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# taz.de -- Parteitag der US-Demokraten: Frust, Hype und Präsidententränen
> Draußen wird gegen die US-Unterstützung für Israels Krieg demonstriert.
> Drinnen feiert die Partei euphorisch ihre neue Kandidatin – und Joe
> Biden.
Bild: Kamala Harris trat beim Parteitag überraschend schon kurz am ersten Tag …
Chicago taz | Der erste Tag des diesjährigen Nominierungsparteitags der
Demokraten zeigte eindrucksvoll den Zwiespalt, mit dem viele demokratische
Wähler in diesen Tagen kämpfen. Zwar wollen alle nicht erneut vier Jahre
unter Ex-Präsident Donald Trump verbringen, doch zugleich sind viele im
Augenblick auch nicht bereit, für Vizepräsidentin Kamala Harris zu stimmen.
Der Grund ist die anhaltende Unterstützung der US-Regierung für Israels
Krieg gegen die Hamas in Gaza.
„Es ist unfassbar, dass beide großen politischen Parteien in den USA an der
Unterstützung und Lieferung von Waffen und Munition zur Fortsetzung des am
besten dokumentierten Völkermords in der Menschheitsgeschichte beteiligt
sind“, sagte Sarah aus Chicago im Gespräch mit der taz.
Sarah, die ihren Nachnamen nicht nennen wollte, war eine von tausenden
Demonstranten, die am Montag beim „March on the DNC“ teilgenommen haben.
Sie gehört zu denen, die sich aufgrund des Kriegs im Gazastreifen aktuell
nicht vorstellen können, Harris und die Demokraten zu wählen. Und das trotz
der Gefahr einer möglichen zweiten Trump-Amtszeit.
## Demonstranten berufen sich auf den Willen des Volkes
„Unsere Politiker verlieren gerade das Vertrauen des amerikanischen Volkes,
doch Politiker sollten eigentlich für uns arbeiten. Wir wählen sie, damit
sie die Werte des amerikanischen Volkes vertreten und umsetzen, und wenn
sie den Willen des amerikanischen Volkes offen ignorieren, verurteilen und
über ihn hinweg reden, entziehen sie sich ihrer Pflicht“, sagte Sarah, die
mit einem „Black Lives Matter“-T-Shirt und einem schwarzen Sonnenhut
bekleidet war.
Auch Yousef Khasho, der aus dem Vorort Skokie zur Demonstration nach
Chicago kam, will im November für keine der beiden großen US-Parteien
stimmen. „Ich weiß nicht, wer die Wahl gewinnen wird, aber weder Harris
noch Trump werden meine Stimme erhalten“, sagte Khasho, der im
Westjordanland geboren wurde und als Achtjähriger in die USA kam. Er wolle
für die Spitzenkandidatin der Green Party, Jill Stein, stimmen, die eine
klare Position zu Gaza bezogen habe.
Die Demonstranten marschierten von einem nahegelegenen Stadtpark bis zum
Veranstaltungsort des Parteitags, dem United Center. Dort durchbrach eine
kleine Zahl von ihnen einen Zaun, beschimpfte die Sicherheitskräfte und
bewarf sie mit Wasserflaschen und anderen Gegenständen. Es gab einige
Festnahmen.
Ansonsten blieb es aber ruhig. Unter den Demonstrierenden waren auch
Familien mit kleinen Kindern. Die aggressive Stimmung mancher
Protestteilnehmer zeigte allerdings, wie groß der Frust über die aktuelle
Politik der US-Regierung bei manchen ist.
## „Harris muss sich unsere Stimmen verdienen“
„Der Status quo ist nicht gut genug. Wir brauchen eine Veränderung und
Harris gibt uns keine Veränderung. Wir werden nicht einfach für sie
stimmen, nur weil wir Trump nicht wollen. Sie muss sich unsere Stimmen
verdienen“, sagte die aus Milwaukee angereiste Demonstrantin Elaine.
Von all dem war in der Arena nur wenig zu spüren. Der Gaza-Krieg spielte
bei der ganzen Euphorie über Harris und ihren [1][Vizekandidaten,
Minnesotas Gouverneur Tim Walz], nur eine untergeordnete Rolle. Die
Demokraten reiten seit knapp einem Monat eine Welle der Begeisterung. Mit
Harris ist die Energie unter den Anhängern zurück, die unter Präsident
Biden verloren gegangen war. Und dies war am Montagabend deutlich zu
spüren.
Mit der populären linken Kongressabgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez,
Ex-Außenministerin Hillary Clinton und natürlich Biden selbst fuhren die
Demokraten bereits am ersten Abend schwere Geschütze auf.
Ziel des Abends war es, den Unterschied zwischen Harris und Trump deutlich
hervorzuheben. Ein Redner nach dem anderen erklärte, dass Harris eine
Präsidentin sei, die sich für das Wohl von Amerikas Familien und Amerikas
Arbeitern einsetzen werde. Trump hingegen habe rein egoistische Gründe.
## Demokraten verbreiten positive Botschaften
„Kamala Harris arbeitet für die Menschen. Kamala Harris arbeitet für euch.
Donald Trump geht es nur um sich selbst“, sagte beispielhaft
Handelsministerin Gina Raimondo während ihrer Rede.
Es ging den Demokraten auch darum, eine positive Nachricht an die
Bevölkerung zu senden. Die USA seien ein Land, in dem jeder Erfolg haben
kann, in dem die Rechte der Menschen ausgeweitet und nicht beschränkt
werden. Für das Highlight des Abends sorgte jedoch Biden selbst. Noch vor
einem Monat hatte er damit gerechnet, in dieser Woche die Nominierung
seiner Partei als Präsidentschaftskandidat für eine zweite Amtszeit
anzunehmen.
Biden hatte Tränen in den Augen, nachdem ihn seine Tochter Ashley mit
rührenden Worten vorgestellt hatte. In seiner Rede erklärte er dann, dass
die Demokratie gesiegt habe und es nun darum gehe, sie mit einem Sieg von
Harris im November zu festigen. „Thank You, Joe, Thank You, Joe“-Rufe
wurden von den mehr als 20.000 Menschen im United Center immer wieder
angestimmt.
## Biden betont seine Erfolge, die Harris’ Erfolge seien
Biden unterstrich die [2][Erfolge seiner Regierung] und machte deutlich,
dass Harris einen großen Anteil an diesen Erfolgen gehabt habe. „Ich frage
Sie: Sind Sie bereit, für die Freiheit zu stimmen? Sind Sie bereit, für
Demokratie und Amerika zu stimmen? Sind Sie bereit, Kamala Harris und Tim
Walz zu wählen?“
Harris selbst überraschte viele, als sie am frühen Abend selbst die Bühne
betrat und sich bei Biden für dessen Lebenswerk bedankte. „Joe, vielen Dank
für deine historische Federführung, für deinen lebenslangen Dienst im
Auftrag unserer Nation und für alles, was du weiterhin tun wirst. Wir sind
dir für immer dankbar!“
20 Aug 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Hansjürgen Mai
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