# taz.de -- Prozess um mögliche Diskriminierung: Kein Zimmer frei für Sinti | |
> Kelly Laubinger von der Sinti-Union bucht für einen Autor ein Zimmer. Das | |
> Hotel storniert – wegen ihres Namens. Jetzt traf man sich vor Gericht. | |
Bild: Nicht immer nachvollziehbar begründet: Schild mit Aufschrift „belegt�… | |
NEUMÜNSTER taz | Im Namen der Sinti Union Schleswig-Holstein wollte | |
Geschäftsführerin [1][Kelly Laubinger] im vergangenen Herbst ein Zimmer für | |
den Autor Max Czollek buchen, der bei einer Veranstaltung des Vereins lesen | |
sollte. Ein örtliches Hotel lehnte die Buchung ab – wegen ihres | |
Familiennamens. [2][Laubinger sah sich diskriminiert.] | |
Der Hotelier bestreitet das und spricht von einer Verwechselung. Nun | |
befasste sich das Amtsgericht mit dem Fall. Bei der Verhandlung stellte | |
sich heraus: Im Hotel wird offenbar eine Rote Liste geführt, auf der alle | |
Personen namens „Laubinger“ stehen. | |
„Chef, da hat jemand namens Laubinger gebucht. Darf ich das annehmen?“ So | |
in etwa fragte Hotel-Mitarbeiterin Sigrun W. ihren Chef. Abends zuvor hatte | |
Kelly Laubinger per E-Mail ein Zimmer reserviert. | |
Morgens erhielt sie die Absage: „Leider darf ich Ihnen kein Zimmer | |
vermieten, da wir mit der Familie Laubinger schlechte Erfahrungen gemacht | |
haben“, mailte W., nachdem Hotelier Thomas H. klar gemacht hatte: | |
„Laubinger kriegt hier kein Zimmer“, so sagte er es im Gerichtssaal. Denn | |
ein Gast dieses Namens habe sich einmal schlecht benommen, seither „zucke | |
ich bei dem Namen zusammen“. | |
## „Laubinger“ steht auf einer internen „Roten Liste“ | |
Er führe ein weltoffenes Haus, ihn interessiere nicht, welcher ethnischen | |
Gruppe oder Religion ein Gast angehöre, aber Laubinger stehe auf einer | |
internen „Roten Liste“. Für die Ablehnung habe er sich mehrfach | |
entschuldigt: „Was soll ich sonst tun, mich auf den Markt stellen und | |
schreien?“, fragte er in Richtung von Kelly Laubinger und ihrem Anwalt | |
Martin Klingner. | |
Der bohrte nach: „Wenn sich jemand namens Meier schlecht benimmt, aber ein | |
anderer Meier bestellt ein Zimmer, würde der es kriegen? Und was, wenn | |
Herrn Meiers Tochter ein Zimmer möchte?“ Natürlich würde nur die Person | |
kein Zimmer bekommen, die sich schlecht benommen habe, beteuerte H. | |
Dass diese Regel offenbar nicht für Laubinger gilt, berichtete seine | |
Mitarbeiterin, die als Zeugin vernommen wurde. Sie habe ihrem Chef | |
mitgeteilt, dass „jemand aus der Familien Laubinger“ ein Zimmer wolle, | |
genauer eine „Frau Laubinger“ – also nicht ein möglicher männlicher Gast | |
mit schlechten Manieren. | |
„Für mich war die Ablehnung ein Stich ins Familientrauma, für mich war das | |
Gewalt“, sagte Kelly Laubinger. Dass sie in Kollektivhaft für eine ihr | |
unbekannten Person genommen werde, passe zu der Art von | |
[3][Diskriminierung, die Sinti oft erlebten]. Besonders verletzt habe sie | |
ein Brief von H.s Anwalt Jasper Lehmann, in dem unterstellt wurde, sie | |
gehöre der Sinti-Minderheit gar nicht an, sie sei eine | |
„Trittbrettfahrerin“. Dieses Schreiben nannte ihr Anwalt „unterirdisch“. | |
In einer ersten Bewertung sah Richter Maass Anzeichen für eine | |
Diskriminierung. Das ist wichtig, denn nach dem Allgemeinen | |
Gleichbehandlungs-Gesetz (AGG) gilt, dass sich die Beweislast umkehrt, wenn | |
sich Argumente für eine Diskriminierung finden. Damit müsste nicht | |
Laubinger beweisen, dass sie diskriminiert wurde, sondern der Hotelier, | |
dass er nicht diskriminiert hat. Wie der Richter den Fall letztlich | |
beurteilt, wird er Ende Juli verkünden. | |
12 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Antiziganismus-im-Alltag/!6000310 | |
[2] /Antiziganismus-im-Alltag/!6000310 | |
[3] /Bericht-zu-antiziganistischen-Vorfaellen/!6014544 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
## TAGS | |
Verband Deutscher Sinti und Roma | |
Sinti und Roma | |
Diskriminierung | |
Verband Deutscher Sinti und Roma | |
Sinti und Roma | |
Schwerpunkt Internationaler Tag der Roma | |
Schwerpunkt Stadtland | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Antiziganismus im Hotel: Gleiche Regeln für Sinti-Nachnamen | |
Kelly Laubinger von der Sinti-Union bekam aufgrund ihres Nachnamens kein | |
Zimmer in einem Hotel. Der Hotelier muss dafür jetzt Strafe zahlen. | |
Gipsy Village auf der Travemünder Woche: Die Sache mit den Stereotypen | |
Ist ein Gipsy Village auf der Travemünder Woche problematisch? Sinti- und | |
Roma-Organisationen sind sich uneins über den Umgang mit Stereotypen. | |
Bericht zu antiziganistischen Vorfällen: „Nur die Spitze des Eisbergs“ | |
Die Zahl gemeldeter Fälle von Antiziganismus hat sich seit dem Vorjahr | |
verdoppelt. Doch das Dunkelfeld ist weiterhin sehr groß, sagt die | |
Meldestelle. | |
Antiziganismus im Alltag: Ganz plötzlich kein Zimmer frei | |
Kelly Laubinger von der Sinti-Union bucht für einen gastierenden Autor ein | |
Zimmer. Das Hotel storniert – wegen ihres Namens. Nun geht sie vor Gericht. | |
Kelly Laubinger über Diskriminierung: „Genug Rassismus für alle da“ | |
Die Sinteza und Aktivistin Kelly Laubinger sah als Kind, wie die Polizei | |
ihre Puppen durchsuchte. Ein Gespräch über das Leben unter Generalverdacht. |