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# taz.de -- Die Wahrheit: Eigentlich ganz nett
> So ist er, der Frauenfreund, nein, nicht gewalttätig, sondern impulsiv,
> ein ganz normaler Mann eben, mit einer Freundin im Krankenhaus.
Ich bin eigentlich ganz nett. Das kannst du nicht wissen, wenn ich auf der
Autobahn mit Lichthupe an deinem Heck klebe. Aber eigentlich bin ich ganz
nett, auch wenn ich dich manchmal anbrülle. Das liegt dann daran, dass ich
so empfindsam bin, mir gehen manche Sachen einfach furchtbar auf den
Wecker. Ich glaube, „hypersensibel“ ist das richtige Wort. Magst du das mal
schnell für mich nachschlagen? Und noch ein Bier holen gehen unten an der
Tanke? Ein bisschen zackzack?
Es liegt wohl an der Erziehung, dass ich eigentlich ganz nett bin.
Natürlich, mir wäre es auch lieber, ich könnte mich im Restaurant wie ein
normaler Mensch benehmen, statt die Kellnerin herablassend anzublaffen.
Mich setzt die Gegenwart anderer Leute eben unter einen enormen Druck, das
kannst du dir gar nicht vorstellen. Aber eigentlich bin ich ganz nett.
Das ist oft das Problem, dass man sich heutzutage nicht mehr so richtig
aufeinander einlassen will, hinter die Kulissen gucken. Ein falscher Blick,
ein falscher Spruch, ein falscher Handgriff, und schon gehen die Rolladen
runter bei vielen Leuten. Ich sage halt gerne, was ich denke, bin eher so
der direkte Typ.
Im Büro halte ich mich deshalb schon zurück. Dort wissen zwar alle, dass
ich eigentlich ganz nett bin, aber darauf ankommen lassen will ich es
nicht. Meistens vermeide ich auch Betriebsfeste, überhaupt die Sauferei. Es
soll Leute geben, die werden eher so emotional, wenn sie betrunken sind.
Ich eher nicht, bei mir kommt dann, wenn mir jemand dumm kommt, schnell das
Tier raus. Ich bin halt, wie ich bin.
Dann merkt man noch weniger als sonst, dass ich eigentlich ganz nett bin.
Ich fände es aber auch irgendwie eitel, das ständig raushängen zu lassen.
Eigentlich könnten die Leute sich auch denken, dass ich eigentlich ganz
nett bin. Zum Beispiel packe ich gerne mal mit an, wenn’s irgendwo was
anzupacken gibt. Bin ich sofort dabei. Es sei denn, ich merke, dass ich
irgendwie ausgenutzt werden soll. Dann können die Leuten ihre Sofas gerne
alleine in den dritten Stock tragen.
Ansonsten aber bin ich ein Mensch, auf den man sich verlassen kann. Wer’s
verdient hat, den kann ich aber auch am ausgestreckten Arm verhungern
lassen. Habe ich keine Probleme mit. Was nichts daran ändert, dass ich
eigentlich ganz nett bin.
Wenn ich etwas hasse, dann strukturelle Gewalt gegen Frauen. Allein der
Gedanke macht mich total aggressiv. Weil ich eben impulsiv bin, eher so der
Künstler. Stimmt’s oder habe ich recht? Bestätigt dir jeder. Sogar meine
Exfreundin, und die muss es wissen. Habe nie die Hand gegen sie erhoben.
Nie! Als die neulich in der Notaufnahme nach ihrem Nasenbeinbruch gefragt
worden ist, hat sie das, finde ich, eigentlich ganz gut ausgedrückt, wie
das war mit dem Kopfstoß, eher so ein Reflex, und dass ich eigentlich ganz
nett bin.
26 Jul 2024
## AUTOREN
Arno Frank
## TAGS
Männer
Männergewalt
Frauen
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