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# taz.de -- 7er-Rugby bei Olympia: Robuste Rollenverteilung
> US-Sportlerin Ilona Maher vermarktet Rugby gekonnt auf Social Media,
> Neuseeland gewinnt dagegen das Finale gegen Kanada.
Bild: Forscher Lauf: Die Neuseeländerin Portia Woodman-Wickliffe (l.) macht si…
Paris taz | Der Rugbysport der Frauen strahlt. Das heißt die Spielerinnen
strahlten vorm Finale des olympischen Turniers. Selten hat man
Sportlerinnen beim Abspielen der Nationalhymnen glücklicher dreinblicken
sehen als die Finalistinnen aus Kanada und Neuseeland. Pure Freude. Über
ihren Erfolg, beiden war ja eine Medaille sicher, und den Sprung im
Ansehen, den ihr Sport in Paris gemacht hat. Nach dem Finale bei brütender
Hitze im Stade de France wurde natürlich weitergestrahlt. Von den
Neuseeländerinnen sowieso, sie hatten mit 19:12 gewonnen. Aber auch von den
Silbermedaillengewinnerinnen aus Kanada, der wohl größten Überraschung in
diesem Rugbyturnier.
Strahlen durfte am Ende auch Ilona Maher aus den USA, wenngleich sie sich
den Beginn dieses Finaltags anders vorgestellt hatte. Im Halbfinale des
olympischen Rugby-Turniers hatte ihr Team keine Chance gegen Neuseeland.
Gewonnen hatte Maher dennoch in gewisser Weise schon vor diesem Spiel. Denn
noch nie haben so viele Menschen in den USA sich mit Frauen-Rugby
beschäftigt.
[1][Unermüdlich postet die Verteidigerin], deren körperliche Präsenz auch
große Männer ganz klein wirken lässt, in den sozialen Medien und hat es auf
Tiktok und Instagram auf zwei Millionen Follower gebracht. Nicht übel für
eine Frau, die eine Sportart betreibt, die bei vielen immer noch als reine
Männersache gilt. Bei den Spielen in Paris war das anders. Am Finaltag
kamen 70.000 Fans ins Stadion. Dabei waren die Französinnen schon raus aus
dem Rennen um die Medaillen.
Noch nie wollten so viele Menschen ein Rugby-Spiel der Frauen live erleben.
Schon die 60.000 Zuschauenden vom Vortag, an dem das Viertelfinale
ausgespielt wurde, hatten einen neuen Rekord bedeutet. Es tut sich also
etwas. Angedeutet hatte sich das schon im vergangenen Jahr. Da waren 58.498
Zuschauerinnen und Zuschauer nach Twickenham, in Englands nationalen
Rugbytempel, gekommen, um ein Spiel der ihren gegen Frankreich zu sehen.
## Dynamisches Spiel
Da spielten die Teams nach den Regeln der Rugby Union mit jeweils 15
Spielerinnen auf jeder Seite. In der olympischen Variante stehen nur sieben
Spielerinnen pro Team auf dem Feld. Gespielt wird zweimal sieben Minuten
mit einer kleinen Pause dazwischen, was das Spiel dynamisch und
zuschauerinnenfreundlich macht.
Frankreichs Superstar Antoine Dupont, einer der bestbezahlten Profis im
15er-Rugby, hatte die 7er-Variante mit seiner Teilnahme an den Spielen
regelrecht geadelt. Seit dem Olympiasieg der Franzosen, der irgendwie auch
Tage nach der Entscheidung im Rugbyland Frankreich immer noch gefeiert
wird, belächelt niemand mehr die kleine Olympiaversion des
Vollkontaktsports – auch die der Frauen nicht.
Die Aktivitäten der US-Vorzeigeathletin Maher auf Social Media sind ein
kleiner Baustein für diesen Erfolg. So hat sie unter anderem den ehemaligen
[2][Footballspieler Jason Kelce, der 2017 den Super Bowl gewonnen hat], zum
Fan von Frauenrugby gemacht. Der Mann, den man gerne auch als Bruder von
Taylor Swifts Freund Trevis Kelce, dem amtierenden Super-Bowl-Champion,
vorstellen könnte, war sogar in Paris. Der prominente Prominentenverwandte
hatte sich zu Werbezwecken für das Team ein arg eng sitzendes Rugbyshirt
übergezogen.
Schön für Maher, dass sie am Ende dann doch noch mit erhobenen Armen über
den Platz schreiten durfte. Die USA hatten das Spiel um Bronze gegen
Australien gewonnen. Mit lauter Stimme sprach sie danach über ihre Mission
für das Rugbyspiel und ihr Faible für Social Media, das sich für sie auch
lohnen soll: „Deshalb pushe ich jetzt so.“ Für andere im Team bleibt da
wenig Platz. Bevor Maher auftauchte, war eine Mitspielerin durch die Mixed
Zone geschlichen, für die sich niemand interessiert hat. „Ihr wartet doch
eh nur auf die Tiktokerin“, sagte sie.
Als dann eine der großen Stars der Rugbyszene, die Neuseeländerin Portia
Woodman-Wickliffe, die Mixed Zone betrat, waren die meisten
Medienvertretenden schon wieder weg. Sie hatten genug Statements von der
Tiktokerin eingesammelt. Was die Kapitänin der Neuseeländerinnen zu sagen
hatte, interessierte beinahe nur noch die Fachjournalisten aus ihrem
Heimatland. Woodman-Wickliffe stellte sich mit den drei von ihr gewonnen
Olympiamedaillen um den Hals den Fragen, der goldenen von Rio de Janeiro,
der silbernen von Tokio und jener, die sie gerade gewonnen hatte.
Eingehüllt in die nationale Maori-Flagge Neuseelands sprach die 33-Jährige
über ihre Karriere, die sie nun beendet. Über die Reise, die der
Rugbysport der Frauen in dieser Zeit gemacht hat und darüber, was sie in
Zukunft vorhat: „Auf der Couch rumfläzen, zu Meckes oder KFC gehen und
vielleicht ein paar Babys wickeln.“
Eine Tochter hat sie mit ihrer Frau schon. Das weiß, wer sich auf ihrem
Instagram-Account umtut. Der hat im Vergleich zu Maher bescheidene, für
eine Rugbyspielerin aber bemerkenswerte 145.000 Follower. Es sind nun ein
paar Tausend mehr als noch vor den Spielen. „Ich habe mich schon gewundert,
was da los ist“, sagte sie. Sie hat ein wenig abgestaubt vom
Social-Media-Erfolg der Ilona Maher.
Die Selbstdarstellerin hat den Rugbysport in der olympischen Variante ein
wenig größer gemacht in den drei Tagen des olympischen Turniers.
31 Jul 2024
## LINKS
[1] https://www.instagram.com/ilonamaher/
[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Jason_Kelce
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
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