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# taz.de -- Rechte von LGBTQIA+ in Bulgarien: Ein Gesetz gegen „Propaganda“
> Bulgarien reformiert das Bildungsgesetz und verbietet die „Förderung von
> Ideen nicht-traditioneller sexueller Orientierung“. NGOs sind besorgt.
Bild: Die Regenbogenfahne als Superman-Cape: Proteste in der bulgarischen Haupt…
Berlin taz | Gegen LGBTQIA+ um jeden Preis: Das bulgarische Parlament hat
Mitte der Woche eine Änderung des Bildungsgesetzes verabschiedet. Fortan
sind „direkte oder indirekte Propaganda, die Förderung oder Verbreitung von
Ideen und Ansichten im Zusammenhang mit einer nicht-traditionellen
sexuellen Orientierung und/oder einer anderen Geschlechtsidentität als der
biologischen“ an Schulen verboten.
Für die neue Fassung stimmten 135 von 240 Abgeordneten – darunter auch
Vertreter*innen der konservativen proeuropäischen Partei Bürger für
eine europäische Entwicklung Bulgariens (GERB) des früheren
Ministerpräsidenten Bojko Borissow.
Auch ein weiterer Text, der den Terminus „nichttraditionelle sexuelle
Orientierung“ definiert, ging durch. Diese unterscheide sich „von den
allgemein akzeptierten und etablierten Vorstellungen der bulgarischen
Rechtstradition über emotionale, romantische, sexuelle oder sinnliche
Anziehung zwischen Personen unterschiedlichen Geschlechts.“ Am Mittwoch kam
es in der Hauptstadt Sofia zu Protesten. Die Teilnehmer*innen riefen
„Schämt Euch!“ und „Hört auf, Menschen aus Bulgarien zu vertreiben!“.
Initiator der Gesetzesänderung war die rechtsextreme Partei Vasraschdane
(Wiedergeburt), die [1][bei den jüngsten Parlamentswahlen am 9. Juni 2024
mit 13,8 Prozent viertstärkste Kraft] wurde und mit 38 Abgeordneten in der
Volksversammlung sitzt. Die prorussische Vasraschdane erfreut sich
wachsender Zustimmung. Zwischen 2020 und 2022 tat sich die Truppe als
Coronaleugnerin hervor und machte gegen Imfpungen mobil. Sie lehnt jegliche
Hilfen für die Ukraine ab. 2022 versuchte die Partei ein von Russland
abgekupfertes „Gesetz über ausländische Agenten“ ins Parlament
einzubringen, der Versuch scheiterte jedoch.
## Hasstiraden im Parlament
In der Bildungsdebatte gerieten die Beiträge einzelner
Volksvertreter*innen zu regelrechten Hasstiraden. Die
Vasraschdane-Abgeordnete Zvezdelina Karawelowa forderte, dass gegen diese
„Päderastie“ vorgegeangen werden sollte. Sie hoffte, dass ihr einjähriger
Sohn niemals einen Ehemann mit nach Hause bringen werde.
Die Chefin der Sozialisten (BSP), Kornelia Ninowa, wusste von Anrufen
besorgter Bulgar*innen aus dem Ausland zu berichten, um vor den Gefahren
der Gender-Ideologie im Westen zu warnen. Es gebe da Leute, so Ninowa, die
morgens ein, am Nachmittag ein zweites und am Abend ein drittes Ding seien.
Diese Gender-Idologie werde von reichen und einflussreichen Leuten
verbreitet, sie habe sich in die Schulen eingeschlichen und schickten sich
an, diese zu übernehmen.
2023 hatte die BSP versucht, ein Referendum gegen „Gender-Ideologie“ zu
initiieren. Zudem macht die Partei Stimmung gegen [2][die
Istanbul-Konvention] – eine Übereinkunft des Europarats zur Verhütung und
Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Die Konvention
fördere LGBTQIA+-Rechte, lautet die Erzählung. Die Konvention hat Bulgarien
zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert.
Das bulgarische Helsinki-Komittee, eine Menschenrechtsorganisation, hatte
die Abgeordneten aufgefordert, gegen die Gesetzesänderung zu stimmen. Diese
verstosse gegen „grundlegende Menschenrechte“ sowie Rechte, die in der
bulgarischen Verfassung, in EU-Gesetzen und internationalen Konventionen
verankert seien, heißt es in einer Stellungnahme.
## Kern der Demokratie
Diese Gesetzesänderung nimmt „implizit eine Hexenjagd vorweg und
sanktioniert alle Bildungsbemühungen im Zusammenhang mit LGBTQ-Personen in
der Schule“, sagte Denitsa Ljubenowa, Anwältin der bulgarischen
Nichtregierungsorganisation Dejstwie, die sich für die Rechte von
LGBTQ-Menschen einsetzt.
Die Gruppe zieht einen direkten Vergleich zwischen dem Änderungsentwurf und
der stetigen Einschränkung der Menschenrechte und der Rechte sexueller und
geschlechtlicher Minderheiten in Russland. „In den 30 Jahren des
demokratischen Übergangs hat die politische Elite Bulgariens nie
verstanden, dass die Menschenrechte den Kern der Demokratie bilden“, heißt
es in einer Erklärung.
9 Aug 2024
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## AUTOREN
Barbara Oertel
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