Ägypten postiert | |
> Truppen in Somalia. Streitpunkt: der äthiopische Staudamm am Nil. | |
Bild: Äthiopiens Premierminister Abiy Ahmed | |
Kampala taz | Nachdem er die äthiopische Nationalflagge gehisst und in | |
Festuniform seiner Leibgarde salutierte hat, tritt Äthiopiens | |
Premierminister Abiy Ahmed ans Rednerpult. | |
[1][In diesen Tagen feiert das äthiopische Volk seinen „Tag der | |
Souveränität“] – eine Gelegenheit für Staatschef Abiy, eine Warnung an d… | |
unmittelbaren Nachbarländer zu senden: „Äthiopien ist an Frieden und | |
Sicherheit interessiert“, betont er und blickt dann ernst in die Kameras, | |
denn seine Rede wird landesweit live übertragen: „Aber das Land wird gegen | |
all diejenigen Kräfte kämpfen, die uns bedrohen.“ | |
Seit einigen Wochen spitzt sich der Streit um die Vorherrschaft im | |
Nordosten Afrikas und [2][um die Kontrolle über den gewaltigen Nil-Fluss | |
erneut zu]. Einen Tag vor Abiys Rede in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba | |
am Sonntag übermittelte Äthiopiens Generalstabschef Berhanu Jula eine | |
ähnliche Botschaft. Er erwähnte Somalia allerdings namentlich: [3][„Somalia | |
verbündet sich mit Äthiopiens historischem Feind und unternimmt | |
unangemessene Schritte.“] | |
Äthiopien fühlt sich derzeit umzingelt und von den Ländern Ägypten und | |
Somalia auch militärisch bedroht. Mitte August unterzeichnete Somalias | |
Präsident Sheikh Mohamud in Kairo ein Verteidigungsabkommen mit Ägyptens | |
Präsident Abdelfattah al-Sisi. Zwei Wochen später landeten die ersten | |
ägyptischen Militärtransportflugzeuge auf dem Flughafen von Mogadischu – | |
mit Offizieren und Ausrüstung zur Errichtung von Kommandozentralen im Süden | |
Somalias. | |
## Auf beiden Seiten der Grenze | |
Tags darauf veröffentlichte das äthiopische Außenministerium eine | |
Erklärung, in der es Ägypten und die internationale Gemeinschaft implizit | |
vor einem ägyptischen Militäreinsatz in Somalia warnte, was Äthiopien | |
„nicht tolerieren könnte“. | |
Vergangene Woche dann verlegte Äthiopien zahlreiche Truppen und schweres | |
Kriegsgerät wie Panzer in die Region Ogaden, an der Grenze zu Somalia. | |
Jetzt stehen sich die verfeindeten Parteien quasi auf beiden Seiten der | |
äthiopisch-somalischen Grenze hoch gerüstet gegenüber. | |
Ausgelöst wurde der Regionalkonflikt zu Beginn des Jahres durch die | |
Unterzeichnung eines Abkommens zwischen Äthiopien und der Quasiregierung | |
von Somaliland, einer Region im Norden Somalias, die sich vor Jahrzehnten | |
für unabhängig erklärt hat. | |
Dabei geht es für Äthiopien um einen direkten Zugang zum Meer und zur | |
wichtigen Handelsstraße im Golf von Aden. Im Rahmen des Abkommens erklärte | |
sich Somaliland bereit, 20 Kilometer seiner Küste für 50 Jahre an Äthiopien | |
zu verpachten, das an der Küste einen Marinestützpunkt und einen | |
Handelshafen errichten möchte. Somalias Regierung sagte, das Abkommen würde | |
die „Souveränität“ des Staates verletzten. | |
## Streitpunkt Staudamm | |
Seit Juli bemüht sich nun die Türkei, zwischen den Konfliktparteien zu | |
vermitteln, die türkische Regierung unterhält enge Beziehungen zu beiden | |
Staaten. Eine dritte Gesprächsrunde zwischen dem türkischen Außenminister | |
und seinen äthiopischen und somalischen Amtskollegen hätte eigentlich | |
Anfang September stattfinden sollen. Stattdessen lud Somalia nun ägyptische | |
Truppen ins Land ein. | |
Unterdessen wandte sich Äthiopien an den UN-Sicherheitsrat und beschuldigte | |
Ägypten einer „aggressiven Haltung“. Streitpunkt ist ein Staudamm entlang | |
des Blauen Nils. Seit Jahrzehnten ist der im Bau; bis Ende des Jahres soll | |
der Stausee fertig gefüllt sein, hatte Abiy jüngst angekündigt. Die beiden | |
Länder streiten sich bereits seit Jahrzehnten um das Nil-Wasser, für beide | |
Länder die wichtigste Lebensader. | |
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, Ägypten und | |
Äthiopien seien Nachbarländer. Dies ist nicht der Fall und wurde nun | |
berichtigt. | |
10 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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