# taz.de -- Linksbündnis in Frankreich: Wer ist wer in der „Volksfront“? | |
> Ein Linkspopulist, eine Grüne, ein Sozialist, ein Gewerkschafter: Das | |
> sind die vier wichtigsten Personen in Frankreichs Linksbündnis. Was | |
> wollen sie? | |
Bild: Eines der Gesichter der Front Populaire: Linkspopulist Jean-Luc Melenchon | |
Paris rtr/ap | In Frankreich ist das neue Linksbündnis bei der Stichwahl | |
für das Parlament [1][überraschend stärkste Kraft geworden]. Die „Neue | |
Volksfront“ besteht aus Sozialisten, den Grünen, der linkspopulistischen | |
Partei „Das unbeugsame Frankreich“ und den Kommunisten. Das sind die | |
wichtigsten Führungspersonen der Nouveau Front Populaire (NFP): | |
Jean-Luc Mélenchon | |
Der 72-jährige Jean-Luc Mélenchon von der linkspopulistischen Partei La | |
France Insoumise („Das unbeugsame Frankreich“) ist seit Jahrzehnten eine | |
feste Größe in der französischen Politik. Zunächst war er Mitglied der | |
Sozialistischen Partei (PS) und hatte vorübergehend auch einen | |
Ministerposten inne. | |
2012, 2017 und 2022 kandidierte er für das Präsidentenamt und verbesserte | |
jedes Mal sein Ergebnis. Im Jahr 2022 belegte er Platz drei, knapp hinter | |
Marine Le Pen vom rechtsnationalen Rassemblement National (RN). | |
Mélenchon ist ein erklärter Bewunderer des kubanischen Revolutionsführers | |
Fidel Castro und eine der am stärksten polarisierenden Figuren in der | |
französischen Politik. Seine Steuer- und Ausgabenvorschläge, seine Rhetorik | |
und außenpolitischen Positionen kommen bei vielen nicht gut an. Er plädiert | |
etwa für eine Reichensteuer und den Austritt aus der Nato. Weil er sich | |
unter anderem für die Rechte der Palästinenser stark macht, beschuldigen | |
ihn Kritiker des Antisemitismus. Er bestreitet diese Vorwürfe. | |
Marine Tondelier | |
Marine Tondelier (37) ist die Chefin der französischen Grünen. Sie kommt | |
aus Henin-Beaumont im Norden Frankreichs, einer Hochburg des rechtsextremen | |
Rassemblement National (RN) und ihrer Anführerin Marine Le Pen. | |
Im Jahr 2014 wurde Tondelier als Oppositionsmitglied in den Gemeinderat der | |
Stadt gewählt. In einem Buch mit dem Titel „Nouvelles du Front“ | |
(„Neuigkeiten von der Front“) dokumentierte sie ihre Erfahrungen mit der | |
Arbeit unter einem RN-Bürgermeister und die ihrer Meinung nach bedrückende | |
Atmosphäre, die von der rechtsextremen Regierung geschaffen wurde. | |
Tondelier wurde 2021 auch in den Regionalrat des Nordens gewählt und | |
übernahm im darauffolgenden Jahr den Vorsitz von Frankreichs bekanntester | |
ökologischer Partei, den Grünen. | |
Raphael Glucksmann | |
Raphael Glucksmann (44) führte die Kandidatenliste der altehrwürdigen | |
Sozialistische Partei bei den Europa-Wahlen Anfang Juni an. Sie erhielten | |
fast 14 Prozent der Stimmen und landeten damit knapp hinter Macrons Gruppe | |
„Ensemble“. Das Ergebnis wurde als Zeichen der Wiederbelebung der | |
ehemaligen Regierungspartei gewertet, die zunehmend in die | |
Bedeutungslosigkeit abgerutscht war. | |
Glucksmann, ein ehemaliger Eliteschüler, war zunächst Journalist und machte | |
Karriere im Rundfunk. Später orientierte er sich um, unter anderem war er | |
Berater des damaligen georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili. | |
Glucksmann steht für eine starke europäische Unterstützung für die Ukraine | |
in ihrem Widerstand gegen die russische Invasion. | |
Laurent Berger | |
Laurent Berger (55) ist ein ehemaliger Gewerkschaftsführer. Er war | |
Vorsitzender einer der größten französischen Gewerkschaften, der gemäßigten | |
CFDT (Confedertation Francaise Democratique du Travail) und hat sich in der | |
Vergangenheit als starker Gegner des rechtsextremen Rassemblement National | |
(RN) positioniert. | |
Berger hat zwar gesagt, dass er nicht Ministerpräsident werden wolle. Er | |
gilt vielen als Gegenpol und beliebte Alternative zu Jean-Luc Melenchon. | |
Wie ist die Lage im Parlament? | |
Das Linksbündnis Nouveau Front populaire errang bei der Parlamentswahl mehr | |
als 180 der 577 Sitze und wird damit [2][neue stärkste Kraft in der | |
Nationalversammlung]. Allerdings verfehlte es deutlich die absolute | |
Mehrheit von 289 Mandaten. Mit Macrons zweitplatziertem Bündnis der Mitte | |
(mit mehr als 160 Sitzen) und der rechtsnationalen Partei Rassemblement | |
National von Marine Le Pen als drittstärkste Kraft (mit mehr als 140 | |
Sitzen) haben die französischen Wähler das Parlament in drei große Blöcke | |
aufgeteilt. | |
Macron hatte nach der Europawahl vorgezogene Neuwahlen ausgerufen, um – so | |
seine Hoffnung – klare Verhältnisse zu schaffen. Doch das Ergebnis der Wahl | |
bescherte ihm das Gegenteil. Frankreich, der zweitgrößten Volkswirtschaft | |
der EU, droht kurz vor den Olympischen Spielen in Paris eine politische | |
Hängepartie. | |
Nach der ersten Runde der Parlamentswahl war eine absolute Mehrheit für die | |
Rechtsnationalen erwartet worden. Doch Absprachen zwischen dem Linksbündnis | |
und Macrons Lager mit dem Rückzug zahlreicher Kandidaten zugunsten der | |
jeweils anderen zeigten Wirkung. Ungeachtet des verpassten Wahlsiegs war es | |
für den RN dennoch das beste Ergebnis der Geschichte. Bei ihrem bislang | |
größten Erfolg hatte die Partei es im Jahr 2022 auf 89 Sitze gebracht. | |
Was will das Linksbündnis? | |
Ein Parlament ohne klare Mehrheitsverhältnisse ist im modernen Frankreich | |
ein Novum und eine politische Hängepartie könnte weitreichende Auswirkungen | |
auf die Unterstützung für die Ukraine, diplomatische Initiativen und die | |
wirtschaftliche Stabilität in Europa haben. | |
Die Führung des Linksbündnisses forderte als stärkste Kraft die erste | |
Möglichkeit, eine Regierung zu bilden und einen Premierminister oder eine | |
Premierministerin vorzuschlagen. Die Linke will viele Reformen Macrons | |
rückgängig machen, Staatsausgaben erhöhen und eine härtere Haltung | |
gegenüber Israel vertreten. | |
Allerdings ist unklar, ob sich die Parteien aus dem Bündnis überhaupt auf | |
einen Regierungschef einigen könnten. „Wir brauchen jemanden, der uns | |
Konsens bietet“, sagte Sozialisten-Chef Olivier Faure, dessen Partei Teil | |
des Bündnisses ist | |
8 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Wahl-in-Frankreich/!6021936 | |
[2] /Parlamentswahl-in-Frankreich/!6021977 | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Frankreich | |
Parlamentswahlen Frankreich | |
Schwerpunkt Rassemblement National | |
Jean-Luc Mélenchon | |
Schwerpunkt Frankreich | |
Schwerpunkt Frankreich | |
Schwerpunkt Frankreich | |
Parlamentswahlen Frankreich | |
Parlamentswahlen Frankreich | |
Parlamentswahlen Frankreich | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Führungswahl bei Frankreichs Sozialisten: Der geschwächte Vorsitzende und die… | |
Denkbar knapp ist Olivier Faure als Parteichef der französischen | |
Sozialisten wiedergewählt worden. Die Partei kämpft weiter mit | |
Abstiegsängsten. | |
Politisches Patt in Paris: Macht und Spiele | |
Fairness und Weitblick haben sich bei den Olympischen Spielen als | |
zielführend erwiesen. Möge sich die Politik in Paris ein Beispiel daran | |
nehmen. | |
Parlamentswahlen in Frankreich: Neue linke Dynamik | |
Der Ball liegt nach dem Wahlsieg beim Linksbündnis. Eine gute Nachricht | |
ist, dass Jean-Luc Mélenchon nicht mehr der einzig Tonangebende ist. | |
Parlamentswahl in Frankreich: Wie es jetzt weitergeht | |
Eine Mehrheit in der Nationalversammlung zu finden, wird nicht einfach. Das | |
Linksbündnis sucht jetzt nach einem Kandidaten für das Amt des Premiers. | |
++ Nachrichten zur Wahl in Frankreich ++: Macron lässt Attal nicht gehen | |
Das vorläufige Wahlergebnis bestätigt den Sieg der Linken. Die will den | |
Premierminister stellen. Doch Präsident Macron lässt Amtinhaber Attal nicht | |
abtreten. | |
Wahlniederlage für Le Pen in Frankreich: Die Brandmauer hat gehalten | |
Die extreme Rechte ist gescheitert. Das ist die Hauptsache. Aber das | |
Parlament ist blockiert, eine Mehrheit hat keines der Lager – auch nicht | |
das linke. |