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# taz.de -- Die Wahrheit: Geheime Nummern tätowiert
> Wieder einmal die Geheimzahl für die EC-Karte vergessen? Und auch
> Speichern einer angeblichen Telefonnummer im Handy ist zu auffällig? Kein
> Problem!
Gestern habe ich Nägel mit Köpfen gemacht und mir meine EC-Karten- sowie
die Kreditkartengeheimzahl samt CVV auf die Hand tätowieren lassen. Seit
ich mehrmals nacheinander den Fake-Namen vergessen hatte, unter dem die
Nummern unauffällig in meinem Handy gespeichert waren (Susi Rockefeller?
Olli Oppenheim?), und darum meinen Einkauf nicht abschließen konnte,
brauchte es eine neue Lösung.
Einen eindeutigeren und aktuelleren Namen wie „Elon Musk“ zu nehmen, um in
dessen Handynummer die Geheimzahl zu verstecken, erschien mir irgendwie
wackelig – man fürchtet ja immer, in Gesellschaft ohnmächtig zu werden,
sodass das eigene Handy in fremde Hände fällt, die sich dann auf der Suche
nach einem „Notfallkontakt“ tüchtig wundern, mit wem man verkehrt.
Bei den Handytelefonnummern muss ich momentan eh aufpassen, damit ich
nichts verwechsle. Vor einer Weile habe ich angefangen, die Namen von engen
Freunden und Partnern mit Namen von verschiedenen Objekten der Begierde
auszutauschen, weil es einfach so schön ist, dass Josh O’Connor mir vorhin
schon wieder eine SMS geschrieben hat – sie lautete: „kannst du klopapier
kaufen?“, aber allein den Namen zu lesen, kribbelt schon.
Und Alexander Skarsgard ruft mich momentan mehrmals täglich an. Wenn das
Handy klingelt, während ich in Gesellschaft bin, lasse ich es jetzt auch
immer erst ein bisschen liegen und tue so, als wäre nix.
Geheimzahl-Tattoos erscheinen mir jedenfalls sehr praktisch – es gibt
schließlich viel, viel unsinnigere Motive. Und wenn man eine neue
Kreditkarte beantragen muss, weil die alte mal wieder gestohlen wurde, dann
macht das auch nichts: Landläufige Koordinaten-Tattoos, die man gerade an
vielen Körpergliedern von Nicht-Kartografen und Nicht-Seeleuten sieht, sind
durchschnittlich noch viel länger als vier Geheimzahlen hintereinander.
Abgesehen davon, dass ein echter Seemann einen vermutlich direkt kielholen
lassen würde, zur Strafe für die übergriffige Nutzung von Koordinaten ohne
Sextantenkenntnisse. Oder dafür, sich überhaupt die Tattookultur
anzueignen, obwohl man weder Original-Südpazifikbewohner ist noch einem je
die „Santa Maria“ vor Rapa Nui auf Grund lief und man sich aus Trauer einen
Anker stechen ließ. Oder das Gesicht vom ersten Maat.
Auf der Liege beim Piker kam mir auch wieder meine alte Geschäftsidee in
den Sinn: die Eröffnung eines Kinder-Tattoo-Studios. Herrliche Motive
warten – Bärchen und Entchen für die ganz Kleinen, Minecraft für die
Mittleren, Youtuber-und Influencer-Fressen für die Teens. Endlich können
Kinder aussehen wie ihre vollgepikten Eltern. Und wenn das Gesicht des
Youtubers oder des Influencers dann doch etwas verunglückt ist, kann man
immer noch behaupten, es stelle Marilyn Monroe dar. Oder Josh O’Connor.
Oder eben den ersten Maat.
2 Aug 2024
## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Passwörter
Kreditkarte
Gedächtnis
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