# taz.de -- Aufarbeitung der Coronazeit: Spahn verteidigt sich | |
> Veröffentlichte RKI-Dokumente bringen den Ex-Gesundheitsminister unter | |
> Rechtfertigungsdruck. Wie war das mit der „Pandemie der Ungeimpften“ | |
> gemeint? | |
Bild: Jens Spahn steht wegen Äußerungen als Bundesgesundheitsminister in der … | |
Berlin dpa/taz | Der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ist | |
Kritik an der von ihm benutzten [1][Formulierung „Pandemie der | |
Ungeimpften“] in der Corona-Krise entgegengetreten. „Damit war gemeint bei | |
mir, dass wir auf den Intensivstationen damals vor allem Menschen ohne | |
Impfungen gesehen haben, die schwere und schwerste Verläufe hatten“, sagte | |
der CDU-Politiker dem ZDF. Das sei eine Situation gewesen, „die das | |
Gesundheitssystem zu überfordern drohte“. | |
Hintergrund ist die Veröffentlichung ungeschwärzter Dokumente über die | |
Sitzungen des Corona-Krisenstabs beim Robert Koch-Institut (RKI). Eine | |
Gruppe um eine Journalistin, die zu den Kritiker:innen der | |
Corona-Politik der Bundesregierung zählt, hatte die Unterlagen online | |
gestellt und am Dienstag in einer Pressekonferenz vorgestellt. Das RKI | |
erklärte dazu, es habe die Datensätze „weder geprüft noch verifiziert“. | |
In einem Dokument, betitelt als Ergebnisprotokoll vom 5. November 2021, | |
heißt es demnach von einem Vertreter eines RKI-Fachgebiets: „In den Medien | |
wird von einer Pandemie der Ungeimpften gesprochen. Aus fachlicher Sicht | |
nicht korrekt, Gesamtbevölkerung trägt bei. Soll das in Kommunikation | |
aufgegriffen werden?“ Vonseiten der Bundeszentrale für gesundheitliche | |
Aufklärung gebe es keine Entwarnung. Regeln zu Abstand, Hygiene, Lüften | |
würden wieder stärker in den Fokus genommen. „Dient als Appell an alle, die | |
nicht geimpft sind, sich impfen zu lassen.“ Dann äußert ein Vertreter eines | |
anderen Fachgebiets: „Sagt Minister bei jeder Pressekonferenz, vermutlich | |
bewusst, kann eher nicht korrigiert werden.“ | |
Ein Sprecher Spahns [2][sagte der FAZ], der damalige Minister habe auf den | |
Umstand verwiesen, dass 90 bis 95 Prozent der Covid-19-Patient:innen auf | |
Intensivstationen nicht geimpft gewesen seien. „Die fachliche Einschätzung | |
aus dem RKI, dass die Gesamtbevölkerung auch beiträgt, widerspricht dem | |
nicht.“ Spahn schrieb beispielsweise am 7. September 2021 bei Twitter: „Bei | |
Inzidenz und auf Intensivstationen sehen wir: Wir erleben eine anwachsende | |
Pandemie der Ungeimpften. Alle, die können, sollten sich ihren Schutz | |
holen!“ | |
„Das war die entscheidende Botschaft: Wenn sich möglichst viele impfen | |
lassen, geht es auch schneller in die Normalität zurück“, erläuterte Spahn | |
am Donnerstagabend im ZDF. „Das mag auch moralischen Druck bedeutet haben | |
für manche, die sich noch nicht haben impfen lassen, aber das lag natürlich | |
auch in der Pandemiezeit damals begründet.“ | |
## Lauterbach: Überwiegend Ungeimpfte auf Intensivstationen | |
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) teilte dem Spiegel mit | |
Blick auf seinen Vorgänger mit: „Spahn hat wohl gemeint, dass sich zwar | |
auch Geimpfte infizieren könnten, das war ja bekannt und wurde auch von ihm | |
nicht bestritten. Es waren allerdings überwiegend Ungeimpfte, die mit | |
schweren Verläufen auf die Intensivstation mussten“. Viele der getroffenen | |
Maßnahmen seien notwendig gewesen, um besonders Ungeimpfte und das | |
Gesundheitswesen zu schützen. | |
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen äußerte sich besorgt, dass mit | |
der ungeschwärzten Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte insbesondere von | |
Mitarbeiter:innen des RKI verletzt würden. Zudem werde mindestens in | |
Kauf genommen, dass ihre Sicherheit dadurch erheblich gefährdet werde. „Es | |
muss nun alles getan werden, dass diese Menschen, die im RKI eine | |
außerordentliche Arbeit zur Bewältigung dieser nie dagewesenen | |
Gesundheitskrise für dieses Land geleistet haben, den notwendigen Schutz | |
erfahren, der nun erforderlich geworden ist.“ | |
Das RKI will seine Protokolle nach Angaben Lauterbachs zu einem noch nicht | |
genannten Zeitpunkt selbst veröffentlichen. Die Dokumente zeigen, worüber | |
der Krisenstab bei seinen Sitzungen jeweils beriet: aktuelle | |
Infektionszahlen, internationale Lage, Impfungen, Tests, Studien oder | |
Eindämmungsmaßnahmen. | |
Das RKI hatte im Mai bereits die Protokolle [3][für die Zeit von Januar | |
2020 bis April 2021] weitestgehend ohne Schwärzungen veröffentlicht. | |
Auslöser war [4][eine vorherige Veröffentlichung] stärker geschwärzter | |
Protokolle durch das [5][obskure Online-Magazin Multipolar]. Dass | |
zahlreiche Passagen zu dem Zeitpunkt geschwärzt waren, löste eine | |
[6][Debatte über die Unabhängigkeit des RKI] aus. | |
26 Jul 2024 | |
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[1] /Aktuelle-Nachrichten-in-der-Coronakrise/!5799659 | |
[2] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/jens-spahn-weist-kritik-an-seine… | |
[3] /Corona-und-Aufarbeitung/!6001147 | |
[4] /Aufarbeitung-der-Pandemie-Massnahmen/!5998044 | |
[5] /Verschwoerungsmagazin-und-RKI-Files/!6000899 | |
[6] /Epidemiologe-ueber-Corona-Aufarbeitung/!6001154 | |
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Hajo Zeeb. |