# taz.de -- Olympische Spiele: Überall nur noch Sicherheitszonen | |
> In Paris sind wegen der Terrorgefahr 45.000 Sicherheitskräfte im Einsatz. | |
> Die Eröffnungsfeier an der Seine ist besonders herausfordernd. | |
Bild: Große Anspannung vor der Eröffnung: Polizeibeamte sind nicht nur an den… | |
Am Wochenbeginn ist die olympische Delegation mit einem Sonderflug aus | |
Israel in Paris eingetroffen. Sie wird rund um die Uhr von französischen | |
Polizisten in Uniform und in Zivil, aber auch von israelischen | |
Sicherheitsleuten ganz speziell gegen mögliche Angriffe geschützt. Niemand | |
hat den terroristischen Anschlag und die Ermordung von elf Israelis [1][bei | |
den Sommerspielen in München 1972] vergessen. Und der aktuelle Kontext des | |
Kriegs im Nahen Osten stellt für die Organisatoren und das Innenministerium | |
in Paris einen zusätzlichen Grund zur höchsten Wachsamkeit dar. | |
Es geht nicht nur darum, diese Gäste wie alle anderen Delegationen gegen | |
Terroristen zu schützen, sondern auch gegen alle anderen denkbaren | |
Angriffe. [2][Der Konflikt zwischen Israel und den Hamas] hat längst auf | |
die französische Politik abgefärbt und erhitzt die Gemüter. | |
Ein Abgeordneter der Linkspartei La France insoumise, Thomas Portes, hatte | |
wegen der derzeitigen Intervention in Gaza erklärt, die Israelis seien bei | |
den Olympischen Spielen „nicht willkommen“. Innenminister Gérald Darmanin | |
dagegen meint dazu empört, Portes habe damit den Israelis, die an den | |
Wettbewerben teilnehmen, gleichsam eine Zielscheibe (für palästinensische | |
Terroristen) angeklebt. In Frankreich gilt aber bereits seit Monaten wegen | |
einer terroristischen Bedrohung die höchste Alarmstufe. | |
Selbstverständlich hoffen die Regierung und die Organisatoren, aber auch | |
die schärfsten Kritiker, dass bei der Eröffnung am Freitag und danach in | |
den kommenden Wochen alles gut geht. Die Sicherheitsverantwortlichen aber | |
müssen alle absehbaren Gefahren und vorstellbaren Katastrophenszenarien | |
ernst nehmen. | |
## Kreisende Hubschrauber | |
Insgesamt 45.000 Polizeibeamte und Angehörige der Gendarmerie aus dem | |
ganzen Land sind im Einsatz, sie werden unterstützt durch Delegationen von | |
ausländischen Polizeikräften, vor allem aus europäischen Ländern, sowie | |
durch Tausende von Hilfskräften, die ebenfalls für Kontrollen an den | |
Zugängen und den guten Ablauf der Wettkämpfe zuständig sind. Am Himmel von | |
Paris drehen Hubschrauber der Polizei und der Armee unentwegt ihre Runden. | |
Das massive Polizeiaufgebot ist bereits in den Tagen vor dem offiziellen | |
Beginn sehr sichtbar im Stadtzentrum, wo in mehreren Sportdisziplinen um | |
Medaillen gekämpft wird. Frankreichs Offizielle wollen zeigen, dass sie für | |
die Sportler und das Publikum aus aller Welt das Maximale leisten. | |
Eine besonders knifflige Aufgabe für die Organisatoren stellt indes [3][die | |
Eröffnungszeremonie auf der Seine] dar. Die Zahl der am Freitagabend | |
zugelassenen Zuschauer wurde mehrfach nach unten korrigiert, um so | |
zumindest die unvermeidlichen Risiken zu begrenzen. Die meisten Brücken | |
wurden schon eine Woche vorher für jeglichen Verkehr und selbst die | |
Fußgänger gesperrt. | |
Die Delegationen der teilnehmenden Länder sind auf den rund 90 Flusskähnen, | |
auf denen sie durch das Herz von Paris paradieren, doch sehr exponiert. Auf | |
dem Flughafen Le Bourget wurde den Medien gezeigt, wie Spezialisten der | |
französischen Streitkräfte mögliche Angriffe mit Drohnen aus der Luft | |
vereiteln wollen. | |
## An der Grenze zur Schikane | |
Schon mehrere Tage vor der Eröffnung ist eine „graue Zone“ in Kraft, in der | |
Unbefugte ohne spezielle Erlaubnis keinen Zugang haben. Diese Zone entlang | |
der Seine und rund um die olympischen Austragungsorte und die Tribünen hat | |
die französische Hauptstadt für den Verkehr zu Fuß und mit Fahrzeugen de | |
facto in zwei Teile links und rechts der Seine getrennt. | |
In der erweiterten „roten Zone“ können die Fußgänger zwar grundsätzlich | |
ohne Identitätskontrollen oder spezielle Ausweise passieren, doch die | |
Fahrzeuge werden von den Polizisten nur durchgelassen, wenn sie für | |
berufliche Transporte nach einer Sicherheitsüberprüfung einen QR-Code | |
vorweisen können. Dasselbe gilt für die Quartierbewohner, die ihre | |
Wohnadresse belegen müssen. | |
Den Polizeibeamten fällt die Überprüfung und die Auslegung dieser Kriterien | |
nicht immer leicht. Manchmal grenzt dies an eine Schikane. Ein | |
Hoteldirektor erzählt, mehrfach seien internationale Gäste noch vor der | |
Sicherheitszone vom Taxifahrer ausgeladen und so gezwungen worden, mit | |
ihrem Gepäck 200 Meter zum Hotel zu Fuß zurückzulegen. Andere Beamte | |
verlangten einen QR-Code, hätten aber kein Gerät, um diese vorgewiesenen | |
kodierten Informationen auch prüfen zu können. Die ungeduldigen | |
Einheimischen, sofern sie ihr polizeilich abgeriegeltes Quartier nicht | |
bereits für ein Urlaubsexil verlassen haben, ärgern sich wegen der | |
permanenten Kontrollen in roten und grauen Zonen bereits grün und blau. | |
Viel schlimmer aber sind die wirtschaftlichen Nebenwirkungen für die | |
Geschäfte, Cafés und Restaurants, die das Unglück haben, derzeit hinter | |
mehr als zwei Meter hohen Gitterzäunen weggesperrt zu sein, was Touristen | |
und Stammgäste nicht gerade dazu einlädt, einen Laden zum Shopping zu | |
betreten oder hinter Gittern auf der Terrasse oder an den Tischen Platz zu | |
nehmen. | |
Die Berufsverbände, denen für die kommenden beiden Wochen olympische | |
Spitzenumsätze verheißen worden waren, klagen nun über Geschäftseinbusen | |
von bis zu 80 Prozent und verlangen vom Staat bereits Schadenersatz. | |
26 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Olympia-Attentat-Muenchen-1972/!5958626 | |
[2] /Boykottforderungen-gegen-Israel/!5988791 | |
[3] /Sicherheitsexzess-bei-Olympia-in-Paris/!5973660 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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