Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rückzüge an der Linken-Spitze: Der Wandel war zu rabiat
> Die Linkspartei ist existenziell gefährdet. Die Chefs Wissler und
> Schirdewan sind damit gescheitert, die überalterte Partei für Junge zu
> öffnen.
Bild: Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan und Janine Wissler
Dass Martin Schirdewan und Janine Wissler auf den ChefInnen-Job bei der
Linken verzichten, ist eine der wenigen guten Nachrichten für die
Linkspartei. [1][Sie leidet seit Langem unter einem Hang zu frei drehendem
selbstzerstörerischem Streit.] Die Machtkämpfe wurden immer unerbittlicher,
während der Einfluss der Partei schrumpfte und schrumpfte. Das ist die
Logik einer Sekte. Ob der Rückzug der ChefInnen den bitter nötigen
innerparteilichen Kulturwandel – mehr Solidarität, weniger Narzissmus –
nachhaltig beflügelt, ist eher zu bezweifeln.
Die Linkspartei ist existenziell gefährdet. Ihr fehlt attraktives Personal
ebenso wie eine zündende neue Idee. Die Rollen als SPD-Kritikerin und
Vertretung des Ostens sind überholt. Die Abspaltung von Sahra Wagenknecht
war unvermeidlich. Aber [2][das BSW verfinsterte die ohnehin bescheidenen
Wahlaussichten der Partei] im Osten dramatisch.
Diese Misere geht auch auf das Konto von Wissler und Schirdewan. Vor allem
im Osten ist der Generationswechsel misslungen. Der Wandel von einer etwas
langweiligen, behäbigen, überalterten Partei zu einer Regenbogenpartei, die
junge, woke Milieus in urbanen Zentren adressierte, war zu kühn, zu rabiat.
Die Volkssolidarität-Welt in der ostdeutschen Provinz verbindet wenig mit
radikalen Refugees-Welcome-AktivistInnen und Klimaklebern in Berlin und
Leipzig.
## „Warte nicht auf bessere Zeiten“
Mag sein, dass dieser Bruch schwierig zu moderieren war. Schirdewan und
Wissler haben ihn zu wenig begriffen. [3][Sie machten mit Carola Rackete
eine Flüchtlingsaktivistin mit sehr viel Sendungsbewusstsein und sehr wenig
politischem Verstand zur Spitzenkandidatin für die Europawahl]. Das war
eine fast komische Verwechselung: Ein verknöcherter Parteiapparat versuchte
mit der Vitaminspritze einer Bewegung eine Revitalisierung – und übersah,
dass diese Bewegung auch nur Restverwaltung war. Dass Gerhard Trabert den
Sprung ins EU-Parlament verpasste, war eine tragische Farce. Er verkörpert
den Spirit der Linken – soziale Gerechtigkeit und Caritas – mehr als
Rackete.
Aber um die Krise der GenossInnen zu verstehen, muss man neben
hausgemachten Fehlern auch den Rahmen sehen, in dem sich linke Politik
bewegt: Wir erleben eine globale Rechtsentwicklung. Viele halten
Bürgergeldempfänger und Solidarität mit der Ukraine, MigrantInnen und den
Ökoumbau der Gesellschaft für schlimme Übel – und nicht Ungleichheit und
niedrige Löhne. Da ist es schwierig, Debatten von links zu prägen. Das
sollte nicht nur Fans der Linkspartei beunruhigen.
Warte nicht auf bessere Zeiten, hat Wolf Biermann einst gesungen.
Realistisch gesehen ist das die Perspektive der Linkspartei. Noch da zu
sein, wenn sich der Wind wieder dreht.
19 Aug 2024
## LINKS
[1] /Existenzkrise-der-Linkspartei/!6027876
[2] /Scholz-und-BSW/!6027942
[3] /Linke-Spitzenkandidaten-ueber-Europawahl/!6008719
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
Die Linke
Martin Schirdewan
Janine Wissler
Carola Rackete
GNS
Die Linke
Ampel-Koalition
Die Linke
Schwerpunkt Landtagswahlen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bewerbungen für Linken-Vorsitz: Aus verschiedenen Richtungen
Jan van Aken und Ines Schwerdtner wollen Parteichefs der Linken werden.
Sollten sie gewählt werden, wären sie ein ungleiches Führungsduo.
Länderkoalition nicht ausgeschlossen: Esken und Nouripour blinken gen BSW
SPD und Grüne haben Differenzen mit dem BSW. Ihre Parteichefs wollen eine
mögliche Kooperation in den Ländern aber den dortigen Verbänden überlassen.
Existenzkrise der Linkspartei: Wissler und Schirdewan treten ab
Die Parteivorsitzenden wollen nicht mehr weitermachen. Zwei Monate vor
ihrem Bundesparteitag muss die Linke nach einer neuen Führungsspitze
suchen.
Scholz und BSW: Rückenwind vom Kanzler
Waffenlieferungen und die Stationierung von US-Raketen – Olaf Scholz
diskutiert nicht lange. Sein autoritäres Schweigen nützt den
Friedenspopulisten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.