# taz.de -- Drug-Checking in Berlin: Hohe Nachfrage nach Drogenanalysen | |
> Rund 2.000 Proben hat das Berliner Drug-Checking-Projekt im ersten Jahr | |
> getestet – und in jedem zweiten Fall gewarnt. Trotzdem drohen | |
> Einsparungen. | |
Bild: Was und wie viel steckt hier drin? Ecstasy-Pille mit „Red Bull“-Präg… | |
Berlin taz | MDMA, versetzt mit Heroin. Kokain und Ketamin, gestreckt mit | |
dem Tierentwurmungsmittel Tetramisol. [1][Gras], unter das ein | |
Antidepressivum gemischt wurde: Das sind drei aktuelle Warnungen auf der | |
[2][Webseite] des Berliner [3][Drug-Checking]-Projekts, das vor einem Jahr | |
gestartet ist und von der Senatsgesundheitsverwaltung gefördert wird. | |
Seitdem können Konsument*innen an drei Teststellen kostenlos, legal und | |
anonym psychoaktive Substanzen analysieren lassen. | |
Das Angebot kommt so gut an, dass im ersten Jahr hunderte | |
Interessent*innen abgewiesen werden mussten. Das geht aus einer Bilanz | |
der Gesundheitsverwaltung hervor, die auf Nachfrage des Grünen-Angeordneten | |
Vasili Franco erstellt wurde. Demnach wurden von Juli 2023 bis Juni 2024 | |
rund 1.800 Proben ausgewertet und fast 850 Warnungen veröffentlicht. In dem | |
Zeitraum konnten 785 Anfragen nicht angenommen werden. | |
Die Statistik zeigt, dass vor allem [4][die typischen Partydrogen | |
analysiert] wurden: Am häufigsten – 453 Mal – haben die Konsument*innen | |
MDMA und Ecstasy-Pillen testen lassen: Jede vierte Probe war somit ein | |
MDMA-Produkt. An zweiter Stelle mit 354 Fällen folgen Cathinone, zu denen | |
auch die Substanz Mephedron zählt. Auf den weiteren Plätzen liegen Speed, | |
Kokain und Ketamin. | |
Für Vasili Franco, Fraktionssprecher für Drogenpolitik, untermauern die | |
Zahlen den Erfolg und die Notwendigkeit von Drug-Checking: „Das Berliner | |
Projekt leistet einen wertvollen Beitrag zur Verhinderung von gefährlichen | |
Konsummustern, Fehlgebrauch und Überdosierungen“, sagte Franco am | |
Donnerstag. „Auch Konsumierende illegaler Substanzen haben ein Recht auf | |
Gesundheitsschutz. Daher muss gelten: Wenn schon konsumiert wird, dann | |
möglichst sicher.“ | |
## Rot-grün-rotes Vorzeigeprojekt | |
Das Drug-Checking nach dem [5][Vorbild von Städten wie Zürich] war ein | |
Vorzeigeprojekt des ehemaligen Berliner rot-grün-roten Senats. Im Juni 2023 | |
[6][ging es mit zwei Jahren Verspätung an den Start]. An den drei | |
Teststellen in Schöneberg, Kreuzberg und Neukölln werden die eingereichten | |
Substanzen meist innerhalb von drei Tagen darauf geprüft, ob sie gefährlich | |
oder gestreckt sind. | |
Die meisten Warnungen wurden laut Bilanz ausgesprochen, weil Drogen | |
verunreinigt oder falsch deklariert waren. An dritter Stelle folgen | |
Warnungen wegen hoher Dosierungen – die im Laufe des Jahres allerdings | |
seltener wurden. Die Warnungen werden auf der [7][Webseite des | |
Drug-Checking-Projekts veröffentlicht], die im ersten Jahr mehr als 200.000 | |
Mal aufgerufen wurde. | |
Für den Erfolg des Drug-Checking-Projekts sprechen auch Daten aus dem | |
Fragebogen, den die Konsument*innen an den Teststellen ausfüllen | |
können. Vier von fünf Befragten geben an, vorher noch nie Kontakt zu | |
Angeboten der Suchthilfe gehabt zu haben. Laut Franco deckt sich das mit | |
dem Ziel des Projekts, neue Bevölkerungsgruppen zu erreichen und die | |
Suchthilfe bekannter zu machen und zu entstigmatisieren. Außerdem zeigen | |
die Zahlen, dass die meisten Teilnehmer*innen des Checkings junge | |
Erwachsene sind: Drei Viertel sind jünger als 40. Der älteste Nutzer war 76 | |
Jahre alt. | |
## Finanzierung in Gefahr | |
Allerdings sieht es so aus, als müssten die Teststellen auch in Zukunft | |
Interessent*innen wieder nach Hause schicken. Trotz der hohen | |
Nachfrage sei „eine Ausweitung der Angebote aufgrund der [8][zur Verfügung | |
stehenden Mittel] in 2025 nicht möglich“, schreibt die | |
Gesundheitsverwaltung in ihrer Antwort auf die Grünen-Anfrage. Im | |
Koalitionsvertrag war noch die Rede von einem „perspektivischen“ Ausbau des | |
Angebots gewesen. | |
Ob das Drug-Checking von den [9][Sparvorgaben im Haushalt für 2025] | |
betroffen ist, kann die Senatsverwaltungs laut eigenen Angaben noch nicht | |
absehen. Mögliche Kostensteigerungen soll das Projekt laut Verwaltung durch | |
„Angebotseinschränkungen“ auffangen. | |
Für Vasili Franco ist das nicht nachvollziehbar. Er drängt auf eine | |
Erhöhung der Kapazitäten: „Ein Ausbau wäre notwendig, denn Substanzkonsum | |
ist weit verbreitete Realität.“ Doch stattdessen drohten bereits ab | |
nächstem Jahr Mittelkürzungen oder gar das Ende des Projekts, kritisiert | |
der Grünen-Abgeordnete. | |
25 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Cannabis/!t5007686 | |
[2] https://drugchecking.berlin/aktuelle-warnungen | |
[3] /Drug-Checking/!t5612658 | |
[4] /Synthetische-Opioide-auf-dem-Vormarsch/!5987548 | |
[5] /Geld-gegen-Crack/!6007704 | |
[6] /Drug-Checking-in-Berlin/!5936170 | |
[7] https://drugchecking.berlin/aktuelle-warnungen | |
[8] /Drug-Checking-in-Berlin/!5962670 | |
[9] /Sparpolitik-in-Berlin/!6004673 | |
## AUTOREN | |
Hanno Fleckenstein | |
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