| # taz.de -- Olympia auf ARD und ZDF: Mit einem Brett im Nacken | |
| > Die Leistungen der Olympioniken sind grandios, die öffentlich-rechtlichen | |
| > Sender können nicht mithalten. Die Veranstaltung ist zu groß. | |
| Bild: Mit „einem Brett im Nacken“: der Tscheche Jiri Prskavec im Wildwasser… | |
| Während der Fußball manchmal mit zwei Tönen in Moll auskommt, wird bei | |
| Olympia wie wild auf der kompletten Klaviatur gespielt. Das ist ganz schön, | |
| wenn da nicht diese Bemerkungen aus dem Off wären. Da sagen Frauen oder | |
| Männer der Sender ARD und ZDF Dinge wie: „Das war ein Brett vom Gegner, und | |
| das hat er jetzt im Nacken.“ | |
| Oder: „Der Medaillendrops ist gelutscht.“ Oder: „Überraschender Vorsprung | |
| der Serbier.“ Während ich bei solchen Begleitworten die Lust am Sport | |
| verliere, scheinen die Athleten in Paris ganz anderes zu verlieren, nämlich | |
| Beine, Boote und Köpfe, wie mir die Kommentatoren versuchen weiszumachen. | |
| Hoffentlich gibt es in der Olympiastadt ein Fundbüro für derlei herrenloses | |
| Gut. | |
| Die Leistungen der Olympioniken sind zumeist grandios, jene der | |
| Sportvermittler aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eher nicht, dabei | |
| hatten sie immerhin vier Jahre Zeit, sich in ihrer Sportsparte [1][auf | |
| „Bananen“] und Tsukaharas (Turnen), „Danas“ und Strafecken (Hockey) | |
| vorzubereiten. Eigentlich ein Traumjob: Man kümmert sich, gefüttert von | |
| Gebühren, vier Jahre vorbildlich um 7er-Rugby, um dann, wenn es ernst wird | |
| und die olympische Fackel brennt, Belanglosigkeiten der schmerzhafteren Art | |
| von sich zu geben. Im 7er-Rugby käme man zwar nur auf eine Sendezeit von | |
| wenigen Minuten während der olympischen Tage, aber sei’s drum. | |
| ## Ein Strudel, der Twitteristi bekannt sein dürfte | |
| Das liegt am Fokus des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der die | |
| Unübersichtlichkeit bei den Spielen, die Flut der Ereignisse, ganz einfach | |
| löst: Man hangelt sich von Deutscher zu Deutschem zu Deutscher zu | |
| Deutschem. Der nationale Weg ist mit guten Vorsätzen gepflastert, aber | |
| ausgetreten. | |
| So klinkt man sich als Freund der Selbstbestimmung aus dem Einerlei des | |
| Öffi-Hauptstroms aus und stürzt sich auf die Livstreams von ARD und ZDF. Da | |
| gibt es einige, und [2][das Angebot ist verlockend groß], aber auch als | |
| hoch motivierter TV-Individualist beherrscht man Olympia nicht. Es ist zu | |
| groß. Es erschlägt einen. | |
| Und so gerät man in einen Strudel, der Twitteristi bekannt sein dürfte: Man | |
| konsumiert Schnipsel, zippt und zappt, die Aufmerksamkeitsspanne schwindet | |
| bedenklich – und kein Ende des Häppchenkonsums ist in Sicht. Die olympische | |
| Hatz kennt keine große Anmoderation, kaum Analyse und Nachbereitung. Man | |
| springt von Sportart zu Sportart, von Stätte zu Stätte. Zeit zur Reflexion | |
| bleibt nicht, liebe Zuschauer, denn es geht schon wieder weiter: Pferde in | |
| Versailles, Schießen in Chateauroux, Fechten im Grand Palais. | |
| Olympia sollte, so wie es beschaffen ist, kein Nachwuchsproblem haben, denn | |
| es funktioniert wie X oder Tiktok: Ein Tsunami der Bilder, ein Stakkato an | |
| Ereignissen und Geschichtchen leitet das Interesse der Nutzer. Wer hier | |
| „ohne nationale Brille“ den ganz großen Überblick behält, besitzt | |
| olympisches Format. Nur den wenigsten gelingt das. | |
| 31 Jul 2024 | |
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| [1] https://www.mobilesport.ch/kunstturnen/bewegungsvorstellung-gerateturnen-ba… | |
| [2] https://www.ardmediathek.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Markus Völker | |
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