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# taz.de -- Neuer Polizeichef Israels: Von Itamar Ben-Gvirs Gnaden
> Ein Vertrauter des rechtsextremen Ministers für Nationale Sicherheit wird
> Polizeichef. Eine Unterwanderung durch die Siedlerbewegung?
Bild: Der frisch gekürte Polizeichef Daniel Levy bei seiner Vereidigung in Jer…
Jerusalem taz | Israels rechtsextremer Minister für nationale Sicherheit,
Itamar Ben-Gvir, strebt seit seinem Amtsantritt die Kontrolle über die
Polizei des Landes an. Nun dürfte er diesem Ziel einen großen Schritt näher
gekommen sein. Nun wurde sein präferierter Kandidat Daniel Levy als neuer
Polizeichef vereidigt. Dieser bringe eine „zionistische und jüdische Agenda
mit und wird die Polizei entsprechend meinen Vorgaben führen“, erklärte der
Minister.
Levy sagte in seiner Antrittsrede, er werde „die Souveränität des Staates
stärken und gegen jeden vorgehen, der die Rechtsstaatlichkeit untergräbt.“
Er pflegt enge Verbindungen zu Ben-Gvir, der ihn letztes Jahr zum
Polizeichef des Küstenbezirks machte, zu dem unter anderem die Hafenstadt
Haifa gehört.
Der Minister sieht in der Polizei ein Werkzeug für seine politischen Ziele,
geriet jedoch schnell mit Levys Vorgänger Kobi Shabtai aneinander. Nur Tage
nach seinem Amtsantritt im Dezember 2022 befahl Ben-Gvir den Beamten,
landesweit palästinensische Flaggen zu entfernen, da diese „zu Terrorismus
anstachelten“.
Zusätzlich zu solch öffentlichkeitswirksamen Aktionen nimmt er seither
Einfluss darauf, wer in der Behörde vorankommt und wer nicht. Seine
Amtsvorgänger machten vom ministeriellen Vetorecht für hochrangige
Neubesetzungen in der Polizei nur in Ausnahmefällen Gebrauch – Ben-Gvir
hingegen regelmäßig.
## Polizisten weigerten sich, Siedler zu verhören
Seine Bemühungen – zusammen mit der seit dem Hamas-Überfall am 7. Oktober
2023 nationalistisch aufgeladenen Stimmung – zeigen Wirkung. Es mehren sich
Berichte, denen zufolge [1][Beamte bei Ausschreitungen rechter Aktivisten
nicht eingreifen], etwa als Ende Juli teils bewaffnete junge Männer
Militärbasen in Lod und Sde Teiman stürmten. Die Eindringlinge wollten die
Festnahme mehrerer Soldaten wegen [2][Misshandlung eines Palästinensers]
verhindern.
Andernorts weigerten sich Polizisten laut Medienberichten, einen Siedler zu
verhören. Soldaten hatten ihn zuvor bei dem Versuch festgenommen, ein
palästinensisches Dorf zu betreten.
Ex-Polizeichef Shabtai hatte in seiner Abschiedsrede Mitte Juli gewarnt:
„Der Kampf gegen die Politisierung der Polizei ist auf dem Höhepunkt.“
Ben-Gvir war zu der Zeremonie nicht eingeladen worden, Regierungschef
Benjamin Netanjahu war nicht erschienen. Sein Nachfolger, sagte Shabtai,
erbe „eine sehr schwierige Aufgabe“.
Levys bisherige Karriere lässt wenig Hoffnung, dass er ihr gerecht werden
könnte. Im von ihm geleiteten Küstenbezirk [3][ist die Kriminalitäts- und
Mordrate in arabischen Gemeinden jüngst sprunghaft gestiegen], während die
Polizei kaum Ermittlungserfolge vorweisen kann. Levy konzentrierte sich
laut Medienberichten stattdessen auf ein hartes Vorgehen gegen
regierungskritische Proteste. Ein Verbot einer arabisch-jüdischen
Demonstration in Haifa musste er nach Kritik des Obersten Gerichts
zurückziehen.
## Levy kommandierte Einsatz bei der Beerdigung Abu Akles
Ein weiteres Ereignis in seiner Karriere sticht heraus: 2021 kommandierte
Levy als Vize-Polizeichef von Jerusalem den umstrittenen Einsatz während
der [4][Beerdigung der palästinensischen Journalistin Schirin Abu Akle].
Sie war zuvor bei einem israelischen Armeeeinsatz erschossen worden. Die
Bilder von israelischen Polizisten, die mit Schlagstöcken auf die
Sargträger einprügeln, gingen um die Welt.
„Die Ernennung Levys signalisiert den Zusammenbruch der Unabhängigkeit der
israelischen Polizei und ihre vollständige Unterwerfung unter Ben Gvir“,
schreibt der [5][Ha’aretz-Journalist Amir Tibon.]
Dass er mit seiner Einschätzung nicht alleine ist, zeigt ein vergangene
Woche veröffentlichter Brandbrief des Inlandsgeheimdienst-Chefs Ronen Bar.
In dem Schreiben an Ministerpräsident Netanjahu und weitere
Kabinettsmitglieder warnt Bar, „jüdischer Terrorismus“ der sogenannten
Hügeljugend im Westjordanland sei außer Kontrolle und stelle eine
ernsthafte Bedrohung für den Staat dar. Ein „Gefühl der Unterstützung“
durch die Polizei ermutige die Täter.
## Wem wird sich Levy gegenüber loyal zeigen?
Auf den neuen Polizeichef Levy wartet bereits die erste Bewährungsprobe:
Minister Ben-Gvir hat den Polizeibeamten Meir Suissa zum Leiter des Bezirks
Tel Aviv-Süd ernannt. Gegen Suissa läuft allerdings seit Juli ein
Verfahren, weil er im März 2023 eine Blendgranate auf
[6][regierungskritische Demonstranten] geworfen und diese verletzt hatte.
Am Sonntag erklärte Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara die
Beförderung für ungültig. Ben-Gvir will das ignorieren, ist dafür aber auf
die Unterschrift des Polizeichefs angewiesen. An seiner Entscheidung wird
sich ablesen lassen, wem sich dieser mehr verpflichtet fühlt: Minister
Ben-Gvir oder dem Rechtsstaat.
26 Aug 2024
## LINKS
[1] /Gefangenenlager-in-Israel/!6027204
[2] /Palaestinenser-in-Israels-Gefaengnissen/!6021130
[3] https://www.haaretz.com/israel-news/2024-05-18/ty-article-magazine/.highlig…
[4] /Tod-einer-Reporterin-im-Westjordanland/!5930458
[5] https://www.haaretz.com/ty-WRITER/0000017f-da25-d42c-afff-dff77f020000
[6] /Massenproteste-in-Israel/!6016093
## AUTOREN
Felix Wellisch
## TAGS
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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Westjordanland
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IG
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