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# taz.de -- US-Open-Sieger Jannik Sinner: Der unbeirrbare rote Baron
> Der Italiener Jannik Sinner fällt nach positiven Dopingtests nun wieder
> mit gutem Tennis auf. Das Finale der US Open gewinnt er souverän.
Bild: Mit Power und Präzision: Sinner im Finale gegen Taylor Fritz
Als die US Open noch gar nicht begonnen hatten, ereignete sich der
wahrscheinlich wichtigste Moment für den späteren Champion [1][Jannik
Sinner]. Es war in der Pressekonferenz vor den New Yorker Turnier, als ein
übereifriger Moderator die Nachfragen zu Sinners unklarer Dopingaffäre und
seinen umstrittenen Freispruch abzuwürgen versuchte. Doch Sinner bremste
den Aufpasser – und anschließend redete der Südtiroler über alles, was in
den letzten Monaten passiert war. „Es tat gut, endlich darüber sprechen zu
können“, sagte Sinner, „ich habe ein reines Gewissen. Es war wie eine
Befreiung.“
Gut zwei Wochen später hatte Sinner dann eine noch viel größere Antwort
gegeben, die Antwort auf die Frage, wie er mit allen Zweifeln und
Selbstzweifeln rund um diese Offenen Amerikanischen Meisterschaften umgehen
würde. Der Erste der Tennisweltrangliste der Männer war nach einem extrem
souveränen 6:3, 6:4, 7:5-Sieg über den Amerikaner Taylor Fritz auch die
Nummer eins des schillernden Major-Spektakels im Big Apple, der kühle
Partschreck für das versammelte Promiaufgebot um [2][Megastar Taylor
Swift], Dustin Hoffmann, Matthew McConaughey oder Tesla-Besitzer Elon Musk.
Es war allerdings für den 23-jährigen Triumphator kein Jubel-, Trubel- und
Heiterkeitsmoment. Nicht nur wegen der Dopingangelegenheit, über die Sinner
sagte: „Das ist nicht verschwunden, es ist immer noch in meinem Kopf.“
Sondern auch wegen der Sorgen um seine schwer erkrankte Tante, die sich
immer wieder um ihn gekümmert hatte, wenn seine Eltern arbeiten mussten.
Tennis sei nicht das „wahre Leben“, sagte Sinner fast ein wenig bedrückt,
„ich würde lieber mehr Zeit mit Menschen verbringen, die mir wirklich etwas
bedeuten.“
Wie sich Sinner in einer herausfordernden Lebenslage dennoch auf den Centre
Courts in diesem Sommer behauptete, war erstaunlich. Schon jetzt ist klar,
dass der erste italienische US-Open-Sieger ein gewichtiges Wörtchen in der
Ära nach den großen Drei spielen wird. Auch wenn Alexander Zverev aktuell
auf Platz 2 der Weltrangliste rückte, sind Sinner und [3][der Spanier
Carlos Alcaraz] doch die prägenden Profis im Hier und Jetzt und wohl auch
der Zukunft. Sinner hatte das erste und letzte Wort in diesem
Grand-Slam-Jahr 2024, als Sieger in Australien, nun in New York. Alcaraz
gewann zwischendrin die Turniere in Paris und Wimbledon. Für die alten
Machthaber wie Đjoković oder Nadal blieb nichts mehr, aber auch nicht für
ehemals als Kronprinzen gehandelte Spieler wie Zverev, Medwedew oder
Tsitsipas.
## In nur 139 Minuten
Sinner krönte seine überzeugende Spielserie nun vorerst mit dem New
York-Coup, bei dem er seine Power und Präzision gegen den überforderten
Lokalmatador Fritz einsetzte. Sinners „unerschütterlicher Glaube“ sei der
Erfolgsfaktor gewesen, sagte TV-Experte Boris Becker, „ich kann nur staunen
über seine mentale Stärke.“ Nur einmal, bei einem 3:5-Rückstand im dritten
Satz, geriet der Südtiroler kurz in Schwierigkeiten, holte sich aber in
einem furiosen Schlussspurt die letzten vier Spiele und die Siegertrophäe
nach nur 139 Minuten. Mitreißende Atmosphäre war in der vollen Arena so nie
aufgekommen, Stimmungskiller Sinner hatte sein Werk planvoll zu Ende
gebracht.
„Wir haben den König“ titelte die Gazetta dello Sport zu Sinners
US-Open-Sieg und nannte ihn, sicher keineswegs übertrieben, „Italiens
beliebtesten Sportler“: „Er ist ein einfacher Junge wie der Freund von
nebenan.“ Nur auf dem Centre Court gibt es keine Nettigkeiten vom Mann, der
von seinen Fans auch der „rote Baron“ genannt wird, seiner Haarfarbe wegen.
55:5-Siege lautet die Gewinn-/Verlustrechnung für Sinner mit Stichtag
US-Open-Finale, sechs Titel hat er gewonnen, genau wie Alcaraz.
In der Weltrangliste aber steht er einsam an der Spitze, mit 11.180 Punkten
hat er mehr als viertausend Zähler Vorsprung vor Zverev (7.075). Sein New
Yorker Finalgegner Fritz, der auf Platz 7 vorrückte, ist mit 4.060 Punkten
schon eine ganze Welt entfernt. So wie auch gerade im Endspielduell.
9 Sep 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Jörg Allmeroth
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