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# taz.de -- Bangladesch nach dem Sturz der Regierung: Parlament schnell aufgel�…
> Der Jubel über den Sturz Sheikh Hasinas ist in der Nacht einer neuen
> Welle der Gewalt gewichen. Am Tag wird über den politischen Neuanfang
> gerungen.
Bild: Demonstranten jubeln am Montag in Dhaka neben einem Portrait von Sheikh H…
Berlin taz | Bangladeschs Präsident Mohammad Shahabuddin hat am Dienstag
das Parlament aufgelöst. Dies hatten er wie auch der Armeechef
Waker-uz-Zamam bereits am Vortag angekündigt, nachdem Ministerpräsidentin
Sheikh Hasina [1][angesichts wochenlanger Proteste zurückgetreten war].
Im aufgelösten Parlament gehörten 224 der 300 Sitze zu Hasinas Awami-Liga.
[2][Diese hatte das Wahlsystem manipuliert] und kam auch angesichts eines
Boykotts der Opposition im Januar 2024 zu dieser großen Mehrheit.
Die Auflösung des Parlaments gehörte auch zu ultimativen Forderungen der
Students Against Discrimination (SAD). Diese Studierendenbewegung hatte im
Juni die zunächst friedlichen Antiregierungsproteste gestartet, die sich in
eine breite Oppositionsbewegung wandelten und am Montag nach mehr als 300
Todesopfern plötzlich zur Flucht Hasinas nach Indien führten.
Dabei gehört auch Präsident Shahabuddin der Awami-Liga an und dürfte somit
seinen Posten auch Hasina zu verdanken haben. Und Armeechef Zamam, der
überhaupt erst seit Ende Juni im Amt ist, ist der Ehemann einer Cousine
Hasinas.
## Studierendenbewegung fordert Mitsprache
Die SAD fordert nicht nur eine Mitsprache bei der Bildung der
Übergangsregierung, sondern auch eine direkte Beteiligung daran. Diese
geplante Regierung unter Ausschluss der Awami-Liga soll bis zu Neuwahlen
amtieren.
Nach dem Wunsch der SAD soll der [3][Friedensnobelpreisträger und Gründer
der Grameen-Mikrokreditbank, Muhammad Yunus], beim Übergang eine wichtige
Rolle spielen. Bis 2011 sah Bangladeschs Wahlsystem stets eine
unparteiische Übergangsregierung aus Technokraten vor jeder Wahl vor.
Dieses System setzte Hasina außer Kraft.
Wie angekündigt wurde inzwischen auch die Ex-Premierministerin und
langjährige politische Rivalin Hasinas, Khaleda Zia, von der konservativen
Bangladesh National Party (BNP) nach Jahren unter Hausarrest freigelassen.
Die 78-Jährige war 2018 wegen angeblicher Veruntreuung von Geldern zunächst
in Haft und später in den Hausarrest gekommen. Ihre schnelle Freilassung
hatten Vertreter der Armee und mehrerer bisheriger Oppositionsparteien am
Montag vereinbart.
Die BNP könnte künftig wieder eine Schlüsselrolle spielen, [4][wenn es der
Reformbewegung der Studierenden nicht gelingen sollte, eine eigene
parlamentarische Kraft aufzubauen]. Die BNP hat in der Vergangenheit mit
gewalttätigen Islamisten paktiert und unterschied sich in ihren Methoden
wie ihrer Korruption ansonsten kaum von der jetzt gestürzten Awami-Liga.
## Verhaftete Demonstranten sollen freikommen
Freikommen sollen auch im Zuge der Proteste festgenommene Demonstranten,
deren Zahl auf 10.000 geschätzt wird. Armeechef Zamam hatte am Montag sogar
versprochen, jeden einzelnen Todesfall im Zusammenhang mit den Protesten
untersuchen zu lassen. Da das Gros der Toten auf das Konto von Polizei und
Militär geht, dürfte dies zum Test seiner Glaubwürdigkeit werden.
Zamam forderte zum Ende von Protesten und Gewalt auf. Am Dienstag wurde
zudem der Ausnahmezustand aufgehoben und die Bevölkerung aufgefordert,
wieder an die Arbeit zurückzukehren. Am Sonntag hatte die inzwischen
gestürzte Regierung noch drei Feiertage angeordnet gehabt.
Am Tag nach der überstürzten Flucht Hasinas nach Indien blieb es in
Bangladesch ruhig. Das war in der Nacht zu Dienstag allerdings anders.
Nachdem die Nachricht von Hasinas Flucht zunächst vor allem Jubel ausgelöst
hatte, begannen später Plünderungen sowie Gewalttaten gegen Anhänger der
Awami-Liga und ihrer Symbole.
Auch Statuen von Hasinas Vater, Sheikh Mujibur Rahman, Bangladeschs Held
der Unabhängigkeit von Pakistan, wurden aus Hass auf den von ihr
inszenierten Personenkult gestürzt.
## Insgesamt mindestens 430 Tote bei den Protesten
Die Zahl der Toten allein in dieser Nacht wird auf rund 130 geschätzt.
Damit dürfte die Gesamtzahl der Todesopfer im Rahmen der Proteste und ihrer
Unterdrückung insgesamt mindestens 430 betragen.
Dass Hasina zunächst in Indien Aufnahme fand, förderte im mehrheitlich
muslimischen Bangladesch antiindische Ressentiments und Drohungen gegen
Hindus. Doch postierten sich auch Muslime demonstrativ vor Hindu-Tempeln,
um sie zu schützen.
Hasina gilt als Indien-freundlich. Delhi fürchtet, dass der Rivale China
künftig Einfluss gewinnen könnte. Peking hat in den letzten Jahren schon in
Nepal, Sri Lanka und den Malediven seinen Einfluss vergrößern können.
6 Aug 2024
## LINKS
[1] /Regierung-in-Bangladesch-gestuerzt/!6025162
[2] /Krise-der-Demokratie-in-Bangladesch/!5980042
[3] /Bangladesch-vor-den-Wahlen/!5979822
[4] /Ruecktritt-von-Sheikh-Hasina/!6025158
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Bangladesch
Sheik Hasina
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