# taz.de -- Abtreibungsrecht in Polen: Kein großer Wurf | |
> Die neue Regierung in Polen weicht das harte Abtreibungsverbot ein klein | |
> wenig auf. Das wurde auch Zeit, denn den Frauen reißt der Geduldsfaden. | |
Bild: Protest vor dem polnischen Parlament im Juli 2024: Die Frauen fordern ein… | |
Die Aushöhlung demokratischer Institutionen und die Demontage des | |
Rechtsstaates, die die nationalpopulistische Partei Recht und Gerechtigkeit | |
(PiS) während ihrer achtjährigen Regierungszeit in Polen erfolgreich | |
bewerkstelligt hat, ist [1][nicht über Nacht zu reparieren]. Das müssen | |
mittlerweile auch all jene einsehen, die den Machtwechsel zu einer | |
Regierung des Liberalen Donald Tusk infolge der Parlamentswahlen vom | |
Oktober 2023 möglich gemacht haben. | |
Demgegenüber reißt Millionen Frauen, die landesweit und lautstark gegen das | |
Abtreibungsgesetz – weltweit eines der restriktivsten – auf die Straße | |
gegangen waren, langsam der Geduldsfaden. Zu Recht. Denn entgegen anders | |
lautenden Versprechen im Wahlkampf, hier eine Liberalisierung | |
voranzutreiben, ist Tusk bislang im Verzug. Und das reichlich. | |
Die Gründe dafür sind offensichtlich. Eine [2][Parlamentsabstimmung im | |
vergangenen Juli] hat gezeigt, dass nicht einmal alle | |
Parteigänger*innen Tusks davon überzeugt sind, entsprechende Reformen | |
durchzuziehen. Ganz zu schweigen vom Koalitionspartner Dritter Weg, der in | |
dieser Frage ohnehin nach Kräften mauert. Selbst wenn das anders wäre, ist | |
da Polens PiS-affiner Staatschef Andrzej Duda. Der ist immerhin noch bis | |
zur nächsten Präsidentenwahl im Frühjahr 2025 im Amt. Er wird im Fall der | |
Fälle auch hier gnadenlos von seinem Vetorecht Gebrauch machen. | |
Dermaßen im Zangengriff bleibt Tusk da nur noch die normative Kraft des | |
Faktischen. Im vergangenen Juni wurde ein Krankenhaus, das eine Abtreibung | |
verweigert hatte, mit einer Geldstrafe belegt. [3][Jetzt sollen neue | |
Regierungsrichtlinien den Zugang zu einer Abtreibung partiell erleichtern]. | |
Zugegeben: Der große Wurf ist das nicht, aber immerhin ein Anfang. | |
Einer Umfrage vom vergangenen April zufolge sind nur 14 Prozent der | |
Befragten dafür, das quasi totale Abtreibungsverbot beizubehalten. Das | |
macht Tusks Dilemma deutlich: Er wird liefern müssen. Andernfalls könnten | |
die Ergebnisse der nächsten Parlamentswahlen für ihn bitter ausfallen. | |
5 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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