# taz.de -- Fotografin über die Bedeutung von Haaren: Lass wachsen | |
> Mal lang, mal kurz, mal glatt, mal kraus, mal an ungeliebten Stellen: | |
> Haare sind sehr vielfältig. Das zeigt auch die Fotoarbeit von Hannah | |
> Pieper. | |
Bild: Ein Bild aus der Serie 0,08 mm der Fotografin Hannah Pieper | |
Wenn man [1][Hannah Piepers] Fotoarbeit betrachtet, sticht einem sofort das | |
Bild mit den kupferfarbenen Haaren ins Auge. Wie fließendes Gold wirken | |
sie, ein wenig surreal und sehr, sehr schön. Doch wie ist es entstanden? | |
Kurz meint man, die Haare seien einfach vornüber gekämmt, doch was darunter | |
liegt, sieht nicht wie ein Gesicht aus. | |
Darauf angesprochen lacht Pieper durch den Handylautsprecher. Nein, auf dem | |
Bild sei nicht bloß eine Langhaarmähne zu sehen. „In diesem Fall gingen die | |
Haare wirklich von Kopf bis Fuß.“ Für die Aufnahme habe Pieper, die einst | |
im Modebereich gearbeitet hat, sie über den gesamten Körper ihrer | |
Besitzerin drapiert, was ihnen das Aussehen eines extravaganten Umhangs | |
verleiht. | |
0,08 Millimeter ist der durchschnittliche Durchmesser eines Kopfhaares, | |
nach ihm hat Hannah Pieper ihre Fotoserie benannt. Sie ist [2][der | |
Abschluss ihrer Ausbildung an der renommierten Ostkreuzschule] in Berlin. | |
Eine Faszination für Haare habe sie schon immer gehabt, sagt Pieper. Die | |
Lieblingsgeschichten ihrer Kindheit seien Märchen wie „Rapunzel“ gewesen, | |
und auch in ihren eigenen Haaren sah sie etwas Magisches – wenn sie ihr | |
abgeschnitten wurden, habe sie sogar zu weinen begonnen. Die Haare zu | |
verlieren, war für Pieper so, wie einen Teil ihrer Identität gestohlen zu | |
bekommen, auch wenn sie das als Kind natürlich so nicht in Worte fassen | |
konnte. | |
Seitdem sie selbst über ihr Aussehen entscheiden kann, verändere sie ihre | |
Haare hingegen gerne, erzählt Pieper. Momentan trage sie einen blondierten | |
Bob. Andere glätten ihre Locken oder wellen ihre glatten Haare oder lassen | |
sich – wie die junge Frau auf dem Foto oben links auf dieser Seite – in | |
[3][darauf spezialisierten Afro-Shops] [4][Cornrows in die Haare flechten]. | |
Die Bedeutung des Haares ist immens. Die Kopfrasur wurde im Laufe der | |
Geschichte immer wieder als Strafe eingesetzt, und heute geben Menschen | |
Hunderte bis Tausende Euros für Echthaarverlängerungen oder | |
Eigenhaartransplantationen aus. Volles Haupthaar gilt sowohl bei Frauen | |
[5][als auch bei Männern] als attraktiv, wohingegen [6][die Meinungen bei | |
Körperbehaarung auseinandergehen]. | |
„Schon die alten Ägypter haben sich die Körperhaare entfernt“, erzählt | |
Hannah Pieper. Dazu verwendeten sie eine Paste aus Zucker, so wie es bis | |
heute im arabischen Raum üblich ist. Anderswo greift man eher zu Wachs oder | |
setzt den Rasierer ein. Wie viele Frauen hatte auch Pieper lange ein | |
Problem mit ihren eigenen Körperhaaren. Vor allem die Haare auf ihren | |
Unterarmen hätten ihr zu schaffen gemacht. „Ich habe mich damit einfach | |
nicht weiblich genug gefühlt“, sagt sie. Heute hingegen stehe sie dazu, | |
genau wie die Frau in der lila Strumpfhose auf dem Foto über diesem Text. | |
Während die Zurschaustellung weiblicher Körperbehaarung früher als mutig | |
galt, etwa bei Grace Jones oder Julia Roberts, gehört sie heute in | |
progressiven Kreisen schon fast zum guten Ton. Die Mehrheit reißt sich nach | |
wie vor fast alle Haare heraus. Schade eigentlich. Immerhin verstärken sie | |
Berührungen, schützen vor Infektionen und machen uns einzigartig. | |
28 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Anna Fastabend | |
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